Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Erbkam, Georg Gustav: Tagebuch meiner egyptischen Reise. Teil 3. Ägypten, 1844-1845.

Bild:
<< vorherige Seite

dert, der sehr freundlich ist. Er steht in seinem 76ten Jahre und hat nun schon 7mal ganz allein die Reise nach Jerusalem von Lyon, seiner Vaterstadt aus, gemacht! Er geht nun über Malta nach Rom, wo ich ihn vielleicht wiedertreffe. Dann mit einigen Umwegen durch die Straßen zum Gasthof zurück. Unmasse junger und recht hübscher Mädchen vor den Häusern sitzend und mit ihren schwarzen Augen, wie Kohlen, Freier ansehend, dabei nett gekleidet, oft ein wenig geschminkt. Die Einrichtung der Häuser sehr geschmackvoll; reizende Vestibüle, Arkaden, Colonnaden selbst um den kleinsten Hofraum; gewissermaßen lauter kleine Landhäuser in die Stadt gesetzt. - Die Stadt hat viel mehr ein europäisches als asiatisches Ansehn. Immer erneuter Ärger über die geckenhaft geputzten eitlen Griechen, die dabei meist nichtsthuend in den Cafe's sitzen. - Abends auf meiner Stube mit Georgi mich über Rom unterhalten. - Um 1/2 10 zu Bett.

Sonnabend den 27ten September 1845. Vormittags Tagebuch geschrieben, dann Besuch von Dr. Schulz; nach 10 Uhr unser Dejeuner. Mittag Besuch von Pezzer. Um 2 Uhr kommt wieder Schulz und wir bleiben bis zu unsrer Abfahrt von Smyrna um 4 Uhr Nachmittags zusammen. Um diese Zeit vom Gasthof zum Dampfschiff hinübergefahren, was um 5 Uhr den Anker lichtet. Es ist wieder voll gepfropft mit unsern früheren Soldaten, Juden etc. etc., so daß kaum Platz zum Treten bleibt; der Name des Schiffes ist Machmadie, Captain Wranowitsch, ein sehr freundlicher Mann, wie auch die beiden Lieutenants. Fröhlich fahren wir aus der schönen Bucht von Smyrna heraus, begrüßen noch einmal unsre alte Quarantäne von weitem, dann geht es am Castell vorbei, bis die Dunkelheit uns die Küsten entzieht. Nach einem Gewitter in der vergangenen Nacht ist es heut Abend empfindlich kühl, so daß wir den Abend nicht oben aushalten. Ich lese in unsrer Cajüte aus Hammer's Lebensbeschreibung Orientalischer Herrscher, namentlich aus des Propheten Mohammeds Leben bis 10 Uhr.

Sonntag den 28ten September 1845. Ein herrlicher, genußreicher, aber kalter Tag. Ich finde gegen Morgen das Deck noch viel voller als gestern. An 30 - 40 junge Sklavinnen (von Tunis) sind in der Nacht bei unserem Landen in Mytilene (Lesbos) aufgenommen worden, und so sind wir, die 1te Klasse, denn mit unsrem Spatziergang auf die Brücke des Capitän's beschränkt. Früh war uns das Cap Baba im Gesicht, vor dessen nicht sehr bedeutender Stadt wir 10 Minuten halten. Nun kamen wir, uns dicht an der Küste Kleinasiens haltend, an den gegen früher viel nie-

dert, der sehr freundlich ist. Er steht in seinem 76ten Jahre und hat nun schon 7mal ganz allein die Reise nach Jerusalem von Lyon, seiner Vaterstadt aus, gemacht! Er geht nun über Malta nach Rom, wo ich ihn vielleicht wiedertreffe. Dann mit einigen Umwegen durch die Straßen zum Gasthof zurück. Unmasse junger und recht hübscher Mädchen vor den Häusern sitzend und mit ihren schwarzen Augen, wie Kohlen, Freier ansehend, dabei nett gekleidet, oft ein wenig geschminkt. Die Einrichtung der Häuser sehr geschmackvoll; reizende Vestibüle, Arkaden, Colonnaden selbst um den kleinsten Hofraum; gewissermaßen lauter kleine Landhäuser in die Stadt gesetzt. - Die Stadt hat viel mehr ein europäisches als asiatisches Ansehn. Immer erneuter Ärger über die geckenhaft geputzten eitlen Griechen, die dabei meist nichtsthuend in den Café’s sitzen. - Abends auf meiner Stube mit Georgi mich über Rom unterhalten. - Um ½ 10 zu Bett.

Sonnabend den 27ten September 1845. Vormittags Tagebuch geschrieben, dann Besuch von Dr. Schulz; nach 10 Uhr unser Dejeuner. Mittag Besuch von Pezzer. Um 2 Uhr kommt wieder Schulz und wir bleiben bis zu unsrer Abfahrt von Smyrna um 4 Uhr Nachmittags zusammen. Um diese Zeit vom Gasthof zum Dampfschiff hinübergefahren, was um 5 Uhr den Anker lichtet. Es ist wieder voll gepfropft mit unsern früheren Soldaten, Juden etc. etc., so daß kaum Platz zum Treten bleibt; der Name des Schiffes ist Machmadie, Captain Wranowitsch, ein sehr freundlicher Mann, wie auch die beiden Lieutenants. Fröhlich fahren wir aus der schönen Bucht von Smyrna heraus, begrüßen noch einmal unsre alte Quarantäne von weitem, dann geht es am Castell vorbei, bis die Dunkelheit uns die Küsten entzieht. Nach einem Gewitter in der vergangenen Nacht ist es heut Abend empfindlich kühl, so daß wir den Abend nicht oben aushalten. Ich lese in unsrer Cajüte aus Hammer’s Lebensbeschreibung Orientalischer Herrscher, namentlich aus des Propheten Mohammeds Leben bis 10 Uhr.

Sonntag den 28ten September 1845. Ein herrlicher, genußreicher, aber kalter Tag. Ich finde gegen Morgen das Deck noch viel voller als gestern. An 30 - 40 junge Sklavinnen (von Tunis) sind in der Nacht bei unserem Landen in Mytilene (Lesbos) aufgenommen worden, und so sind wir, die 1te Klasse, denn mit unsrem Spatziergang auf die Brücke des Capitän’s beschränkt. Früh war uns das Cap Baba im Gesicht, vor dessen nicht sehr bedeutender Stadt wir 10 Minuten halten. Nun kamen wir, uns dicht an der Küste Kleinasiens haltend, an den gegen früher viel nie-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0104" n="103"/>
dert, der sehr freundlich                         ist. Er steht in <choice><abbr>s</abbr><expan>seinem</expan></choice> 76ten Jahre <choice><abbr>d</abbr><expan>und</expan></choice> hat nun schon 7mal ganz allein die Reise nach <placeName><choice><abbr>Jerus</abbr><expan>Jerusalem</expan></choice></placeName>                         <choice><abbr>v</abbr><expan>von</expan></choice>                         <placeName>Lyon</placeName>, seiner Vaterstadt aus, gemacht! Er geht nun                         über <placeName>Malta</placeName> nach <placeName>Rom</placeName>, wo ich                         ihn vielleicht wiedertreffe. Dann mit einigen Umwegen durch die Straßen zum                         Gasthof zurück. Unmasse junger <choice><abbr>d</abbr><expan>und</expan></choice> recht hübscher Mädchen vor den Häusern sitzend <choice><abbr>d</abbr><expan>und</expan></choice> mit ihren schwarzen Augen, wie Kohlen, Freier ansehend, dabei nett                         gekleidet, oft ein wenig geschminkt. Die Einrichtung der Häuser sehr                         geschmackvoll; reizende Vestibüle, Arkaden, Colonnaden selbst um den                         kleinsten Hofraum; gewissermaßen lauter kleine Landhäuser in <choice><abbr>d</abbr><expan>die</expan></choice> Stadt gesetzt. - Die Stadt hat viel mehr ein europäisches als <choice><abbr>asiat</abbr><expan>asiatisches</expan></choice> Ansehn. Immer erneuter Ärger über die geckenhaft geputzten eitlen                         Griechen, die dabei meist nichtsthuend in den Café&#x2019;s sitzen. - Abends auf <choice><abbr>m</abbr><expan>meiner</expan></choice> Stube mit <persName>Georgi</persName> mich über                             <placeName>Rom</placeName> unterhalten. - Um ½ 10 zu Bett. </p>
        </div>
        <div n="2">
          <p><date when="1845-09-27"><hi rendition="#u">Sonnabend <choice><abbr>d</abbr><expan>den</expan></choice> 27ten <choice><abbr>Sept</abbr><expan>September</expan></choice> 1845</hi></date>. <choice><abbr>Vorm</abbr><expan>Vormittags</expan></choice> Tagebuch geschrieben, dann Besuch von Dr.                             <persName>Schulz</persName>; nach 10 Uhr unser Dejeuner. Mittag Besuch                         von <persName>Pezzer</persName>. Um 2 Uhr kommt wieder                             <persName>Schulz</persName>                         <choice><abbr>d</abbr><expan>und</expan></choice> wir bleiben bis zu unsrer Abfahrt von                             <placeName>Smyrna</placeName> um 4 Uhr <choice><abbr>Nachm</abbr><expan>Nachmittags</expan></choice> zusammen. Um diese Zeit vom Gasthof zum Dampfschiff                         hinübergefahren, was um 5 Uhr den Anker lichtet. Es ist wieder voll                         gepfropft mit unsern früheren Soldaten, Juden etc. etc., so daß kaum Platz                         zum Treten bleibt; der Name des Schiffes ist <persName>Machmadie</persName>, <choice><abbr>Capt</abbr><expan>Captain</expan></choice>                         <persName>Wranowitsch</persName>, ein sehr freundlicher Mann, wie auch die                         beiden Lieutenants. Fröhlich fahren wir aus der schönen Bucht <choice><abbr>v</abbr><expan>von</expan></choice>                         <placeName>Smyrna</placeName> heraus, begrüßen noch einmal unsre alte                         Quarantäne <choice><abbr>v</abbr><expan>von</expan></choice> weitem, dann geht es am Castell vorbei, bis die Dunkelheit uns die                         Küsten entzieht. Nach einem Gewitter in <choice><abbr>d</abbr><expan>der</expan></choice> vergangenen Nacht ist es heut Abend empfindlich kühl, so daß wir                         den Abend nicht oben aushalten. Ich lese in unsrer Cajüte aus                             <persName>Hammer</persName>&#x2019;s <choice><abbr>Lebensbeschr</abbr><expan>Lebensbeschreibung</expan></choice>                         <choice><abbr>Orient</abbr><expan>Orientalischer</expan></choice> Herrscher, namentlich aus des Propheten                             <persName>Mohammed</persName>s Leben bis 10 Uhr. </p>
        </div>
        <div n="2">
          <p><date when="1845-09-28"><hi rendition="#u">Sonntag <choice><abbr>d</abbr><expan>den</expan></choice> 28ten <choice><abbr>Sept</abbr><expan>September</expan></choice> 1845</hi></date>. Ein herrlicher, genußreicher, aber                         kalter Tag. Ich finde gegen Morgen das Deck noch viel voller als gestern. An                         30 - 40 junge Sklavinnen (<choice><abbr>v</abbr><expan>von</expan></choice>                         <placeName>Tunis</placeName>) sind in <choice><abbr>d</abbr><expan>der</expan></choice> Nacht bei unserem Landen in <placeName>Mytilene</placeName>                             (<placeName>Lesbos</placeName>) aufgenommen worden, <choice><sic>nd</sic><corr>und</corr></choice> so sind wir, die 1te Klasse, denn mit unsrem Spatziergang auf die                         Brücke des Capitän&#x2019;s beschränkt. Früh war uns das <placeName>Cap                             Baba</placeName> im Gesicht, vor dessen nicht sehr bedeutender Stadt wir                         10 <choice><abbr>Min</abbr><expan>Minuten</expan></choice> halten. Nun kamen wir, uns dicht an der Küste Kleinasiens haltend,                         an den gegen früher viel nie-
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[103/0104] dert, der sehr freundlich ist. Er steht in s 76ten Jahre d hat nun schon 7mal ganz allein die Reise nach Jerus v Lyon, seiner Vaterstadt aus, gemacht! Er geht nun über Malta nach Rom, wo ich ihn vielleicht wiedertreffe. Dann mit einigen Umwegen durch die Straßen zum Gasthof zurück. Unmasse junger d recht hübscher Mädchen vor den Häusern sitzend d mit ihren schwarzen Augen, wie Kohlen, Freier ansehend, dabei nett gekleidet, oft ein wenig geschminkt. Die Einrichtung der Häuser sehr geschmackvoll; reizende Vestibüle, Arkaden, Colonnaden selbst um den kleinsten Hofraum; gewissermaßen lauter kleine Landhäuser in d Stadt gesetzt. - Die Stadt hat viel mehr ein europäisches als asiat Ansehn. Immer erneuter Ärger über die geckenhaft geputzten eitlen Griechen, die dabei meist nichtsthuend in den Café’s sitzen. - Abends auf m Stube mit Georgi mich über Rom unterhalten. - Um ½ 10 zu Bett. Sonnabend d 27ten Sept 1845. Vorm Tagebuch geschrieben, dann Besuch von Dr. Schulz; nach 10 Uhr unser Dejeuner. Mittag Besuch von Pezzer. Um 2 Uhr kommt wieder Schulz d wir bleiben bis zu unsrer Abfahrt von Smyrna um 4 Uhr Nachm zusammen. Um diese Zeit vom Gasthof zum Dampfschiff hinübergefahren, was um 5 Uhr den Anker lichtet. Es ist wieder voll gepfropft mit unsern früheren Soldaten, Juden etc. etc., so daß kaum Platz zum Treten bleibt; der Name des Schiffes ist Machmadie, Capt Wranowitsch, ein sehr freundlicher Mann, wie auch die beiden Lieutenants. Fröhlich fahren wir aus der schönen Bucht v Smyrna heraus, begrüßen noch einmal unsre alte Quarantäne v weitem, dann geht es am Castell vorbei, bis die Dunkelheit uns die Küsten entzieht. Nach einem Gewitter in d vergangenen Nacht ist es heut Abend empfindlich kühl, so daß wir den Abend nicht oben aushalten. Ich lese in unsrer Cajüte aus Hammer’s Lebensbeschr Orient Herrscher, namentlich aus des Propheten Mohammeds Leben bis 10 Uhr. Sonntag d 28ten Sept 1845. Ein herrlicher, genußreicher, aber kalter Tag. Ich finde gegen Morgen das Deck noch viel voller als gestern. An 30 - 40 junge Sklavinnen (v Tunis) sind in d Nacht bei unserem Landen in Mytilene (Lesbos) aufgenommen worden, und so sind wir, die 1te Klasse, denn mit unsrem Spatziergang auf die Brücke des Capitän’s beschränkt. Früh war uns das Cap Baba im Gesicht, vor dessen nicht sehr bedeutender Stadt wir 10 Min halten. Nun kamen wir, uns dicht an der Küste Kleinasiens haltend, an den gegen früher viel nie-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW): Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML. (2013-04-11T11:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus der Quelle entsprechen muss.
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW): Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-04-11T11:54:31Z)
: Transkription des Originals. (2013-04-11T11:54:31Z)
Frederike Neuber: Konvertierung nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2013-04-11T11:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Zeilenumbrüche wurden nicht markiert.
  • Seitenumbrüche wurden beibehalten
  • Tilgungen und Einfügungen wurden nicht markiert.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/erbkam_tagebuch03_1844
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/erbkam_tagebuch03_1844/104
Zitationshilfe: Erbkam, Georg Gustav: Tagebuch meiner egyptischen Reise. Teil 3. Ägypten, 1844-1845, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/erbkam_tagebuch03_1844/104>, abgerufen am 24.11.2024.