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Elsholtz, Johann Sigismund: Vom Gartenbaw. Cölln (Spree), 1666.

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Von der Pfropffkunst.
II. Pfropffreiser brechen.
1. Ex quibus arboribus. Pfropffreiser sollen genommen werden von mittel-
mäßigen gesunden bäumen/ und welche jährlich viel und gute früchte zu tragen pfle-
gen. Hergegen sind hiezu untauglich die gar alten/ wie auch gantz unfruchtbare
bäume/ die niemahls blühen/ noch tragen: imgleichen die annoch so jung/ daß sie
niemahls geblühet haben/ sintemahl man von sotanen Reisern vergebliche früchte er-
warten würde. Dennoch ein frucht-tragender baum je jünger er ist/ je schöner und
tüchtiger Reiser kan er geben.
2. Locus. Sie sollen aber genommen werden nicht von den untersten zwei-
gen/ welche gemeinlich untügtich sind: sondern von den spitzen der mittelsten/ welche
ihre volle zeitigung haben/ und gegen Auffgang der Sonnen oder gegen den Mittag
sich strecken/ als welche die beste krafft und wärme in sich haben/ auch je höher am
baum/ je besser: jedoch nicht von den gantz obersten gipffeln.
3. Qualitas. Jhre gütigkeit bestehet darin/ daß es nicht sind Wasserschösse/
noch lange rahne Reiser/ sondern etwas dicke/ wie ein starck feder kiel/ voll Safft/
mit augen dicht besetzet/ an der Spitze nicht gablicht/ sondern einfach/ und endlich
nur eines jahres Schoß/ welcher jedoch vermittelst eines starcken knots mit dem alten
holtz vereiniget sey. Und zwar von diesen letzten ist in acht zu nehmen/ daß die Rei-
ser von Kirschen/ Pflaumen und dergleichen Steinobst/ weil sie gar lange Jahrschoß
treiben/ des alten holtzes im pfropffen nicht bedürffen: hergegen muß ein jedes Apf-
fel und Birnreiß eines guten Gliedes lang auff das alte holtz gebrochen werden: ja
wenn man sotane Reiser auff gar starcke Stämme pfropffen wil/ so schadet es nicht/
wenn gleich dreyjähriges holtz an ihnen bleibet/ dieweil sie solcher gestalt das drucken
desto besser erdulden können.
4. Modus. Das brechen der Pfropffreiser kan zwar mit der hand geschehen/
doch muß man sich hüten/ daß die rinde nicht versehret/ und die Reiser dadurch un-
tüchtig gemachet werden. Brechet derhalben alles unterwerts/ oder drücket sie gleich
gegen den ast ab: welche ihr aber mit der hand ab zureichen nicht vermöget/ die schnei-
det mit der Baumscheer ab.
5. Tempus. Die bequemste zeit Pfropffreiser von allerley Obst ab zunehmen/
ist der Hornung/ drey oder vier tage vor dem Newen Licht/ an einem hellen und kla-
ren tage/ und zwar in den stunden vor Mittage. Schicket es sich/ so meide man
auch die zeichen des Krebs und Scorpions/ wofern eben der Mond in denselben be-
findlich: hergegen ist der Stier und der Steinbock gut/ weil die alsdan gebrochene
Reiser von den Raupen nicht sollen beschädiget werden. Einige halten auch viel
auff die brechung der Reiser/ welche drey tage vor und drey tage nach dem Vollen-
Liecht in eben dem Monat Februario geschiehet. Sonderlich aber dienet der Hor-
nung für die jenige Reiser/ welche anders wohin versendet oder sonst lang verwahret
werden sollen: welche man aber in seinem garten oder in der Nachbarschafft also-
fort wider auffsetzen wil/ insonderheit von Steinobst/ die können wol im Mertz
oder April/ nachdem der jahrgang früh oder spat fället/ allererst gebrochen wer-
den.
III.
Z
Von der Pfropffkunſt.
II. Pfropffreiſer brechen.
1. Ex quibus arboribus. Pfropffreiſer ſollen genommen werden von mittel-
maͤßigen geſunden baͤumen/ und welche jaͤhrlich viel und gute fruͤchte zu tragen pfle-
gen. Hergegen ſind hiezu untauglich die gar alten/ wie auch gantz unfruchtbare
baͤume/ die niemahls bluͤhen/ noch tragen: imgleichen die annoch ſo jung/ daß ſie
niemahls gebluͤhet haben/ ſintemahl man von ſotanen Reiſern vergebliche fruͤchte er-
warten wuͤrde. Dennoch ein frucht-tragender baum je juͤnger er iſt/ je ſchoͤner und
tuͤchtiger Reiſer kan er geben.
2. Locus. Sie ſollen aber genommen werden nicht von den unterſten zwei-
gen/ welche gemeinlich untuͤgtich ſind: ſondern von den ſpitzen der mittelſten/ welche
ihre volle zeitigung haben/ und gegen Auffgang der Sonnen oder gegen den Mittag
ſich ſtrecken/ als welche die beſte krafft und waͤrme in ſich haben/ auch je hoͤher am
baum/ je beſſer: jedoch nicht von den gantz oberſten gipffeln.
3. Qualitas. Jhre guͤtigkeit beſtehet darin/ daß es nicht ſind Waſſerſchoͤſſe/
noch lange rahne Reiſer/ ſondern etwas dicke/ wie ein ſtarck feder kiel/ voll Safft/
mit augen dicht beſetzet/ an der Spitze nicht gablicht/ ſondern einfach/ und endlich
nur eines jahres Schoß/ welcher jedoch vermittelſt eines ſtarcken knots mit dem alten
holtz vereiniget ſey. Und zwar von dieſen letzten iſt in acht zu nehmen/ daß die Rei-
ſer von Kirſchen/ Pflaumen und dergleichen Steinobſt/ weil ſie gar lange Jahrſchoß
treiben/ des alten holtzes im pfropffen nicht beduͤrffen: hergegen muß ein jedes Apf-
fel und Birnreiß eines guten Gliedes lang auff das alte holtz gebrochen werden: ja
wenn man ſotane Reiſer auff gar ſtarcke Staͤmme pfropffen wil/ ſo ſchadet es nicht/
wenn gleich dreyjaͤhriges holtz an ihnen bleibet/ dieweil ſie ſolcher geſtalt das drucken
deſto beſſer erdulden koͤnnen.
4. Modus. Das brechen der Pfropffreiſer kan zwar mit der hand geſchehen/
doch muß man ſich huͤten/ daß die rinde nicht verſehret/ und die Reiſer dadurch un-
tuͤchtig gemachet werden. Brechet derhalben alles unterwerts/ oder druͤcket ſie gleich
gegen den aſt ab: welche ihr aber mit der hand ab zureichen nicht vermoͤget/ die ſchnei-
det mit der Baumſcheer ab.
5. Tempus. Die bequemſte zeit Pfropffreiſer von allerley Obſt ab zunehmen/
iſt der Hornung/ drey oder vier tage vor dem Newen Licht/ an einem hellen und kla-
ren tage/ und zwar in den ſtunden vor Mittage. Schicket es ſich/ ſo meide man
auch die zeichen des Krebs und Scorpions/ wofern eben der Mond in denſelben be-
findlich: hergegen iſt der Stier und der Steinbock gut/ weil die alsdan gebrochene
Reiſer von den Raupen nicht ſollen beſchaͤdiget werden. Einige halten auch viel
auff die brechung der Reiſer/ welche drey tage vor und drey tage nach dem Vollen-
Liecht in eben dem Monat Februario geſchiehet. Sonderlich aber dienet der Hor-
nung fuͤr die jenige Reiſer/ welche anders wohin verſendet oder ſonſt lang verwahret
werden ſollen: welche man aber in ſeinem garten oder in der Nachbarſchafft alſo-
fort wider auffſetzen wil/ inſonderheit von Steinobſt/ die koͤnnen wol im Mertz
oder April/ nachdem der jahrgang fruͤh oder ſpat faͤllet/ allererſt gebrochen wer-
den.
III.
Z
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[177/0211] Von der Pfropffkunſt. II. Pfropffreiſer brechen. 1. Ex quibus arboribus. Pfropffreiſer ſollen genommen werden von mittel- maͤßigen geſunden baͤumen/ und welche jaͤhrlich viel und gute fruͤchte zu tragen pfle- gen. Hergegen ſind hiezu untauglich die gar alten/ wie auch gantz unfruchtbare baͤume/ die niemahls bluͤhen/ noch tragen: imgleichen die annoch ſo jung/ daß ſie niemahls gebluͤhet haben/ ſintemahl man von ſotanen Reiſern vergebliche fruͤchte er- warten wuͤrde. Dennoch ein frucht-tragender baum je juͤnger er iſt/ je ſchoͤner und tuͤchtiger Reiſer kan er geben. 2. Locus. Sie ſollen aber genommen werden nicht von den unterſten zwei- gen/ welche gemeinlich untuͤgtich ſind: ſondern von den ſpitzen der mittelſten/ welche ihre volle zeitigung haben/ und gegen Auffgang der Sonnen oder gegen den Mittag ſich ſtrecken/ als welche die beſte krafft und waͤrme in ſich haben/ auch je hoͤher am baum/ je beſſer: jedoch nicht von den gantz oberſten gipffeln. 3. Qualitas. Jhre guͤtigkeit beſtehet darin/ daß es nicht ſind Waſſerſchoͤſſe/ noch lange rahne Reiſer/ ſondern etwas dicke/ wie ein ſtarck feder kiel/ voll Safft/ mit augen dicht beſetzet/ an der Spitze nicht gablicht/ ſondern einfach/ und endlich nur eines jahres Schoß/ welcher jedoch vermittelſt eines ſtarcken knots mit dem alten holtz vereiniget ſey. Und zwar von dieſen letzten iſt in acht zu nehmen/ daß die Rei- ſer von Kirſchen/ Pflaumen und dergleichen Steinobſt/ weil ſie gar lange Jahrſchoß treiben/ des alten holtzes im pfropffen nicht beduͤrffen: hergegen muß ein jedes Apf- fel und Birnreiß eines guten Gliedes lang auff das alte holtz gebrochen werden: ja wenn man ſotane Reiſer auff gar ſtarcke Staͤmme pfropffen wil/ ſo ſchadet es nicht/ wenn gleich dreyjaͤhriges holtz an ihnen bleibet/ dieweil ſie ſolcher geſtalt das drucken deſto beſſer erdulden koͤnnen. 4. Modus. Das brechen der Pfropffreiſer kan zwar mit der hand geſchehen/ doch muß man ſich huͤten/ daß die rinde nicht verſehret/ und die Reiſer dadurch un- tuͤchtig gemachet werden. Brechet derhalben alles unterwerts/ oder druͤcket ſie gleich gegen den aſt ab: welche ihr aber mit der hand ab zureichen nicht vermoͤget/ die ſchnei- det mit der Baumſcheer ab. 5. Tempus. Die bequemſte zeit Pfropffreiſer von allerley Obſt ab zunehmen/ iſt der Hornung/ drey oder vier tage vor dem Newen Licht/ an einem hellen und kla- ren tage/ und zwar in den ſtunden vor Mittage. Schicket es ſich/ ſo meide man auch die zeichen des Krebs und Scorpions/ wofern eben der Mond in denſelben be- findlich: hergegen iſt der Stier und der Steinbock gut/ weil die alsdan gebrochene Reiſer von den Raupen nicht ſollen beſchaͤdiget werden. Einige halten auch viel auff die brechung der Reiſer/ welche drey tage vor und drey tage nach dem Vollen- Liecht in eben dem Monat Februario geſchiehet. Sonderlich aber dienet der Hor- nung fuͤr die jenige Reiſer/ welche anders wohin verſendet oder ſonſt lang verwahret werden ſollen: welche man aber in ſeinem garten oder in der Nachbarſchafft alſo- fort wider auffſetzen wil/ inſonderheit von Steinobſt/ die koͤnnen wol im Mertz oder April/ nachdem der jahrgang fruͤh oder ſpat faͤllet/ allererſt gebrochen wer- den. III. Z

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Zitationshilfe: Elsholtz, Johann Sigismund: Vom Gartenbaw. Cölln (Spree), 1666, S. 177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/elssholtz_gartenbaw_1666/211>, abgerufen am 23.11.2024.