solchen nachzuahmen finden, gleicher jener Zeit bey dem Spinnwocken gethan. Gotthart sprach: Monsieur Lübel, er wird doch zugestehen müs- sen, daß manche Frauens-Person bey einen rei- nen Kleide überaus häußlich, bey andächtigen Geberden recht gottseelig, und bey sittsamen Minen und Gebräuchen recht klug sey. So ersiehet man ja in ihren lieblich und annehmen Geberden, die Hold-und Leutseeligkeit, die einen Liebhabenden durchaus vergnügend machen können. Stille! Stille! mit der Hold und Leutseeligkeit; mein Herr versetzte Lübel, dieses sind die verfluchte Lockpfeiffen, und der Strick von welchen Salomon saget, daß man mit dem- selben den Narren zur Schlachtbanck führet, ge- het ihnen einer an, und thut einmahl einen Fehl- tritt, oder rencket das Maul auf die ihr ungefäl- lige Seite, so wird man ihre Holdseeligkeit in Veränderung eines scheußlichen Gesichts, ra- senden Geberden, und ihre Leutseeligkeit in Verleumbden calumniren und austragen, als wann einer der ärgste Schelm wäre, verspüren. Zuweilen loben sie den größten Spitzbuben, der ihnen etwa eine gebogne Knie gemacht hat, her- gegen einen wohl qualeficirten Menschen, wann er ohngefehr ohne Hut-rücken in Gedancken einmahl vor sie vorbey gangen ist, Holuncken sie dergestalt aus, als wann er erst von Säu-
Hir-
B b b
ſolchen nachzuahmen finden, gleicher jener Zeit bey dem Spiñwocken gethan. Gotthart ſprach: Monſieur Luͤbel, er wird doch zugeſtehen muͤſ- ſen, daß manche Frauens-Perſon bey einen rei- nen Kleide uͤberaus haͤußlich, bey andaͤchtigen Geberden recht gottſeelig, und bey ſittſamen Minen und Gebraͤuchen recht klug ſey. So erſiehet man ja in ihren lieblich und annehmen Geberden, die Hold-und Leutſeeligkeit, die einen Liebhabenden durchaus vergnuͤgend machen koͤnnen. Stille! Stille! mit der Hold und Leutſeeligkeit; mein Herr verſetzte Luͤbel, dieſes ſind die verfluchte Lockpfeiffen, und der Strick von welchen Salomon ſaget, daß man mit dem- ſelben den Narren zur Schlachtbanck fuͤhret, ge- het ihnen einer an, und thut einmahl einen Fehl- tritt, oder rencket das Maul auf die ihr ungefaͤl- lige Seite, ſo wird man ihre Holdſeeligkeit in Veraͤnderung eines ſcheußlichen Geſichts, ra- ſenden Geberden, und ihre Leutſeeligkeit in Verleumbden calumniren und austragen, als wann einer der aͤrgſte Schelm waͤre, verſpuͤren. Zuweilen loben ſie den groͤßten Spitzbuben, der ihnen etwa eine gebogne Knie gemacht hat, her- gegen einen wohl qualeficirten Menſchen, wañ er ohngefehr ohne Hut-ruͤcken in Gedancken einmahl vor ſie vorbey gangen iſt, Holuncken ſie dergeſtalt aus, als wann er erſt von Saͤu-
Hir-
B b b
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0769"n="753"/>ſolchen nachzuahmen finden, gleicher jener Zeit<lb/>
bey dem Spiñwocken gethan. Gotthart ſprach:<lb/><hirendition="#aq">Monſieur</hi> Luͤbel, er wird doch zugeſtehen muͤſ-<lb/>ſen, daß manche Frauens-Perſon bey einen rei-<lb/>
nen Kleide uͤberaus haͤußlich, bey andaͤchtigen<lb/>
Geberden recht gottſeelig, und bey ſittſamen<lb/>
Minen und Gebraͤuchen recht klug ſey. So<lb/>
erſiehet man ja in ihren lieblich und annehmen<lb/>
Geberden, die Hold-und Leutſeeligkeit, die einen<lb/>
Liebhabenden durchaus vergnuͤgend machen<lb/>
koͤnnen. Stille! Stille! mit der Hold und<lb/>
Leutſeeligkeit; mein Herr verſetzte Luͤbel, dieſes<lb/>ſind die verfluchte Lockpfeiffen, und der Strick<lb/>
von welchen Salomon ſaget, daß man mit dem-<lb/>ſelben den Narren zur Schlachtbanck fuͤhret, ge-<lb/>
het ihnen einer an, und thut einmahl einen Fehl-<lb/>
tritt, oder rencket das Maul auf die ihr ungefaͤl-<lb/>
lige Seite, ſo wird man ihre Holdſeeligkeit in<lb/>
Veraͤnderung eines ſcheußlichen Geſichts, ra-<lb/>ſenden Geberden, und ihre Leutſeeligkeit in<lb/>
Verleumbden <hirendition="#aq">calumnir</hi>en und austragen, als<lb/>
wann einer der aͤrgſte Schelm waͤre, verſpuͤren.<lb/>
Zuweilen loben ſie den groͤßten Spitzbuben, der<lb/>
ihnen etwa eine gebogne Knie gemacht hat, her-<lb/>
gegen einen wohl <hirendition="#aq">qualeficir</hi>ten Menſchen, wañ<lb/>
er ohngefehr ohne Hut-ruͤcken in Gedancken<lb/>
einmahl vor ſie vorbey gangen iſt, Holuncken<lb/>ſie dergeſtalt aus, als wann er erſt von Saͤu-<lb/><fwplace="bottom"type="sig">B b b</fw><fwplace="bottom"type="catch">Hir-</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[753/0769]
ſolchen nachzuahmen finden, gleicher jener Zeit
bey dem Spiñwocken gethan. Gotthart ſprach:
Monſieur Luͤbel, er wird doch zugeſtehen muͤſ-
ſen, daß manche Frauens-Perſon bey einen rei-
nen Kleide uͤberaus haͤußlich, bey andaͤchtigen
Geberden recht gottſeelig, und bey ſittſamen
Minen und Gebraͤuchen recht klug ſey. So
erſiehet man ja in ihren lieblich und annehmen
Geberden, die Hold-und Leutſeeligkeit, die einen
Liebhabenden durchaus vergnuͤgend machen
koͤnnen. Stille! Stille! mit der Hold und
Leutſeeligkeit; mein Herr verſetzte Luͤbel, dieſes
ſind die verfluchte Lockpfeiffen, und der Strick
von welchen Salomon ſaget, daß man mit dem-
ſelben den Narren zur Schlachtbanck fuͤhret, ge-
het ihnen einer an, und thut einmahl einen Fehl-
tritt, oder rencket das Maul auf die ihr ungefaͤl-
lige Seite, ſo wird man ihre Holdſeeligkeit in
Veraͤnderung eines ſcheußlichen Geſichts, ra-
ſenden Geberden, und ihre Leutſeeligkeit in
Verleumbden calumniren und austragen, als
wann einer der aͤrgſte Schelm waͤre, verſpuͤren.
Zuweilen loben ſie den groͤßten Spitzbuben, der
ihnen etwa eine gebogne Knie gemacht hat, her-
gegen einen wohl qualeficirten Menſchen, wañ
er ohngefehr ohne Hut-ruͤcken in Gedancken
einmahl vor ſie vorbey gangen iſt, Holuncken
ſie dergeſtalt aus, als wann er erſt von Saͤu-
Hir-
B b b
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Das frühste nachzuweisende Werk: "Des getreuen Ec… [mehr]
Das frühste nachzuweisende Werk: "Des getreuen Eckharts Medicinischen Maul-Affens" von Johann Christoph Ettner von Eiteritz wurde 1694 veröffentlicht. Die verwendete Ausgabe von 1719 stellt eine überarbeitete Ausgabe der ersten Ausgabe dar. Da die Ausgabe von 1694 im Projektzeitraum nicht zur Verfügung stand, musste die Ausgabe von 1719 verwendet werden.
Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719, S. 753. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719/769>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.