dieses Uebel, welches von den Ueberschwemmun- gen des Mississippi und dem feuchten Boden her- rührt, bessert nach und nach die Zeit. Man hat bemerkt, daß von Jahr zu Jahr dieses Thal theils mehr abtrocknet, theils auch gegenwärtig vom Flusse nur selten, und nur an den niedern Stel- len überschwemmt wird. Seit 30 Jahren ist Kaskaskia nicht mehr überschwemmt worden. -- In der katholischen Kirche daselbst fand ich eine ziemlich zahlreiche Gemeine versammelt. Des junge wohlgebildete Prediger erbauete in Franzö- sischer Sprache mit einer so seltenen Wohlredenheit und einer so schönen Aussprache, daß ich mich höchlich darüber wunderte, weil mir dergleichen ganz unerwartet gewesen war.
Nachmittags hatte ich die Ehre, beim Herrn Gouverneur Bond zum Thee eingeladen zu wer- den, wo ich zum erstenmale in der neuen Welt mich in eine Gesellschaft vornehmer Damen ver- setzt sah. Man bewies mir allgemein eine große Aufmerksamkeit und zuvorkommende Güte. Das, was dem Fremden, mit der Landessprache und den Sitten gewöhnlich zu wenig Vertrauten, sehr angenehm zu Statten kommt, ist die Verbannung aller sogenannten Etiquette und unnöthigen Com- plimente aus höhern und niedern Gesellschaften.
dieſes Uebel, welches von den Ueberſchwemmun- gen des Miſſiſſippi und dem feuchten Boden her- ruͤhrt, beſſert nach und nach die Zeit. Man hat bemerkt, daß von Jahr zu Jahr dieſes Thal theils mehr abtrocknet, theils auch gegenwaͤrtig vom Fluſſe nur ſelten, und nur an den niedern Stel- len uͤberſchwemmt wird. Seit 30 Jahren iſt Kaskaskia nicht mehr uͤberſchwemmt worden. — In der katholiſchen Kirche daſelbſt fand ich eine ziemlich zahlreiche Gemeine verſammelt. Des junge wohlgebildete Prediger erbauete in Franzoͤ- ſiſcher Sprache mit einer ſo ſeltenen Wohlredenheit und einer ſo ſchoͤnen Ausſprache, daß ich mich hoͤchlich daruͤber wunderte, weil mir dergleichen ganz unerwartet geweſen war.
Nachmittags hatte ich die Ehre, beim Herrn Gouverneur Bond zum Thee eingeladen zu wer- den, wo ich zum erſtenmale in der neuen Welt mich in eine Geſellſchaft vornehmer Damen ver- ſetzt ſah. Man bewies mir allgemein eine große Aufmerkſamkeit und zuvorkommende Guͤte. Das, was dem Fremden, mit der Landesſprache und den Sitten gewoͤhnlich zu wenig Vertrauten, ſehr angenehm zu Statten kommt, iſt die Verbannung aller ſogenannten Etiquette und unnoͤthigen Com- plimente aus hoͤhern und niedern Geſellſchaften.
<TEI><text><body><divn="1"><divtype="diaryEntry"n="2"><p><pbfacs="#f0074"n="60"/>
dieſes Uebel, welches von den Ueberſchwemmun-<lb/>
gen des Miſſiſſippi und dem feuchten Boden her-<lb/>
ruͤhrt, beſſert nach und nach die Zeit. Man hat<lb/>
bemerkt, daß von Jahr zu Jahr dieſes Thal theils<lb/>
mehr abtrocknet, theils auch gegenwaͤrtig vom<lb/>
Fluſſe nur ſelten, und nur an den niedern Stel-<lb/>
len uͤberſchwemmt wird. Seit 30 Jahren iſt<lb/>
Kaskaskia nicht mehr uͤberſchwemmt worden. —<lb/>
In der katholiſchen Kirche daſelbſt fand ich eine<lb/>
ziemlich zahlreiche Gemeine verſammelt. Des<lb/>
junge wohlgebildete Prediger erbauete in Franzoͤ-<lb/>ſiſcher Sprache mit einer ſo ſeltenen Wohlredenheit<lb/>
und einer ſo ſchoͤnen Ausſprache, daß ich mich<lb/>
hoͤchlich daruͤber wunderte, weil mir dergleichen<lb/>
ganz unerwartet geweſen war.</p><lb/><p>Nachmittags hatte ich die Ehre, beim Herrn<lb/>
Gouverneur <hirendition="#g">Bond</hi> zum Thee eingeladen zu wer-<lb/>
den, wo ich zum erſtenmale in der neuen Welt<lb/>
mich in eine Geſellſchaft vornehmer Damen ver-<lb/>ſetzt ſah. Man bewies mir allgemein eine große<lb/>
Aufmerkſamkeit und zuvorkommende Guͤte. Das,<lb/>
was dem Fremden, mit der Landesſprache und<lb/>
den Sitten gewoͤhnlich zu wenig Vertrauten, ſehr<lb/>
angenehm zu Statten kommt, iſt die Verbannung<lb/>
aller ſogenannten Etiquette und unnoͤthigen Com-<lb/>
plimente aus hoͤhern und niedern Geſellſchaften.<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[60/0074]
dieſes Uebel, welches von den Ueberſchwemmun-
gen des Miſſiſſippi und dem feuchten Boden her-
ruͤhrt, beſſert nach und nach die Zeit. Man hat
bemerkt, daß von Jahr zu Jahr dieſes Thal theils
mehr abtrocknet, theils auch gegenwaͤrtig vom
Fluſſe nur ſelten, und nur an den niedern Stel-
len uͤberſchwemmt wird. Seit 30 Jahren iſt
Kaskaskia nicht mehr uͤberſchwemmt worden. —
In der katholiſchen Kirche daſelbſt fand ich eine
ziemlich zahlreiche Gemeine verſammelt. Des
junge wohlgebildete Prediger erbauete in Franzoͤ-
ſiſcher Sprache mit einer ſo ſeltenen Wohlredenheit
und einer ſo ſchoͤnen Ausſprache, daß ich mich
hoͤchlich daruͤber wunderte, weil mir dergleichen
ganz unerwartet geweſen war.
Nachmittags hatte ich die Ehre, beim Herrn
Gouverneur Bond zum Thee eingeladen zu wer-
den, wo ich zum erſtenmale in der neuen Welt
mich in eine Geſellſchaft vornehmer Damen ver-
ſetzt ſah. Man bewies mir allgemein eine große
Aufmerkſamkeit und zuvorkommende Guͤte. Das,
was dem Fremden, mit der Landesſprache und
den Sitten gewoͤhnlich zu wenig Vertrauten, ſehr
angenehm zu Statten kommt, iſt die Verbannung
aller ſogenannten Etiquette und unnoͤthigen Com-
plimente aus hoͤhern und niedern Geſellſchaften.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Ernst, Ferdinand: Bemerkungen auf einer Reise durch das Innere der vereinigten Staaten von Nord-Amerika im Jahre 1819. Hildesheim, 1820, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ernst_nordamerika_1820/74>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.