Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Eschstruth, Nataly von: Katz' und Maus. Berlin, 1886.

Bild:
<< vorherige Seite
Das traulich sich, in gold'ner Locken Fülle,
Ans Knie der Mutter schmiegt, und flüstert bang:
"Mein Knabe Du, mein Heinrich von Brabant,
Mög' Dich der Himmel eisern wachsen lassen,
Daß stahlgerüstet Deine Heldenhand
Das Unkraut aus dem edlen Waizen rode,
Denn diese Gau'n entbehrten lang' des Spruchs,
Der willensstark des Marksteins Grenze setzt!"
Und Sonnenpurpur floß um Kind und Mutter
Und küßte segnend Heinrichs junges Haupt,
In Glanz gebadet standen rings die Berge,
Ein Blühen, Wachsen, Treiben rings umher,
Des Sommers Segensfüllhorn war ergossen
In gold'nen Streifen über Thüringen,
Und lachend, glücklich grüßten Thal und Höhen,
Ein Wonnenland, empor zu ihrem Fürst.
So deutete auch lächelnd Petronella
Hinab auf dieses sonnenlichte Bild:
"Ihr seht zu schwarz, vieledle Fürstin! -- Pflege
Hat solchem Lande nie gefehlt -- bei Gott!
Verschieden nur ist oft des Pfluges Namen,
Und nicht der beste ist's, der Stärke heißt;
Ihr habt mit Rosenketten ihn umwunden,
Und sanfte Spuren, die er hinterließ,
Beweisen Euch in tausend holden Blüthen,
Daß auch der Liebe Saat hier Wurzel schlug.
Den zarten Keim kann Frauenhand behüten,
Doch sproßt er auf zum Eichbaum, hoch und stark,
Wächst auch zugleich mit ihm des Stammes Hüter,
Der Mann, der Fürst, Herr Heinrich von Brabant!"
Und als Sophie die Hand ihr herzlich drücket,
Das traulich ſich, in gold'ner Locken Fülle,
Ans Knie der Mutter ſchmiegt, und flüſtert bang:
„Mein Knabe Du, mein Heinrich von Brabant,
Mög' Dich der Himmel eiſern wachſen laſſen,
Daß ſtahlgerüſtet Deine Heldenhand
Das Unkraut aus dem edlen Waizen rode,
Denn dieſe Gau'n entbehrten lang' des Spruchs,
Der willensſtark des Markſteins Grenze ſetzt!“
Und Sonnenpurpur floß um Kind und Mutter
Und küßte ſegnend Heinrichs junges Haupt,
In Glanz gebadet ſtanden rings die Berge,
Ein Blühen, Wachſen, Treiben rings umher,
Des Sommers Segensfüllhorn war ergoſſen
In gold'nen Streifen über Thüringen,
Und lachend, glücklich grüßten Thal und Höhen,
Ein Wonnenland, empor zu ihrem Fürſt.
So deutete auch lächelnd Petronella
Hinab auf dieſes ſonnenlichte Bild:
„Ihr ſeht zu ſchwarz, vieledle Fürſtin! — Pflege
Hat ſolchem Lande nie gefehlt — bei Gott!
Verſchieden nur iſt oft des Pfluges Namen,
Und nicht der beſte iſt's, der Stärke heißt;
Ihr habt mit Roſenketten ihn umwunden,
Und ſanfte Spuren, die er hinterließ,
Beweiſen Euch in tauſend holden Blüthen,
Daß auch der Liebe Saat hier Wurzel ſchlug.
Den zarten Keim kann Frauenhand behüten,
Doch ſproßt er auf zum Eichbaum, hoch und ſtark,
Wächſt auch zugleich mit ihm des Stammes Hüter,
Der Mann, der Fürſt, Herr Heinrich von Brabant!“
Und als Sophie die Hand ihr herzlich drücket,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0107" n="93"/>
          <lg n="3">
            <l>Das traulich &#x017F;ich, in gold'ner Locken Fülle,</l><lb/>
            <l>Ans Knie der Mutter &#x017F;chmiegt, und flü&#x017F;tert bang:</l><lb/>
            <l>&#x201E;Mein Knabe Du, mein Heinrich von Brabant,</l><lb/>
            <l>Mög' Dich der Himmel ei&#x017F;ern wach&#x017F;en la&#x017F;&#x017F;en,</l><lb/>
            <l>Daß &#x017F;tahlgerü&#x017F;tet Deine Heldenhand</l><lb/>
            <l>Das Unkraut aus dem edlen Waizen rode,</l><lb/>
            <l>Denn die&#x017F;e Gau'n entbehrten lang' des Spruchs,</l><lb/>
            <l>Der willens&#x017F;tark des Mark&#x017F;teins Grenze &#x017F;etzt!&#x201C;</l><lb/>
            <l>Und Sonnenpurpur floß um Kind und Mutter</l><lb/>
            <l>Und küßte &#x017F;egnend Heinrichs junges Haupt,</l><lb/>
            <l>In Glanz gebadet &#x017F;tanden rings die Berge,</l><lb/>
            <l>Ein Blühen, Wach&#x017F;en, Treiben rings umher,</l><lb/>
            <l>Des Sommers Segensfüllhorn war ergo&#x017F;&#x017F;en</l><lb/>
            <l>In gold'nen Streifen über Thüringen,</l><lb/>
            <l>Und lachend, glücklich grüßten Thal und Höhen,</l><lb/>
            <l>Ein Wonnenland, empor zu ihrem Für&#x017F;t.</l><lb/>
            <l>So deutete auch lächelnd Petronella</l><lb/>
            <l>Hinab auf die&#x017F;es &#x017F;onnenlichte Bild:</l><lb/>
            <l>&#x201E;Ihr &#x017F;eht zu &#x017F;chwarz, vieledle Für&#x017F;tin! &#x2014; Pflege</l><lb/>
            <l>Hat &#x017F;olchem Lande nie gefehlt &#x2014; bei Gott!</l><lb/>
            <l>Ver&#x017F;chieden nur i&#x017F;t oft des Pfluges Namen,</l><lb/>
            <l>Und nicht der be&#x017F;te i&#x017F;t's, der Stärke heißt;</l><lb/>
            <l>Ihr habt mit Ro&#x017F;enketten ihn umwunden,</l><lb/>
            <l>Und &#x017F;anfte Spuren, die er hinterließ,</l><lb/>
            <l>Bewei&#x017F;en Euch in tau&#x017F;end holden Blüthen,</l><lb/>
            <l>Daß auch der Liebe Saat hier Wurzel &#x017F;chlug.</l><lb/>
            <l>Den zarten Keim kann Frauenhand behüten,</l><lb/>
            <l>Doch &#x017F;proßt er auf zum Eichbaum, hoch und &#x017F;tark,</l><lb/>
            <l>Wäch&#x017F;t auch zugleich mit ihm des Stammes Hüter,</l><lb/>
            <l>Der Mann, der Für&#x017F;t, Herr Heinrich von Brabant!&#x201C;</l><lb/>
            <l>Und als Sophie die Hand ihr herzlich drücket,</l><lb/>
          </lg>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[93/0107] Das traulich ſich, in gold'ner Locken Fülle, Ans Knie der Mutter ſchmiegt, und flüſtert bang: „Mein Knabe Du, mein Heinrich von Brabant, Mög' Dich der Himmel eiſern wachſen laſſen, Daß ſtahlgerüſtet Deine Heldenhand Das Unkraut aus dem edlen Waizen rode, Denn dieſe Gau'n entbehrten lang' des Spruchs, Der willensſtark des Markſteins Grenze ſetzt!“ Und Sonnenpurpur floß um Kind und Mutter Und küßte ſegnend Heinrichs junges Haupt, In Glanz gebadet ſtanden rings die Berge, Ein Blühen, Wachſen, Treiben rings umher, Des Sommers Segensfüllhorn war ergoſſen In gold'nen Streifen über Thüringen, Und lachend, glücklich grüßten Thal und Höhen, Ein Wonnenland, empor zu ihrem Fürſt. So deutete auch lächelnd Petronella Hinab auf dieſes ſonnenlichte Bild: „Ihr ſeht zu ſchwarz, vieledle Fürſtin! — Pflege Hat ſolchem Lande nie gefehlt — bei Gott! Verſchieden nur iſt oft des Pfluges Namen, Und nicht der beſte iſt's, der Stärke heißt; Ihr habt mit Roſenketten ihn umwunden, Und ſanfte Spuren, die er hinterließ, Beweiſen Euch in tauſend holden Blüthen, Daß auch der Liebe Saat hier Wurzel ſchlug. Den zarten Keim kann Frauenhand behüten, Doch ſproßt er auf zum Eichbaum, hoch und ſtark, Wächſt auch zugleich mit ihm des Stammes Hüter, Der Mann, der Fürſt, Herr Heinrich von Brabant!“ Und als Sophie die Hand ihr herzlich drücket,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/eschstruth_katz_1886
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/eschstruth_katz_1886/107
Zitationshilfe: Eschstruth, Nataly von: Katz' und Maus. Berlin, 1886, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eschstruth_katz_1886/107>, abgerufen am 15.05.2024.