Eschstruth, Nataly von: Katz' und Maus. Berlin, 1886.Und wie ihr Blick in stolzem Zukunftstraum
Weit über Wald und Berge fernhin schweift, Und wie der leise Glockenklang im Thal' Sanct Anna's Abendgruß zur Wartburg schickt, Da plaudert Petronella fröhlich weiter Von Gudula, dem Kind der Kräuterfrau, Das hier die Stirne trefflich ihr verbunden, Das d'runten sie auf blum'ger Halde fand, Und dessen kindlich reizendes Geplauder Ihr wohlgethan wie Heimathsonnenschein. Doch wunderlich! von dem Zusammentreffen, Mit jenem Ritter an der Werrafuhrt Verlautet keine Silbe. -- Ist es Zorn, Der ihre Zunge leidenschaftlich hemmt, Den Namen des Verhaßten auszusprechen, Den Namen, den ihr Zorn dem Fremden gab, "Der Katzenritter"! -- wie sie tief im Herzen Verspottet, höhnt den Freund des Frankenstein? Vielleicht auch, daß sie längst im Flug der Stunden Der Aventiur vergessen und gedenkt Der Fuhrt so wenig wie der Holzenburg? Gar flatterhaft und sorglos sind die Weiber! Doch nein! -- den Blick aufs ragende Gescheide, Auf seine steile Felsenwand gebannt, Die grell beleuchtet ihre nackten Felsen Wie eine starre Zinkenkrone hebt, Fragt plötzlich sie, wie ganz in Schau'n versunken, Das Antlitz abgewandt von Frau Sophie: "Wie wunderlich! so schnell wie sie entstanden, So zauberhaft verschwand auch jene Burg; In einer Nacht -- ließ ich mir jüngst erzählen -- Und wie ihr Blick in ſtolzem Zukunftstraum
Weit über Wald und Berge fernhin ſchweift, Und wie der leiſe Glockenklang im Thal' Sanct Anna's Abendgruß zur Wartburg ſchickt, Da plaudert Petronella fröhlich weiter Von Gudula, dem Kind der Kräuterfrau, Das hier die Stirne trefflich ihr verbunden, Das d'runten ſie auf blum'ger Halde fand, Und deſſen kindlich reizendes Geplauder Ihr wohlgethan wie Heimathſonnenſchein. Doch wunderlich! von dem Zuſammentreffen, Mit jenem Ritter an der Werrafuhrt Verlautet keine Silbe. — Iſt es Zorn, Der ihre Zunge leidenſchaftlich hemmt, Den Namen des Verhaßten auszuſprechen, Den Namen, den ihr Zorn dem Fremden gab, „Der Katzenritter“! — wie ſie tief im Herzen Verſpottet, höhnt den Freund des Frankenſtein? Vielleicht auch, daß ſie längſt im Flug der Stunden Der Aventiur vergeſſen und gedenkt Der Fuhrt ſo wenig wie der Holzenburg? Gar flatterhaft und ſorglos ſind die Weiber! Doch nein! — den Blick aufs ragende Geſcheide, Auf ſeine ſteile Felſenwand gebannt, Die grell beleuchtet ihre nackten Felſen Wie eine ſtarre Zinkenkrone hebt, Fragt plötzlich ſie, wie ganz in Schau'n verſunken, Das Antlitz abgewandt von Frau Sophie: „Wie wunderlich! ſo ſchnell wie ſie entſtanden, So zauberhaft verſchwand auch jene Burg; In einer Nacht — ließ ich mir jüngſt erzählen — <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0108" n="94"/> <lg n="4"> <l>Und wie ihr Blick in ſtolzem Zukunftstraum</l><lb/> <l>Weit über Wald und Berge fernhin ſchweift,</l><lb/> <l>Und wie der leiſe Glockenklang im Thal'</l><lb/> <l>Sanct Anna's Abendgruß zur Wartburg ſchickt,</l><lb/> <l>Da plaudert Petronella fröhlich weiter</l><lb/> <l>Von Gudula, dem Kind der Kräuterfrau,</l><lb/> <l>Das hier die Stirne trefflich ihr verbunden,</l><lb/> <l>Das d'runten ſie auf blum'ger Halde fand,</l><lb/> <l>Und deſſen kindlich reizendes Geplauder</l><lb/> <l>Ihr wohlgethan wie Heimathſonnenſchein.</l><lb/> <l>Doch wunderlich! von dem Zuſammentreffen,</l><lb/> <l>Mit jenem Ritter an der Werrafuhrt</l><lb/> <l>Verlautet keine Silbe. — Iſt es Zorn,</l><lb/> <l>Der ihre Zunge leidenſchaftlich hemmt,</l><lb/> <l>Den Namen des Verhaßten auszuſprechen,</l><lb/> <l>Den Namen, den ihr Zorn dem Fremden gab,</l><lb/> <l>„Der Katzenritter“! — wie ſie tief im Herzen</l><lb/> <l>Verſpottet, höhnt den Freund des Frankenſtein?</l><lb/> <l>Vielleicht auch, daß ſie längſt im Flug der Stunden</l><lb/> <l>Der Aventiur vergeſſen und gedenkt</l><lb/> <l>Der Fuhrt ſo wenig wie der Holzenburg?</l><lb/> <l>Gar flatterhaft und ſorglos ſind die Weiber!</l><lb/> <l>Doch nein! — den Blick aufs ragende Geſcheide,</l><lb/> <l>Auf ſeine ſteile Felſenwand gebannt,</l><lb/> <l>Die grell beleuchtet ihre nackten Felſen</l><lb/> <l>Wie eine ſtarre Zinkenkrone hebt,</l><lb/> <l>Fragt plötzlich ſie, wie ganz in Schau'n verſunken,</l><lb/> <l>Das Antlitz abgewandt von Frau Sophie:</l><lb/> <l>„Wie wunderlich! ſo ſchnell wie ſie entſtanden,</l><lb/> <l>So zauberhaft verſchwand auch jene Burg;</l><lb/> <l>In einer Nacht — ließ ich mir jüngſt erzählen —</l><lb/> </lg> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [94/0108]
Und wie ihr Blick in ſtolzem Zukunftstraum
Weit über Wald und Berge fernhin ſchweift,
Und wie der leiſe Glockenklang im Thal'
Sanct Anna's Abendgruß zur Wartburg ſchickt,
Da plaudert Petronella fröhlich weiter
Von Gudula, dem Kind der Kräuterfrau,
Das hier die Stirne trefflich ihr verbunden,
Das d'runten ſie auf blum'ger Halde fand,
Und deſſen kindlich reizendes Geplauder
Ihr wohlgethan wie Heimathſonnenſchein.
Doch wunderlich! von dem Zuſammentreffen,
Mit jenem Ritter an der Werrafuhrt
Verlautet keine Silbe. — Iſt es Zorn,
Der ihre Zunge leidenſchaftlich hemmt,
Den Namen des Verhaßten auszuſprechen,
Den Namen, den ihr Zorn dem Fremden gab,
„Der Katzenritter“! — wie ſie tief im Herzen
Verſpottet, höhnt den Freund des Frankenſtein?
Vielleicht auch, daß ſie längſt im Flug der Stunden
Der Aventiur vergeſſen und gedenkt
Der Fuhrt ſo wenig wie der Holzenburg?
Gar flatterhaft und ſorglos ſind die Weiber!
Doch nein! — den Blick aufs ragende Geſcheide,
Auf ſeine ſteile Felſenwand gebannt,
Die grell beleuchtet ihre nackten Felſen
Wie eine ſtarre Zinkenkrone hebt,
Fragt plötzlich ſie, wie ganz in Schau'n verſunken,
Das Antlitz abgewandt von Frau Sophie:
„Wie wunderlich! ſo ſchnell wie ſie entſtanden,
So zauberhaft verſchwand auch jene Burg;
In einer Nacht — ließ ich mir jüngſt erzählen —
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