ten Prügel und auf mich zu, so daß ich meinen Kopff zwischen die Ohren nahm, umb die Schläge nicht zu erwarten, lieff ich was ich lauffen kunte. Nun war in dem anliegenden Dorffe des Edelmanns Schreiber, welchen ich zuweilen von meinen Vater Fische brachte, zu dem gieng ich, und klagte ihm mein Elend, ich gedachte ich würde da sonderliche Hülffe und ei- nen Vorsprecher bey meinen unbarmhertzigen Vater bekommen; Alleine! er sprach zu mir: Du leichtfertiger Vogel geh deiner Wege, oder ich will dir Beine machen; ich fieng an zu wei- nen, da kam die Wirthschaffterin die fragte mich, was mir wäre? da erzehlte ich ihr meinen Unfall, die war noch so gut, und gab mir ein Stück Brodt und Käse, damit gieng ich fort, nicht wissende, welchen Weg zu meinem Glück oder Unglück ich mir erwehlen solte. Die Nacht kam mir auf den Halß, da legte ich mich an einen Reihn, kunte aber die Nacht über vor Kummer keinen Schlaff in meine Augen bringen. So bald der Tag anbrach, sann ich, welchen Weg zu meinen Glück oder Unglück zu gehen ich er- greiffen solte, und weil es gantz Wind-stille war, nahm ich vier Blätter von einer Weide, warff dieselben mit einen Wurff in die Höhe, losende: welches Blat am weitesten fallen, und wohin selbiges mit seiner Spitze weisen würde, densel-
ben
ten Pruͤgel und auf mich zu, ſo daß ich meinen Kopff zwiſchen die Ohren nahm, umb die Schlaͤge nicht zu erwarten, lieff ich was ich lauffen kunte. Nun war in dem anliegenden Dorffe des Edelmanns Schreiber, welchen ich zuweilen von meinen Vater Fiſche brachte, zu dem gieng ich, und klagte ihm mein Elend, ich gedachte ich wuͤrde da ſonderliche Huͤlffe und ei- nen Vorſprecher bey meinen unbarmhertzigen Vater bekommen; Alleine! er ſprach zu mir: Du leichtfertiger Vogel geh deiner Wege, oder ich will dir Beine machen; ich fieng an zu wei- nen, da kam die Wirthſchaffterin die fragte mich, was mir waͤre? da erzehlte ich ihr meinen Unfall, die war noch ſo gut, und gab mir ein Stuͤck Brodt und Kaͤſe, damit gieng ich fort, nicht wiſſende, welchen Weg zu meinem Gluͤck oder Ungluͤck ich mir erwehlen ſolte. Die Nacht kam mir auf den Halß, da legte ich mich an einen Reihn, kunte aber die Nacht uͤber vor Kummer keinen Schlaff in meine Augen bringen. So bald der Tag anbrach, ſann ich, welchen Weg zu meinen Gluͤck oder Ungluͤck zu gehen ich er- greiffen ſolte, und weil es gantz Wind-ſtille war, nahm ich vier Blaͤtter von einer Weide, warff dieſelben mit einen Wurff in die Hoͤhe, loſende: welches Blat am weiteſten fallen, und wohin ſelbiges mit ſeiner Spitze weiſen wuͤrde, denſel-
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ten Pruͤgel und auf mich zu, ſo daß ich meinen
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lauffen kunte. Nun war in dem anliegenden
Dorffe des Edelmanns Schreiber, welchen ich
zuweilen von meinen Vater Fiſche brachte, zu
dem gieng ich, und klagte ihm mein Elend, ich
gedachte ich wuͤrde da ſonderliche Huͤlffe und ei-
nen Vorſprecher bey meinen unbarmhertzigen
Vater bekommen; Alleine! er ſprach zu mir:
Du leichtfertiger Vogel geh deiner Wege, oder
ich will dir Beine machen; ich fieng an zu wei-
nen, da kam die Wirthſchaffterin die fragte
mich, was mir waͤre? da erzehlte ich ihr meinen
Unfall, die war noch ſo gut, und gab mir ein
Stuͤck Brodt und Kaͤſe, damit gieng ich fort,
nicht wiſſende, welchen Weg zu meinem Gluͤck
oder Ungluͤck ich mir erwehlen ſolte. Die Nacht
kam mir auf den Halß, da legte ich mich an einen
Reihn, kunte aber die Nacht uͤber vor Kummer
keinen Schlaff in meine Augen bringen. So
bald der Tag anbrach, ſann ich, welchen Weg
zu meinen Gluͤck oder Ungluͤck zu gehen ich er-
greiffen ſolte, und weil es gantz Wind-ſtille war,
nahm ich vier Blaͤtter von einer Weide, warff
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Das frühste nachzuweisende Werk: "Des getreuen Ec… [mehr]
Das frühste nachzuweisende Werk: "Des getreuen Eckharts Medicinischen Maul-Affens" von Johann Christoph Ettner von Eiteritz wurde 1694 veröffentlicht. Die verwendete Ausgabe von 1719 stellt eine überarbeitete Ausgabe der ersten Ausgabe dar. Da die Ausgabe von 1694 im Projektzeitraum nicht zur Verfügung stand, musste die Ausgabe von 1719 verwendet werden.
Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719, S. 703. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719/719>, abgerufen am 22.11.2024.
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