Eschstruth, Nataly von: Katz' und Maus. Berlin, 1886.Den Menschen auf und fängt die Seelen ein!" --
Fast unwillkürlich lauschte Petronella Mit athemlosen Grau'n des Kindes Wort, An seiner Seite knieend, fest den Arm Um des Erzählers kleinen Körper schlingend Und starr den Blick zu dem Gescheid' gewandt. Doch Frau Sophia schüttelt ernst verweisend Das kluge Haupt: "Schäm' Dich des Mährleins, Heinz! Was alte Weiber dumm und furchtsam klatschen, Macht Heinrich von Brabant die Wangen bleich? Wer sich als Knabe vor Gespenstern fürchtet, Die doch vor jedem frommen Christenherz Davon fliehn in die ew'ge Nacht des Bösen, Die jedes Kreuzeszeichen schnell bezwingt, Der wird wohl nimmermehr ein Mann und Held, Der muthig wär', einst Feinde zu besiegen Aus Fleisch und Bein am hellen Tageslicht!" Des Kindes Augen blitzen, ungestüm Befreit es sich aus Petronellas Armen Und greift behend nach seinem kleinen Schwert. "Ich fürcht' mich nicht, Frau Mutter, fürcht' mich nimmer!" Ruft er mit heißen Wangen, "käme selbst Der Satanas, mein Hessen mir zu stehlen, Und käm' er jetzt, -- jetzt gleich dort aus dem Berg, Ich wollte ihn mit meinem Schwerte schlagen Und in das Herz ihn stechen, daß er todt, Ganz todt d'ran liegen blieb! -- Ich fürcht' mich nicht!" Mit stolzem Lächeln, strahlend voller Wonne Steht Frau Sophie, das Glück schwellt ihre Brust Beim Anblick dieses trotz'gen, kleinen Mannes, Und auf sein Köpfchen legt sie ernst die Hand: Den Menſchen auf und fängt die Seelen ein!“ —
Faſt unwillkürlich lauſchte Petronella Mit athemloſen Grau'n des Kindes Wort, An ſeiner Seite knieend, feſt den Arm Um des Erzählers kleinen Körper ſchlingend Und ſtarr den Blick zu dem Geſcheid' gewandt. Doch Frau Sophia ſchüttelt ernſt verweiſend Das kluge Haupt: „Schäm' Dich des Mährleins, Heinz! Was alte Weiber dumm und furchtſam klatſchen, Macht Heinrich von Brabant die Wangen bleich? Wer ſich als Knabe vor Geſpenſtern fürchtet, Die doch vor jedem frommen Chriſtenherz Davon fliehn in die ew'ge Nacht des Böſen, Die jedes Kreuzeszeichen ſchnell bezwingt, Der wird wohl nimmermehr ein Mann und Held, Der muthig wär', einſt Feinde zu beſiegen Aus Fleiſch und Bein am hellen Tageslicht!“ Des Kindes Augen blitzen, ungeſtüm Befreit es ſich aus Petronellas Armen Und greift behend nach ſeinem kleinen Schwert. „Ich fürcht' mich nicht, Frau Mutter, fürcht' mich nimmer!“ Ruft er mit heißen Wangen, „käme ſelbſt Der Satanas, mein Heſſen mir zu ſtehlen, Und käm' er jetzt, — jetzt gleich dort aus dem Berg, Ich wollte ihn mit meinem Schwerte ſchlagen Und in das Herz ihn ſtechen, daß er todt, Ganz todt d'ran liegen blieb! — Ich fürcht' mich nicht!“ Mit ſtolzem Lächeln, ſtrahlend voller Wonne Steht Frau Sophie, das Glück ſchwellt ihre Bruſt Beim Anblick dieſes trotz'gen, kleinen Mannes, Und auf ſein Köpfchen legt ſie ernſt die Hand: <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0110" n="96"/> <lg n="6"> <l>Den Menſchen auf und fängt die Seelen ein!“ —</l><lb/> <l>Faſt unwillkürlich lauſchte Petronella</l><lb/> <l>Mit athemloſen Grau'n des Kindes Wort,</l><lb/> <l>An ſeiner Seite knieend, feſt den Arm</l><lb/> <l>Um des Erzählers kleinen Körper ſchlingend</l><lb/> <l>Und ſtarr den Blick zu dem Geſcheid' gewandt.</l><lb/> <l>Doch Frau Sophia ſchüttelt ernſt verweiſend</l><lb/> <l>Das kluge Haupt: „Schäm' Dich des Mährleins, Heinz!</l><lb/> <l>Was alte Weiber dumm und furchtſam klatſchen,</l><lb/> <l>Macht Heinrich von Brabant die Wangen bleich?</l><lb/> <l>Wer ſich als Knabe vor Geſpenſtern fürchtet,</l><lb/> <l>Die doch vor jedem frommen Chriſtenherz</l><lb/> <l>Davon fliehn in die ew'ge Nacht des Böſen,</l><lb/> <l>Die jedes Kreuzeszeichen ſchnell bezwingt,</l><lb/> <l>Der wird wohl nimmermehr ein Mann und Held,</l><lb/> <l>Der muthig wär', einſt Feinde zu beſiegen</l><lb/> <l>Aus Fleiſch und Bein am hellen Tageslicht!“</l><lb/> <l>Des Kindes Augen blitzen, ungeſtüm</l><lb/> <l>Befreit es ſich aus Petronellas Armen</l><lb/> <l>Und greift behend nach ſeinem kleinen Schwert.</l><lb/> <l>„Ich fürcht' mich nicht, Frau Mutter, fürcht' mich nimmer!“</l><lb/> <l>Ruft er mit heißen Wangen, „käme ſelbſt</l><lb/> <l>Der Satanas, mein Heſſen mir zu ſtehlen,</l><lb/> <l>Und käm' er jetzt, — jetzt gleich dort aus dem Berg,</l><lb/> <l>Ich wollte ihn mit meinem Schwerte ſchlagen</l><lb/> <l>Und in das Herz ihn ſtechen, daß er todt,</l><lb/> <l>Ganz todt d'ran liegen blieb! — Ich fürcht' mich nicht!“</l><lb/> <l>Mit ſtolzem Lächeln, ſtrahlend voller Wonne</l><lb/> <l>Steht Frau Sophie, das Glück ſchwellt ihre Bruſt</l><lb/> <l>Beim Anblick dieſes trotz'gen, kleinen Mannes,</l><lb/> <l>Und auf ſein Köpfchen legt ſie ernſt die Hand:</l><lb/> </lg> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [96/0110]
Den Menſchen auf und fängt die Seelen ein!“ —
Faſt unwillkürlich lauſchte Petronella
Mit athemloſen Grau'n des Kindes Wort,
An ſeiner Seite knieend, feſt den Arm
Um des Erzählers kleinen Körper ſchlingend
Und ſtarr den Blick zu dem Geſcheid' gewandt.
Doch Frau Sophia ſchüttelt ernſt verweiſend
Das kluge Haupt: „Schäm' Dich des Mährleins, Heinz!
Was alte Weiber dumm und furchtſam klatſchen,
Macht Heinrich von Brabant die Wangen bleich?
Wer ſich als Knabe vor Geſpenſtern fürchtet,
Die doch vor jedem frommen Chriſtenherz
Davon fliehn in die ew'ge Nacht des Böſen,
Die jedes Kreuzeszeichen ſchnell bezwingt,
Der wird wohl nimmermehr ein Mann und Held,
Der muthig wär', einſt Feinde zu beſiegen
Aus Fleiſch und Bein am hellen Tageslicht!“
Des Kindes Augen blitzen, ungeſtüm
Befreit es ſich aus Petronellas Armen
Und greift behend nach ſeinem kleinen Schwert.
„Ich fürcht' mich nicht, Frau Mutter, fürcht' mich nimmer!“
Ruft er mit heißen Wangen, „käme ſelbſt
Der Satanas, mein Heſſen mir zu ſtehlen,
Und käm' er jetzt, — jetzt gleich dort aus dem Berg,
Ich wollte ihn mit meinem Schwerte ſchlagen
Und in das Herz ihn ſtechen, daß er todt,
Ganz todt d'ran liegen blieb! — Ich fürcht' mich nicht!“
Mit ſtolzem Lächeln, ſtrahlend voller Wonne
Steht Frau Sophie, das Glück ſchwellt ihre Bruſt
Beim Anblick dieſes trotz'gen, kleinen Mannes,
Und auf ſein Köpfchen legt ſie ernſt die Hand:
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