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Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719.

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Hirten gleich dem verlohrnen Sohne nach
Hause kommen wäre. Jhre Affecten können
sie nie bergen, als zu einer bevorstehenden Ra-
che, die, wann sie nicht alsobald den Effect und
Wirckung sehen, fahren sie aus der Haut, da
wollen sie ihnen ein Messer ins Hertz, warumb
nicht anderswohin stechen, oder sich erhencken,
vielleicht mit einen verbrandten Zwirns-Faden
an einen Bett-Stollen; endlich muß die See-
ligkeit gar herhalten, deren sie sich verzeihen, wo
nicht gar das Teufel holen darzu kommt, und
solche Pürschlein spricht Syrach, werden so
scheußlich wie ein Sack, was er hier unter den
Wort Sack verstehet, wird das böse Frauen-
Zimmer, zumahln sie solchen Sack zu gewissen
Zeiten selbst am Leibe tragen, schon urtheilen.
Monsieur Lübel, sagte Siegfried, ich muß aber
dennoch mit eben den Syrach zugestehen: daß
ein wohlge zogen Weib nicht mit Gelde zu be-
zahlen sey, und ein Weib das schweigen kan, sey
eine Gabe GOttes/ und wäre nichts köst-
lichers auf Erden, als ein züchtig und keusches
Weib. Ein schön Weib, das fromm bleibet und
den HErrn fürchtet, ist wie die helle Lampen auf
den heiligen Leuchter. Oho! rieff Lübel, Oho!
das sind rare Vögel, man wird in Teutschland
ehe zehen Schnee-Vögel als ein solches Weib
finden. Ja wann sie schweigen kan, ich habe

von

Hirten gleich dem verlohrnen Sohne nach
Hauſe kommen waͤre. Jhre Affecten koͤnnen
ſie nie bergen, als zu einer bevorſtehenden Ra-
che, die, wann ſie nicht alſobald den Effect und
Wirckung ſehen, fahren ſie aus der Haut, da
wollen ſie ihnen ein Meſſer ins Hertz, warumb
nicht anderswohin ſtechen, oder ſich erhencken,
vielleicht mit einen verbrandten Zwirns-Faden
an einen Bett-Stollen; endlich muß die See-
ligkeit gar herhalten, deren ſie ſich verzeihen, wo
nicht gar das Teufel holen darzu kommt, und
ſolche Puͤrſchlein ſpricht Syrach, werden ſo
ſcheußlich wie ein Sack, was er hier unter den
Wort Sack verſtehet, wird das boͤſe Frauen-
Zimmer, zumahln ſie ſolchen Sack zu gewiſſen
Zeiten ſelbſt am Leibe tragen, ſchon urtheilen.
Monſieur Luͤbel, ſagte Siegfried, ich muß aber
dennoch mit eben den Syrach zugeſtehen: daß
ein wohlge zogen Weib nicht mit Gelde zu be-
zahlen ſey, und ein Weib das ſchweigen kan, ſey
eine Gabe GOttes/ und waͤre nichts koͤſt-
lichers auf Erden, als ein zuͤchtig und keuſches
Weib. Ein ſchoͤn Weib, das fromm bleibet und
den HErrn fuͤrchtet, iſt wie die helle Lampen auf
den heiligen Leuchter. Oho! rieff Luͤbel, Oho!
das ſind rare Voͤgel, man wird in Teutſchland
ehe zehen Schnee-Voͤgel als ein ſolches Weib
finden. Ja wann ſie ſchweigen kan, ich habe

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[754/0770] Hirten gleich dem verlohrnen Sohne nach Hauſe kommen waͤre. Jhre Affecten koͤnnen ſie nie bergen, als zu einer bevorſtehenden Ra- che, die, wann ſie nicht alſobald den Effect und Wirckung ſehen, fahren ſie aus der Haut, da wollen ſie ihnen ein Meſſer ins Hertz, warumb nicht anderswohin ſtechen, oder ſich erhencken, vielleicht mit einen verbrandten Zwirns-Faden an einen Bett-Stollen; endlich muß die See- ligkeit gar herhalten, deren ſie ſich verzeihen, wo nicht gar das Teufel holen darzu kommt, und ſolche Puͤrſchlein ſpricht Syrach, werden ſo ſcheußlich wie ein Sack, was er hier unter den Wort Sack verſtehet, wird das boͤſe Frauen- Zimmer, zumahln ſie ſolchen Sack zu gewiſſen Zeiten ſelbſt am Leibe tragen, ſchon urtheilen. Monſieur Luͤbel, ſagte Siegfried, ich muß aber dennoch mit eben den Syrach zugeſtehen: daß ein wohlge zogen Weib nicht mit Gelde zu be- zahlen ſey, und ein Weib das ſchweigen kan, ſey eine Gabe GOttes/ und waͤre nichts koͤſt- lichers auf Erden, als ein zuͤchtig und keuſches Weib. Ein ſchoͤn Weib, das fromm bleibet und den HErrn fuͤrchtet, iſt wie die helle Lampen auf den heiligen Leuchter. Oho! rieff Luͤbel, Oho! das ſind rare Voͤgel, man wird in Teutſchland ehe zehen Schnee-Voͤgel als ein ſolches Weib finden. Ja wann ſie ſchweigen kan, ich habe von

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Zitationshilfe: Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719, S. 754. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719/770>, abgerufen am 29.06.2024.