Eschstruth, Nataly von: Katz' und Maus. Berlin, 1886.Die Herrscherin, beherrscht mit süßen Fesseln!"
So scherzte Frau Sophie und drehte Nella Mit Kennerblick nach rechts und links, dieweilen Ein leises Kichern durch die Halle raunte, Und manches Haupt der Herrin Beifall nickt'. Dann führten auf Befehl der hohen Frau Zwei Edelfräulein und zwei Dienerinnen Den holden Gast in trauliche Kemenate, Auf daß der Page sich zur Jungfrau wandle Und sanfter Ruhe pflege nach dem Ritt. Als Abends dann an grünumrankter Mauer, Die mit gezacktem Haupt den Abgrund grenzt, Umfriedigend das blumenreiche Gärtlein, Das längs dem Wall im Burghof hin sich zieht, Sie plaudernd schritt mit der Brabant'schen Fürstin Und Kunde gab von Treffurts Brand und Fall, Da deckten Wolken Frau Sophias Stirne, Und finster sprach sie: "Es nimmt über Hand! Ich hab' nicht Edelleute mehr im Lande, Nein, freche Raubgesell'n, die allem Recht Und dem Gesetz zum Trotz des Standes Würde Mit eig'nen Füßen treten in den Koth! O, daß ich's doch so bitter muß empfinden, Wie Weiberhand mit viel zu leichtem Druck Ohnmächtig schwach auf diesem Lande ruht, Zu leicht selbst, um das Haupt der edlen Freunde Mit mildem Wink zu beugen, wie viel mehr, Mit wucht'gem Schlag den Uebermuth zu treffen!" Und traurig sinnend, aber doch im Blick Die stolze, hohe Zuversicht der Liebe, Legt sie die Hand auf ihres Kindes Haupt, Die Herrſcherin, beherrſcht mit ſüßen Feſſeln!“
So ſcherzte Frau Sophie und drehte Nella Mit Kennerblick nach rechts und links, dieweilen Ein leiſes Kichern durch die Halle raunte, Und manches Haupt der Herrin Beifall nickt'. Dann führten auf Befehl der hohen Frau Zwei Edelfräulein und zwei Dienerinnen Den holden Gaſt in trauliche Kemenate, Auf daß der Page ſich zur Jungfrau wandle Und ſanfter Ruhe pflege nach dem Ritt. Als Abends dann an grünumrankter Mauer, Die mit gezacktem Haupt den Abgrund grenzt, Umfriedigend das blumenreiche Gärtlein, Das längs dem Wall im Burghof hin ſich zieht, Sie plaudernd ſchritt mit der Brabant'ſchen Fürſtin Und Kunde gab von Treffurts Brand und Fall, Da deckten Wolken Frau Sophias Stirne, Und finſter ſprach ſie: „Es nimmt über Hand! Ich hab' nicht Edelleute mehr im Lande, Nein, freche Raubgeſell'n, die allem Recht Und dem Geſetz zum Trotz des Standes Würde Mit eig'nen Füßen treten in den Koth! O, daß ich's doch ſo bitter muß empfinden, Wie Weiberhand mit viel zu leichtem Druck Ohnmächtig ſchwach auf dieſem Lande ruht, Zu leicht ſelbſt, um das Haupt der edlen Freunde Mit mildem Wink zu beugen, wie viel mehr, Mit wucht'gem Schlag den Uebermuth zu treffen!“ Und traurig ſinnend, aber doch im Blick Die ſtolze, hohe Zuverſicht der Liebe, Legt ſie die Hand auf ihres Kindes Haupt, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0106" n="92"/> <lg n="2"> <l>Die Herrſcherin, beherrſcht mit ſüßen Feſſeln!“</l><lb/> <l>So ſcherzte Frau Sophie und drehte Nella</l><lb/> <l>Mit Kennerblick nach rechts und links, dieweilen</l><lb/> <l>Ein leiſes Kichern durch die Halle raunte,</l><lb/> <l>Und manches Haupt der Herrin Beifall nickt'.</l><lb/> <l>Dann führten auf Befehl der hohen Frau</l><lb/> <l>Zwei Edelfräulein und zwei Dienerinnen</l><lb/> <l>Den holden Gaſt in trauliche Kemenate,</l><lb/> <l>Auf daß der Page ſich zur Jungfrau wandle</l><lb/> <l>Und ſanfter Ruhe pflege nach dem Ritt.</l><lb/> <l>Als Abends dann an grünumrankter Mauer,</l><lb/> <l>Die mit gezacktem Haupt den Abgrund grenzt,</l><lb/> <l>Umfriedigend das blumenreiche Gärtlein,</l><lb/> <l>Das längs dem Wall im Burghof hin ſich zieht,</l><lb/> <l>Sie plaudernd ſchritt mit der Brabant'ſchen Fürſtin</l><lb/> <l>Und Kunde gab von Treffurts Brand und Fall,</l><lb/> <l>Da deckten Wolken Frau Sophias Stirne,</l><lb/> <l>Und finſter ſprach ſie: „Es nimmt über Hand!</l><lb/> <l>Ich hab' nicht Edelleute mehr im Lande,</l><lb/> <l>Nein, freche Raubgeſell'n, die allem Recht</l><lb/> <l>Und dem Geſetz zum Trotz des Standes Würde</l><lb/> <l>Mit eig'nen Füßen treten in den Koth!</l><lb/> <l>O, daß ich's doch ſo bitter muß empfinden,</l><lb/> <l>Wie Weiberhand mit viel zu leichtem Druck</l><lb/> <l>Ohnmächtig ſchwach auf dieſem Lande ruht,</l><lb/> <l>Zu leicht ſelbſt, um das Haupt der edlen Freunde</l><lb/> <l>Mit mildem Wink zu beugen, wie viel mehr,</l><lb/> <l>Mit wucht'gem Schlag den Uebermuth zu treffen!“</l><lb/> <l>Und traurig ſinnend, aber doch im Blick</l><lb/> <l>Die ſtolze, hohe Zuverſicht der Liebe,</l><lb/> <l>Legt ſie die Hand auf ihres Kindes Haupt,</l><lb/> </lg> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [92/0106]
Die Herrſcherin, beherrſcht mit ſüßen Feſſeln!“
So ſcherzte Frau Sophie und drehte Nella
Mit Kennerblick nach rechts und links, dieweilen
Ein leiſes Kichern durch die Halle raunte,
Und manches Haupt der Herrin Beifall nickt'.
Dann führten auf Befehl der hohen Frau
Zwei Edelfräulein und zwei Dienerinnen
Den holden Gaſt in trauliche Kemenate,
Auf daß der Page ſich zur Jungfrau wandle
Und ſanfter Ruhe pflege nach dem Ritt.
Als Abends dann an grünumrankter Mauer,
Die mit gezacktem Haupt den Abgrund grenzt,
Umfriedigend das blumenreiche Gärtlein,
Das längs dem Wall im Burghof hin ſich zieht,
Sie plaudernd ſchritt mit der Brabant'ſchen Fürſtin
Und Kunde gab von Treffurts Brand und Fall,
Da deckten Wolken Frau Sophias Stirne,
Und finſter ſprach ſie: „Es nimmt über Hand!
Ich hab' nicht Edelleute mehr im Lande,
Nein, freche Raubgeſell'n, die allem Recht
Und dem Geſetz zum Trotz des Standes Würde
Mit eig'nen Füßen treten in den Koth!
O, daß ich's doch ſo bitter muß empfinden,
Wie Weiberhand mit viel zu leichtem Druck
Ohnmächtig ſchwach auf dieſem Lande ruht,
Zu leicht ſelbſt, um das Haupt der edlen Freunde
Mit mildem Wink zu beugen, wie viel mehr,
Mit wucht'gem Schlag den Uebermuth zu treffen!“
Und traurig ſinnend, aber doch im Blick
Die ſtolze, hohe Zuverſicht der Liebe,
Legt ſie die Hand auf ihres Kindes Haupt,
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