Burschen disciplinirt hätte. Dieser feine Tattel ist eines sehr hohen Verstandes, so alt als er ist, so hat er dennoch solche vollkommene Luchs-Au- gen, daß er umb Weihnachten noch kan aus dem Urin Glaß erkennen, was einer in Hunds- Tägen geessen und getruncken hat; Ja so man ihm nur das Contrafe eines Patienten über- schicket, so wird er seinen innerlichen Zustand so- wohl beschreiben können, als wann er von An- fang der Kranckheit bey ihm gewesen wäre, mit einem Wort, alle diese Artzney-Affen werden für lauter hoch-erfahrne Doctor, und weiseste Doctorin gehalten und angebetet.
Jener einfältige Bauer sahe einmahl einen Affen vor einer Apothecken sitzen, und meynte es wäre des Apotheckers Sohn, überreichte ihm destwegen einen Thaler mit schönsten Bitten, er wolle ihn wechseln, und kleines Geld darvor geben, wegen welcher irrenden Einbildung die- ser arme Mann, und gute Ackers-Doctor ist ü- ber die massen ausgelacht, und für ein grossen Narrn gehalten worden; aber bey jetzigen Zei- ten lauffen wohl noch grössere Fehler vorbey, in- dem nicht allein einfältige Bauren, sondern auch gescheidte Leuthe, dieses Affen-Geschmeiß, nicht nur für Apotheckers-Buben, sondern für die be- sten und gelehrtesten Medicos selbsten halten und ansehen. Hat derohalben der weiseste Sa-
lomon
Burſchen diſciplinirt haͤtte. Dieſer feine Tattel iſt eines ſehr hohen Verſtandes, ſo alt als er iſt, ſo hat er dennoch ſolche vollkommene Luchs-Au- gen, daß er umb Weihnachten noch kan aus dem Urin Glaß erkennen, was einer in Hunds- Taͤgen geeſſen und getruncken hat; Ja ſo man ihm nur das Contrafe eines Patienten uͤber- ſchicket, ſo wird er ſeinen innerlichen Zuſtand ſo- wohl beſchreiben koͤnnen, als wann er von An- fang der Kranckheit bey ihm geweſen waͤre, mit einem Wort, alle dieſe Artzney-Affen werden fuͤr lauter hoch-erfahrne Doctor, und weiſeſte Doctorin gehalten und angebetet.
Jener einfaͤltige Bauer ſahe einmahl einen Affen vor einer Apothecken ſitzen, und meynte es waͤre des Apotheckers Sohn, uͤberreichte ihm deſtwegen einen Thaler mit ſchoͤnſten Bitten, er wolle ihn wechſeln, und kleines Geld darvor geben, wegen welcher irrenden Einbildung die- ſer arme Mann, und gute Ackers-Doctor iſt uͤ- ber die maſſen ausgelacht, und fuͤr ein groſſen Narrn gehalten worden; aber bey jetzigen Zei- ten lauffen wohl noch groͤſſere Fehler vorbey, in- dem nicht allein einfaͤltige Bauren, ſondeꝛn auch geſcheidte Leuthe, dieſes Affen-Geſchmeiß, nicht nur fuͤr Apotheckers-Buben, ſondern fuͤr die be- ſten und gelehrteſten Medicos ſelbſten halten und anſehen. Hat derohalben der weiſeſte Sa-
lomon
<TEI><text><body><divn="1"><floatingText><body><divn="2"><p><pbfacs="#f0996"n="980"/>
Burſchen <hirendition="#aq">diſciplinirt</hi> haͤtte. Dieſer feine Tattel<lb/>
iſt eines ſehr hohen Verſtandes, ſo alt als er iſt,<lb/>ſo hat er dennoch ſolche vollkommene Luchs-Au-<lb/>
gen, daß er umb Weihnachten noch kan aus<lb/>
dem <hirendition="#aq">Urin</hi> Glaß erkennen, was einer in Hunds-<lb/>
Taͤgen geeſſen und getruncken hat; Ja ſo man<lb/>
ihm nur das <hirendition="#aq">Contrafe</hi> eines Patienten uͤber-<lb/>ſchicket, ſo wird er ſeinen innerlichen Zuſtand ſo-<lb/>
wohl beſchreiben koͤnnen, als wann er von An-<lb/>
fang der Kranckheit bey ihm geweſen waͤre, mit<lb/>
einem Wort, alle dieſe Artzney-Affen werden<lb/>
fuͤr lauter hoch-erfahrne <hirendition="#aq">Doctor,</hi> und weiſeſte<lb/><hirendition="#aq">Doctor</hi>in gehalten und angebetet.</p><lb/><p>Jener einfaͤltige Bauer ſahe einmahl einen<lb/>
Affen vor einer Apothecken ſitzen, und meynte<lb/>
es waͤre des Apotheckers Sohn, uͤberreichte ihm<lb/>
deſtwegen einen Thaler mit ſchoͤnſten Bitten,<lb/>
er wolle ihn wechſeln, und kleines Geld darvor<lb/>
geben, wegen welcher irrenden Einbildung die-<lb/>ſer arme Mann, und gute Ackers-<hirendition="#aq">Doctor</hi> iſt uͤ-<lb/>
ber die maſſen ausgelacht, und fuͤr ein groſſen<lb/>
Narrn gehalten worden; aber bey jetzigen Zei-<lb/>
ten lauffen wohl noch groͤſſere Fehler vorbey, in-<lb/>
dem nicht allein einfaͤltige Bauren, ſondeꝛn auch<lb/>
geſcheidte Leuthe, dieſes Affen-Geſchmeiß, nicht<lb/>
nur fuͤr Apotheckers-Buben, ſondern fuͤr die be-<lb/>ſten und gelehrteſten <hirendition="#aq">Medicos</hi>ſelbſten halten<lb/>
und anſehen. Hat derohalben der weiſeſte <hirendition="#aq">Sa-</hi><lb/><fwplace="bottom"type="catch"><hirendition="#aq">lomon</hi></fw><lb/></p></div></body></floatingText></div></body></text></TEI>
[980/0996]
Burſchen diſciplinirt haͤtte. Dieſer feine Tattel
iſt eines ſehr hohen Verſtandes, ſo alt als er iſt,
ſo hat er dennoch ſolche vollkommene Luchs-Au-
gen, daß er umb Weihnachten noch kan aus
dem Urin Glaß erkennen, was einer in Hunds-
Taͤgen geeſſen und getruncken hat; Ja ſo man
ihm nur das Contrafe eines Patienten uͤber-
ſchicket, ſo wird er ſeinen innerlichen Zuſtand ſo-
wohl beſchreiben koͤnnen, als wann er von An-
fang der Kranckheit bey ihm geweſen waͤre, mit
einem Wort, alle dieſe Artzney-Affen werden
fuͤr lauter hoch-erfahrne Doctor, und weiſeſte
Doctorin gehalten und angebetet.
Jener einfaͤltige Bauer ſahe einmahl einen
Affen vor einer Apothecken ſitzen, und meynte
es waͤre des Apotheckers Sohn, uͤberreichte ihm
deſtwegen einen Thaler mit ſchoͤnſten Bitten,
er wolle ihn wechſeln, und kleines Geld darvor
geben, wegen welcher irrenden Einbildung die-
ſer arme Mann, und gute Ackers-Doctor iſt uͤ-
ber die maſſen ausgelacht, und fuͤr ein groſſen
Narrn gehalten worden; aber bey jetzigen Zei-
ten lauffen wohl noch groͤſſere Fehler vorbey, in-
dem nicht allein einfaͤltige Bauren, ſondeꝛn auch
geſcheidte Leuthe, dieſes Affen-Geſchmeiß, nicht
nur fuͤr Apotheckers-Buben, ſondern fuͤr die be-
ſten und gelehrteſten Medicos ſelbſten halten
und anſehen. Hat derohalben der weiſeſte Sa-
lomon
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Das frühste nachzuweisende Werk: "Des getreuen Ec… [mehr]
Das frühste nachzuweisende Werk: "Des getreuen Eckharts Medicinischen Maul-Affens" von Johann Christoph Ettner von Eiteritz wurde 1694 veröffentlicht. Die verwendete Ausgabe von 1719 stellt eine überarbeitete Ausgabe der ersten Ausgabe dar. Da die Ausgabe von 1694 im Projektzeitraum nicht zur Verfügung stand, musste die Ausgabe von 1719 verwendet werden.
Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719, S. 980. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719/996>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.