pen_377.001 gegen die kälteste, ruhigste, pen_377.002 grundloseste Bosheit, gelten noch andere pen_377.003 Gründe, die es dem Dichter durchaus widerrathen, pen_377.004 sie der moralischen Schönheit pen_377.005 gegenüber zu stellen. Eine solche Bosheit pen_377.006 ist dem Verstande so abgeschmackt, als pen_377.007 dem Herzen abscheulich: sie ist daher pen_377.008 auch völlig undichterisch; denn Ideen, pen_377.009 die man weder denken kann noch denken pen_377.010 mag, können unmöglich lebhaft werden. pen_377.011 Und was für Wirkung wird es selbst pen_377.012 für die Schönheit haben können, wenn pen_377.013 der Dichter sie mit der häßlichsten, ekelhaftesten pen_377.014 Fratze zusammenbringt, in der pen_377.015 sich kaum noch entfernte Züge der Menschheit pen_377.016 finden? Keine sichrer, als daß wir, pen_377.017 über den Ekel vor der Fratze, auch die pen_377.018 Schönheit nicht sehen mögen. - Kurz: pen_377.019 die höchste dichterische Wirkung wird pen_377.020 nie durch das Höchste in den Charakteren
pen_377.001 gegen die kälteste, ruhigste, pen_377.002 grundloseste Bosheit, gelten noch andere pen_377.003 Gründe, die es dem Dichter durchaus widerrathen, pen_377.004 sie der moralischen Schönheit pen_377.005 gegenüber zu stellen. Eine solche Bosheit pen_377.006 ist dem Verstande so abgeschmackt, als pen_377.007 dem Herzen abscheulich: sie ist daher pen_377.008 auch völlig undichterisch; denn Ideen, pen_377.009 die man weder denken kann noch denken pen_377.010 mag, können unmöglich lebhaft werden. pen_377.011 Und was für Wirkung wird es selbst pen_377.012 für die Schönheit haben können, wenn pen_377.013 der Dichter sie mit der häßlichsten, ekelhaftesten pen_377.014 Fratze zusammenbringt, in der pen_377.015 sich kaum noch entfernte Züge der Menschheit pen_377.016 finden? Keine sichrer, als daß wir, pen_377.017 über den Ekel vor der Fratze, auch die pen_377.018 Schönheit nicht sehen mögen. – Kurz: pen_377.019 die höchste dichterische Wirkung wird pen_377.020 nie durch das Höchste in den Charakteren
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0420"n="377"/><lbn="pen_377.001"/>
gegen die kälteste, ruhigste, <lbn="pen_377.002"/>
grundloseste Bosheit, gelten noch andere <lbn="pen_377.003"/>
Gründe, die es dem Dichter durchaus widerrathen, <lbn="pen_377.004"/>
sie der moralischen Schönheit <lbn="pen_377.005"/>
gegenüber zu stellen. Eine solche Bosheit <lbn="pen_377.006"/>
ist dem Verstande so abgeschmackt, als <lbn="pen_377.007"/>
dem Herzen abscheulich: sie ist daher <lbn="pen_377.008"/>
auch völlig undichterisch; denn Ideen, <lbn="pen_377.009"/>
die man weder denken kann noch denken <lbn="pen_377.010"/>
mag, können unmöglich lebhaft werden. <lbn="pen_377.011"/>
Und was für Wirkung wird es selbst <lbn="pen_377.012"/>
für die Schönheit haben können, wenn <lbn="pen_377.013"/>
der Dichter sie mit der häßlichsten, ekelhaftesten <lbn="pen_377.014"/>
Fratze zusammenbringt, in der <lbn="pen_377.015"/>
sich kaum noch entfernte Züge der Menschheit <lbn="pen_377.016"/>
finden? Keine sichrer, als daß wir, <lbn="pen_377.017"/>
über den Ekel vor der Fratze, auch die <lbn="pen_377.018"/>
Schönheit nicht sehen mögen. – Kurz: <lbn="pen_377.019"/>
die höchste dichterische Wirkung wird <lbn="pen_377.020"/>
nie durch das Höchste in den Charakteren
</p></div></body></text></TEI>
[377/0420]
pen_377.001
gegen die kälteste, ruhigste, pen_377.002
grundloseste Bosheit, gelten noch andere pen_377.003
Gründe, die es dem Dichter durchaus widerrathen, pen_377.004
sie der moralischen Schönheit pen_377.005
gegenüber zu stellen. Eine solche Bosheit pen_377.006
ist dem Verstande so abgeschmackt, als pen_377.007
dem Herzen abscheulich: sie ist daher pen_377.008
auch völlig undichterisch; denn Ideen, pen_377.009
die man weder denken kann noch denken pen_377.010
mag, können unmöglich lebhaft werden. pen_377.011
Und was für Wirkung wird es selbst pen_377.012
für die Schönheit haben können, wenn pen_377.013
der Dichter sie mit der häßlichsten, ekelhaftesten pen_377.014
Fratze zusammenbringt, in der pen_377.015
sich kaum noch entfernte Züge der Menschheit pen_377.016
finden? Keine sichrer, als daß wir, pen_377.017
über den Ekel vor der Fratze, auch die pen_377.018
Schönheit nicht sehen mögen. – Kurz: pen_377.019
die höchste dichterische Wirkung wird pen_377.020
nie durch das Höchste in den Charakteren
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription.
(2015-09-30T09:54:39Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination
Weitere Informationen:
Bogensignaturen: keine Angabe;
Druckfehler: keine Angabe;
fremdsprachliches Material: gekennzeichnet;
Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;
Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage;
i/j in Fraktur: wie Vorlage;
I/J in Fraktur: wie Vorlage;
Kolumnentitel: nicht übernommen;
Kustoden: nicht übernommen;
langes s (ſ): wie Vorlage;
Normalisierungen: keine;
rundes r (ꝛ): wie Vorlage;
Seitenumbrüche markiert: ja;
Silbentrennung: nicht übernommen;
u/v bzw. U/V: wie Vorlage;
Vokale mit übergest. e: wie Vorlage;
Vollständigkeit: vollständig erfasst;
Zeichensetzung: wie Vorlage;
Zeilenumbrüche markiert: ja;
Engel, Johann Jakob: Engel's Theorie der Dichtungsarten. In: J. J. Engels Schriften. Elfter Band: Poetik. Berlin, 1806, S. 377. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/engel_poetik_1806/420>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.