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Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719.

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lieben Frauen-Zimmer so gramm. Lübel ant-
wortete: Jch bin ihnen nicht gram, sondern ich
sage die Wahrheit, wer es nicht glauben will,
der wird es mit der Zeit erfahren: ich halte da-
vor, daß kein kluges Weibes-Bild gefunden
wird. Jst eine häußlich, welches ihre vornehm-
ste Tugend seyn soll, so gehet sie im Hause her-
umb, wie ein gruntzender Bär, und in der
Tracht als eine Sau, das heist eine gute Wir-
thin. Jst sie fromm, so gehet ihr der alberne
Betrug in solcher Scheinheiligkeit auf denen
Füssen nach. Jst sie nicht eine Hure, so betrü-
get sie doch sonsten das Manns-Volck mit aller-
hand schmeichelenden Worten, scharffen Be-
theurungen mit gen Himmel geworffenen Au-
gen, dieses ist ihre Frömmigkeit. Die Klugheit
an ihnen ist nicht zu nennen. Denn soll ich ih-
nen eine politische Klugheit heutiger Welt an-
dichten, so ist diese Spitzfindigkeit mit so viel Al-
bertät
en gefüttert, daß man, wann es ausgear-
beitete Füchse wären, ein gantz Spittal armer
Leuthe zu Winters-Zeit damit versorgen könte,
da können sie solche närrische Gestus mit denen
Augen in Verkehrung derselben, Mund-käu-
en gleich denen wieder-käuenden Kühen und
Hände-schlagen wie Pickelhering auf dem
Theatro machen, daß man schweren solte, Her-
cules
würde aus denenselben neue Tugenden

solchen

lieben Frauen-Zimmer ſo gramm. Luͤbel ant-
wortete: Jch bin ihnen nicht gram, ſondern ich
ſage die Wahrheit, wer es nicht glauben will,
der wird es mit der Zeit erfahren: ich halte da-
vor, daß kein kluges Weibes-Bild gefunden
wird. Jſt eine haͤußlich, welches ihre vornehm-
ſte Tugend ſeyn ſoll, ſo gehet ſie im Hauſe her-
umb, wie ein gruntzender Baͤr, und in der
Tracht als eine Sau, das heiſt eine gute Wir-
thin. Jſt ſie fromm, ſo gehet ihr der alberne
Betrug in ſolcher Scheinheiligkeit auf denen
Fuͤſſen nach. Jſt ſie nicht eine Hure, ſo betruͤ-
get ſie doch ſonſten das Manns-Volck mit aller-
hand ſchmeichelenden Worten, ſcharffen Be-
theurungen mit gen Himmel geworffenen Au-
gen, dieſes iſt ihre Froͤmmigkeit. Die Klugheit
an ihnen iſt nicht zu nennen. Denn ſoll ich ih-
nen eine politiſche Klugheit heutiger Welt an-
dichten, ſo iſt dieſe Spitzfindigkeit mit ſo viel Al-
bertät
en gefuͤttert, daß man, wann es ausgear-
beitete Fuͤchſe waͤren, ein gantz Spittal armer
Leuthe zu Winters-Zeit damit verſoꝛgen koͤnte,
da koͤnnen ſie ſolche naͤrriſche Geſtus mit denen
Augen in Verkehrung derſelben, Mund-kaͤu-
en gleich denen wieder-kaͤuenden Kuͤhen und
Haͤnde-ſchlagen wie Pickelhering auf dem
Theatro machen, daß man ſchweren ſolte, Her-
cules
wuͤrde aus denenſelben neue Tugenden

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[752/0768] lieben Frauen-Zimmer ſo gramm. Luͤbel ant- wortete: Jch bin ihnen nicht gram, ſondern ich ſage die Wahrheit, wer es nicht glauben will, der wird es mit der Zeit erfahren: ich halte da- vor, daß kein kluges Weibes-Bild gefunden wird. Jſt eine haͤußlich, welches ihre vornehm- ſte Tugend ſeyn ſoll, ſo gehet ſie im Hauſe her- umb, wie ein gruntzender Baͤr, und in der Tracht als eine Sau, das heiſt eine gute Wir- thin. Jſt ſie fromm, ſo gehet ihr der alberne Betrug in ſolcher Scheinheiligkeit auf denen Fuͤſſen nach. Jſt ſie nicht eine Hure, ſo betruͤ- get ſie doch ſonſten das Manns-Volck mit aller- hand ſchmeichelenden Worten, ſcharffen Be- theurungen mit gen Himmel geworffenen Au- gen, dieſes iſt ihre Froͤmmigkeit. Die Klugheit an ihnen iſt nicht zu nennen. Denn ſoll ich ih- nen eine politiſche Klugheit heutiger Welt an- dichten, ſo iſt dieſe Spitzfindigkeit mit ſo viel Al- bertäten gefuͤttert, daß man, wann es ausgear- beitete Fuͤchſe waͤren, ein gantz Spittal armer Leuthe zu Winters-Zeit damit verſoꝛgen koͤnte, da koͤnnen ſie ſolche naͤrriſche Geſtus mit denen Augen in Verkehrung derſelben, Mund-kaͤu- en gleich denen wieder-kaͤuenden Kuͤhen und Haͤnde-ſchlagen wie Pickelhering auf dem Theatro machen, daß man ſchweren ſolte, Her- cules wuͤrde aus denenſelben neue Tugenden ſolchen

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Zitationshilfe: Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719, S. 752. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719/768>, abgerufen am 28.09.2024.