hatten. Der Wirth sagte: Jhr Herren! wer weiß ob es nicht ein solcher Galgen-Vogel ge- wesen, als der, welchen sie Morgen bey der Strasse werden auf einen Pfosten sitzen sehen. Derselbe Schelm kam in unser Dorff, machte viel Wesens von seiner Krämerey und wolte da- mit alle Kranckheiten curiren, gab aber vor, die Artzeney oder sein Tryacks, wie er ihn nennte, mü- ste 4. Wochen erst alt werden, ehe er seine Kräf- te recht von sich gebe, denn wann er noch neu, in- dem er ihn erst vor 8. Tagen zugerichtet hätte, wäre er gar herbe, und machte mehr Schaden als Nutzen. Einsmahls gieng Nachbar Mer- tin des Abends auf seinen Hof, zu sehen, ob seine Leuthe in ihren Verrichtungen fleißig wä- ren, höret seinen Packauf, einen schwartzen Hund sehr bellen und heulen, der will sehen was da ist, so mercket er, daß bey seiner Scheune es wie ein starck Licht brennet, fänget auch schon an zu lodern, dieser laufft geschwinde zu, tritt das Feuer mit denen Füssen aus, nimmt die Materie von Bech, Hartz, und allerhand bren- nenden Sachen zusammengemischt, und brach- te sie zu uns in Kretscham. Der Kerl besahe die Sachen auch und sprach: das muß ein Ertz- Schelm seyn, der dieses hingeleget hat, der Hund ist nicht mit Golde zu bezahlen. Nie- mand argwohnte was Böses auf ihn, denn er-
kunte
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hatten. Der Wirth ſagte: Jhr Herren! wer weiß ob es nicht ein ſolcher Galgen-Vogel ge- weſen, als der, welchen ſie Morgen bey der Straſſe werden auf einen Pfoſten ſitzen ſehen. Derſelbe Schelm kam in unſer Dorff, machte viel Weſens von ſeiner Kraͤmerey und wolte da- mit alle Kranckheiten curiren, gab aber vor, die Aꝛtzeney oder ſein Tꝛyacks, wie eꝛ ihn neñte, muͤ- ſte 4. Wochen erſt alt werden, ehe er ſeine Kraͤf- te recht von ſich gebe, denn wann er noch neu, in- dem er ihn erſt vor 8. Tagen zugerichtet haͤtte, waͤre er gar herbe, und machte mehr Schaden als Nutzen. Einsmahls gieng Nachbar Mer- tin des Abends auf ſeinen Hof, zu ſehen, ob ſeine Leuthe in ihren Verrichtungen fleißig waͤ- ren, hoͤret ſeinen Packauf, einen ſchwartzen Hund ſehr bellen und heulen, der will ſehen was da iſt, ſo mercket er, daß bey ſeiner Scheune es wie ein ſtarck Licht brennet, faͤnget auch ſchon an zu lodern, dieſer laufft geſchwinde zu, tritt das Feuer mit denen Fuͤſſen aus, nimmt die Materie von Bech, Hartz, und allerhand bren- nenden Sachen zuſammengemiſcht, und brach- te ſie zu uns in Kretſcham. Der Kerl beſahe die Sachen auch und ſprach: das muß ein Ertz- Schelm ſeyn, der dieſes hingeleget hat, der Hund iſt nicht mit Golde zu bezahlen. Nie- mand argwohnte was Boͤſes auf ihn, denn er-
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hatten. Der Wirth ſagte: Jhr Herren! wer
weiß ob es nicht ein ſolcher Galgen-Vogel ge-
weſen, als der, welchen ſie Morgen bey der
Straſſe werden auf einen Pfoſten ſitzen ſehen.
Derſelbe Schelm kam in unſer Dorff, machte
viel Weſens von ſeiner Kraͤmerey und wolte da-
mit alle Kranckheiten curiren, gab aber vor, die
Aꝛtzeney oder ſein Tꝛyacks, wie eꝛ ihn neñte, muͤ-
ſte 4. Wochen erſt alt werden, ehe er ſeine Kraͤf-
te recht von ſich gebe, denn wann er noch neu, in-
dem er ihn erſt vor 8. Tagen zugerichtet haͤtte,
waͤre er gar herbe, und machte mehr Schaden
als Nutzen. Einsmahls gieng Nachbar Mer-
tin des Abends auf ſeinen Hof, zu ſehen, ob
ſeine Leuthe in ihren Verrichtungen fleißig waͤ-
ren, hoͤret ſeinen Packauf, einen ſchwartzen
Hund ſehr bellen und heulen, der will ſehen was
da iſt, ſo mercket er, daß bey ſeiner Scheune es
wie ein ſtarck Licht brennet, faͤnget auch ſchon
an zu lodern, dieſer laufft geſchwinde zu, tritt
das Feuer mit denen Fuͤſſen aus, nimmt die
Materie von Bech, Hartz, und allerhand bren-
nenden Sachen zuſammengemiſcht, und brach-
te ſie zu uns in Kretſcham. Der Kerl beſahe die
Sachen auch und ſprach: das muß ein Ertz-
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Das frühste nachzuweisende Werk: "Des getreuen Ec… [mehr]
Das frühste nachzuweisende Werk: "Des getreuen Eckharts Medicinischen Maul-Affens" von Johann Christoph Ettner von Eiteritz wurde 1694 veröffentlicht. Die verwendete Ausgabe von 1719 stellt eine überarbeitete Ausgabe der ersten Ausgabe dar. Da die Ausgabe von 1694 im Projektzeitraum nicht zur Verfügung stand, musste die Ausgabe von 1719 verwendet werden.
Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719, S. 647. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719/663>, abgerufen am 22.11.2024.
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