Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Engel, Johann Jakob: Engel's Theorie der Dichtungsarten. In: J. J. Engels Schriften. Elfter Band: Poetik. Berlin, 1806.

Bild:
<< vorherige Seite

pen_372.001
scheint es denn, ließe sich weiter schließen: pen_372.002
daß der vollkommenste Charakter, pen_372.003
welcher dann die volle Gerechtigkeit der pen_372.004
Sache schon mit einschließt, das entschiedenste, pen_372.005
das feurigste Interesse bewirken pen_372.006
werde. Nur müßte freilich, wegen der pen_372.007
Regel vom Contraste, die höchste Unvollkommenheit pen_372.008
nicht mit der höchsten Vollkommenheit pen_372.009
in Gegensatz gebracht; und, pen_372.010
wegen der Regel von der Einförmigkeit, pen_372.011
nicht bloß Eine Eigenschaft in ihrem höchsten pen_372.012
Grade geschildert werden. Aber jene pen_372.013
erhabne Harmonie aller Neigungen der pen_372.014
Seele, jene totale Vollkommenheit, die pen_372.015
aus dem richtigsten Verhältniß aller ihrer pen_372.016
Eigenschaften entspringt, und die das eigentliche pen_372.017
Ideal ihrer Natur ist; sollte nicht pen_372.018
die eben so den dichterischschönsten als pen_372.019
den philosophischbesten Charakter geben?

pen_372.020

Selbst die scharfsinnigsten Vertheidiger

pen_372.001
scheint es denn, ließe sich weiter schließen: pen_372.002
daß der vollkommenste Charakter, pen_372.003
welcher dann die volle Gerechtigkeit der pen_372.004
Sache schon mit einschließt, das entschiedenste, pen_372.005
das feurigste Interesse bewirken pen_372.006
werde. Nur müßte freilich, wegen der pen_372.007
Regel vom Contraste, die höchste Unvollkommenheit pen_372.008
nicht mit der höchsten Vollkommenheit pen_372.009
in Gegensatz gebracht; und, pen_372.010
wegen der Regel von der Einförmigkeit, pen_372.011
nicht bloß Eine Eigenschaft in ihrem höchsten pen_372.012
Grade geschildert werden. Aber jene pen_372.013
erhabne Harmonie aller Neigungen der pen_372.014
Seele, jene totale Vollkommenheit, die pen_372.015
aus dem richtigsten Verhältniß aller ihrer pen_372.016
Eigenschaften entspringt, und die das eigentliche pen_372.017
Ideal ihrer Natur ist; sollte nicht pen_372.018
die eben so den dichterischschönsten als pen_372.019
den philosophischbesten Charakter geben?

pen_372.020

  Selbst die scharfsinnigsten Vertheidiger

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0415" n="372"/><lb n="pen_372.001"/>
scheint es denn, ließe sich weiter schließen: <lb n="pen_372.002"/>
daß der <hi rendition="#i">vollkommenste</hi> Charakter, <lb n="pen_372.003"/>
welcher dann die volle Gerechtigkeit der <lb n="pen_372.004"/>
Sache schon mit einschließt, das entschiedenste, <lb n="pen_372.005"/>
das feurigste Interesse bewirken <lb n="pen_372.006"/>
werde. Nur müßte freilich, wegen der <lb n="pen_372.007"/>
Regel vom Contraste, die höchste Unvollkommenheit <lb n="pen_372.008"/>
nicht mit der höchsten Vollkommenheit <lb n="pen_372.009"/>
in Gegensatz gebracht; und, <lb n="pen_372.010"/>
wegen der Regel von der Einförmigkeit, <lb n="pen_372.011"/>
nicht bloß Eine Eigenschaft in ihrem höchsten <lb n="pen_372.012"/>
Grade geschildert werden. Aber jene <lb n="pen_372.013"/>
erhabne Harmonie aller Neigungen der <lb n="pen_372.014"/>
Seele, jene totale Vollkommenheit, die <lb n="pen_372.015"/>
aus dem richtigsten Verhältniß aller ihrer <lb n="pen_372.016"/>
Eigenschaften entspringt, und die das eigentliche <lb n="pen_372.017"/>
Ideal ihrer Natur ist; sollte nicht <lb n="pen_372.018"/>
die eben so den dichterischschönsten als <lb n="pen_372.019"/>
den philosophischbesten Charakter geben?</p>
        <lb n="pen_372.020"/>
        <p>  Selbst die scharfsinnigsten Vertheidiger
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[372/0415] pen_372.001 scheint es denn, ließe sich weiter schließen: pen_372.002 daß der vollkommenste Charakter, pen_372.003 welcher dann die volle Gerechtigkeit der pen_372.004 Sache schon mit einschließt, das entschiedenste, pen_372.005 das feurigste Interesse bewirken pen_372.006 werde. Nur müßte freilich, wegen der pen_372.007 Regel vom Contraste, die höchste Unvollkommenheit pen_372.008 nicht mit der höchsten Vollkommenheit pen_372.009 in Gegensatz gebracht; und, pen_372.010 wegen der Regel von der Einförmigkeit, pen_372.011 nicht bloß Eine Eigenschaft in ihrem höchsten pen_372.012 Grade geschildert werden. Aber jene pen_372.013 erhabne Harmonie aller Neigungen der pen_372.014 Seele, jene totale Vollkommenheit, die pen_372.015 aus dem richtigsten Verhältniß aller ihrer pen_372.016 Eigenschaften entspringt, und die das eigentliche pen_372.017 Ideal ihrer Natur ist; sollte nicht pen_372.018 die eben so den dichterischschönsten als pen_372.019 den philosophischbesten Charakter geben? pen_372.020   Selbst die scharfsinnigsten Vertheidiger

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription. (2015-09-30T09:54:39Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: nicht übernommen; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): wie Vorlage; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: nicht übernommen; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/engel_poetik_1806
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/engel_poetik_1806/415
Zitationshilfe: Engel, Johann Jakob: Engel's Theorie der Dichtungsarten. In: J. J. Engels Schriften. Elfter Band: Poetik. Berlin, 1806, S. 372. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/engel_poetik_1806/415>, abgerufen am 22.11.2024.