Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ernst, Ferdinand: Bemerkungen auf einer Reise durch das Innere der vereinigten Staaten von Nord-Amerika im Jahre 1819. Hildesheim, 1820.

Bild:
<< vorherige Seite

Noch ist zu berücksichtigen, daß er hier einer
der freien Bürger des freiesten Staats ist; seine
Verhältnisse sind durch die weisesten Gesetze auf
das genaueste bestimmt; ihm und seinen Kindern
steht der Weg zu den höchsten Würden des Staats
offen; nur Tugend, Verdienst und Würdigkeit,
nicht Geld oder Geburt, sind die Mittel, um
zu ihnen zu gelangen.

So weit meine Ansichten über diesen Gegen-
stand. -- -- Ich fahre in meinen Reiseberichten fort.

In der Mitte der oben erwähnten, 24 Mei-
len im Durchmesser enthaltenden Prairie, brach
an meinem Wagen eine Achse, wodurch ich in
nicht geringe Verlegenheit gerieth. Die berittenen
Reisegesellschafter konnten mir nicht helfen und
mußten mich verlassen; aber zwei Fußgänger, wel-
che von Baltimore her auf diese Art die Reise
gemacht hatten, waren mir thätige Helfer in der
Noth. Sie gingen 3 Meilen wieder zurück, um
einen Baumstamm zu holen, welchen wir dort am
Wege liegen gesehen hatten. Mit vieler Mühe
brachten wir alsdann den Wagen bis zum näch-
sten Hause. Diese braven Amerikaner vergalten
mir Böses mit Gutem; sie waren bisher schon
lange in unserer Gesellschaft gewesen, und bei der
Durchfahrt eines Flusses hatte ich es ihnen nicht
erlauben wollen, sich auf meinen Wagen zu setzen.

Noch iſt zu beruͤckſichtigen, daß er hier einer
der freien Buͤrger des freieſten Staats iſt; ſeine
Verhaͤltniſſe ſind durch die weiſeſten Geſetze auf
das genaueſte beſtimmt; ihm und ſeinen Kindern
ſteht der Weg zu den hoͤchſten Wuͤrden des Staats
offen; nur Tugend, Verdienſt und Wuͤrdigkeit,
nicht Geld oder Geburt, ſind die Mittel, um
zu ihnen zu gelangen.

So weit meine Anſichten uͤber dieſen Gegen-
ſtand. — — Ich fahre in meinen Reiſeberichten fort.

In der Mitte der oben erwaͤhnten, 24 Mei-
len im Durchmeſſer enthaltenden Prairie, brach
an meinem Wagen eine Achſe, wodurch ich in
nicht geringe Verlegenheit gerieth. Die berittenen
Reiſegeſellſchafter konnten mir nicht helfen und
mußten mich verlaſſen; aber zwei Fußgaͤnger, wel-
che von Baltimore her auf dieſe Art die Reiſe
gemacht hatten, waren mir thaͤtige Helfer in der
Noth. Sie gingen 3 Meilen wieder zuruͤck, um
einen Baumſtamm zu holen, welchen wir dort am
Wege liegen geſehen hatten. Mit vieler Muͤhe
brachten wir alsdann den Wagen bis zum naͤch-
ſten Hauſe. Dieſe braven Amerikaner vergalten
mir Boͤſes mit Gutem; ſie waren bisher ſchon
lange in unſerer Geſellſchaft geweſen, und bei der
Durchfahrt eines Fluſſes hatte ich es ihnen nicht
erlauben wollen, ſich auf meinen Wagen zu ſetzen.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div type="diaryEntry" n="2">
          <pb facs="#f0098" n="84"/>
          <p>Noch i&#x017F;t zu beru&#x0364;ck&#x017F;ichtigen, daß er hier einer<lb/>
der freien Bu&#x0364;rger des freie&#x017F;ten Staats i&#x017F;t; &#x017F;eine<lb/>
Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e &#x017F;ind durch die wei&#x017F;e&#x017F;ten Ge&#x017F;etze auf<lb/>
das genaue&#x017F;te be&#x017F;timmt; ihm und &#x017F;einen Kindern<lb/>
&#x017F;teht der Weg zu den ho&#x0364;ch&#x017F;ten Wu&#x0364;rden des Staats<lb/>
offen; nur Tugend, Verdien&#x017F;t und Wu&#x0364;rdigkeit,<lb/>
nicht Geld oder Geburt, &#x017F;ind die Mittel, um<lb/>
zu ihnen zu gelangen.</p><lb/>
          <p>So weit meine An&#x017F;ichten u&#x0364;ber die&#x017F;en Gegen-<lb/>
&#x017F;tand. &#x2014; &#x2014; Ich fahre in meinen Rei&#x017F;eberichten fort.</p><lb/>
          <p>In der Mitte der oben erwa&#x0364;hnten, 24 Mei-<lb/>
len im Durchme&#x017F;&#x017F;er enthaltenden Prairie, brach<lb/>
an meinem Wagen eine Ach&#x017F;e, wodurch ich in<lb/>
nicht geringe Verlegenheit gerieth. Die berittenen<lb/>
Rei&#x017F;ege&#x017F;ell&#x017F;chafter konnten mir nicht helfen und<lb/>
mußten mich verla&#x017F;&#x017F;en; aber zwei Fußga&#x0364;nger, wel-<lb/>
che von Baltimore her auf die&#x017F;e Art die Rei&#x017F;e<lb/>
gemacht hatten, waren mir tha&#x0364;tige Helfer in der<lb/>
Noth. Sie gingen 3 Meilen wieder zuru&#x0364;ck, um<lb/>
einen Baum&#x017F;tamm zu holen, welchen wir dort am<lb/>
Wege liegen ge&#x017F;ehen hatten. Mit vieler Mu&#x0364;he<lb/>
brachten wir alsdann den Wagen bis zum na&#x0364;ch-<lb/>
&#x017F;ten Hau&#x017F;e. Die&#x017F;e braven Amerikaner vergalten<lb/>
mir Bo&#x0364;&#x017F;es mit Gutem; &#x017F;ie waren bisher &#x017F;chon<lb/>
lange in un&#x017F;erer Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft gewe&#x017F;en, und bei der<lb/>
Durchfahrt eines Flu&#x017F;&#x017F;es hatte ich es ihnen nicht<lb/>
erlauben wollen, &#x017F;ich auf meinen Wagen zu &#x017F;etzen.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[84/0098] Noch iſt zu beruͤckſichtigen, daß er hier einer der freien Buͤrger des freieſten Staats iſt; ſeine Verhaͤltniſſe ſind durch die weiſeſten Geſetze auf das genaueſte beſtimmt; ihm und ſeinen Kindern ſteht der Weg zu den hoͤchſten Wuͤrden des Staats offen; nur Tugend, Verdienſt und Wuͤrdigkeit, nicht Geld oder Geburt, ſind die Mittel, um zu ihnen zu gelangen. So weit meine Anſichten uͤber dieſen Gegen- ſtand. — — Ich fahre in meinen Reiſeberichten fort. In der Mitte der oben erwaͤhnten, 24 Mei- len im Durchmeſſer enthaltenden Prairie, brach an meinem Wagen eine Achſe, wodurch ich in nicht geringe Verlegenheit gerieth. Die berittenen Reiſegeſellſchafter konnten mir nicht helfen und mußten mich verlaſſen; aber zwei Fußgaͤnger, wel- che von Baltimore her auf dieſe Art die Reiſe gemacht hatten, waren mir thaͤtige Helfer in der Noth. Sie gingen 3 Meilen wieder zuruͤck, um einen Baumſtamm zu holen, welchen wir dort am Wege liegen geſehen hatten. Mit vieler Muͤhe brachten wir alsdann den Wagen bis zum naͤch- ſten Hauſe. Dieſe braven Amerikaner vergalten mir Boͤſes mit Gutem; ſie waren bisher ſchon lange in unſerer Geſellſchaft geweſen, und bei der Durchfahrt eines Fluſſes hatte ich es ihnen nicht erlauben wollen, ſich auf meinen Wagen zu ſetzen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ernst_nordamerika_1820
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ernst_nordamerika_1820/98
Zitationshilfe: Ernst, Ferdinand: Bemerkungen auf einer Reise durch das Innere der vereinigten Staaten von Nord-Amerika im Jahre 1819. Hildesheim, 1820, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ernst_nordamerika_1820/98>, abgerufen am 18.05.2024.