Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Eschstruth, Nataly von: Katz' und Maus. Berlin, 1886.

Bild:
<< vorherige Seite
"Warum seid Ihr Mönch geworden?"
Forschet Nella eifrig weiter,
"War't von Kind an Ihr bestimmet
Zu des Glaubens heil'gem Streiter?"
"Nein, ich war ein Ritter, Fräulein,
War mit Leib und Seel' ein Ritter;
War kein Roß zu wild im Stalle,
War zu hoch nie Liebchens Gitter,
Und kein feindlich Schwert zu scharf mir!
Aber seht, solch' ein Geselle
Findet Händel, Raufen, Tollen,
Und ein böses Wort fliegt schnelle. --
O, daß doch die bösen Worte
Möchten schwinden von der Erden,
Denn um solcher Worte Willen
Kann ich nie mehr glücklich werden!
Habe einen Trautgesellen
Wohl im wilden Zorn und Hassen,
Statt das Näh're zu erforschen,
Schnöd' und tückisch einst verlassen,
Ihn den Feinden überliefert,
Die ihn hart und schnell gerichtet,
Die des armen, braven Burschen
Ganzes Lebensglück vernichtet!
Als es längst gescheh'n, nach Jahren,
Da erfuhr ich wahre Kunde,
Daß ich schuldlos Blut verrathen! --
Drum die Binde auf dem Munde.
Sühnen konnt' ich's nicht am Freunde,
Er war tief in Noth gestorben;
Darum habe ich zur Buße
„Warum ſeid Ihr Mönch geworden?“
Forſchet Nella eifrig weiter,
„War't von Kind an Ihr beſtimmet
Zu des Glaubens heil'gem Streiter?“
„Nein, ich war ein Ritter, Fräulein,
War mit Leib und Seel' ein Ritter;
War kein Roß zu wild im Stalle,
War zu hoch nie Liebchens Gitter,
Und kein feindlich Schwert zu ſcharf mir!
Aber ſeht, ſolch' ein Geſelle
Findet Händel, Raufen, Tollen,
Und ein böſes Wort fliegt ſchnelle. —
O, daß doch die böſen Worte
Möchten ſchwinden von der Erden,
Denn um ſolcher Worte Willen
Kann ich nie mehr glücklich werden!
Habe einen Trautgeſellen
Wohl im wilden Zorn und Haſſen,
Statt das Näh're zu erforſchen,
Schnöd' und tückiſch einſt verlaſſen,
Ihn den Feinden überliefert,
Die ihn hart und ſchnell gerichtet,
Die des armen, braven Burſchen
Ganzes Lebensglück vernichtet!
Als es längſt geſcheh'n, nach Jahren,
Da erfuhr ich wahre Kunde,
Daß ich ſchuldlos Blut verrathen! —
Drum die Binde auf dem Munde.
Sühnen konnt' ich's nicht am Freunde,
Er war tief in Noth geſtorben;
Darum habe ich zur Buße
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0178" n="164"/>
          <lg n="4">
            <l>&#x201E;Warum &#x017F;eid Ihr Mönch geworden?&#x201C;</l><lb/>
            <l>For&#x017F;chet Nella eifrig weiter,</l><lb/>
            <l>&#x201E;War't von Kind an Ihr be&#x017F;timmet</l><lb/>
            <l>Zu des Glaubens heil'gem Streiter?&#x201C;</l><lb/>
            <l>&#x201E;Nein, ich war ein Ritter, Fräulein,</l><lb/>
            <l>War mit Leib und Seel' ein Ritter;</l><lb/>
            <l>War kein Roß zu wild im Stalle,</l><lb/>
            <l>War zu hoch nie Liebchens Gitter,</l><lb/>
            <l>Und kein feindlich Schwert zu &#x017F;charf mir!</l><lb/>
            <l>Aber &#x017F;eht, &#x017F;olch' ein Ge&#x017F;elle</l><lb/>
            <l>Findet Händel, Raufen, Tollen,</l><lb/>
            <l>Und ein bö&#x017F;es Wort fliegt &#x017F;chnelle. &#x2014;</l><lb/>
            <l>O, daß doch die bö&#x017F;en Worte</l><lb/>
            <l>Möchten &#x017F;chwinden von der Erden,</l><lb/>
            <l>Denn um &#x017F;olcher Worte Willen</l><lb/>
            <l>Kann ich nie mehr glücklich werden!</l><lb/>
            <l>Habe einen Trautge&#x017F;ellen</l><lb/>
            <l>Wohl im wilden Zorn und Ha&#x017F;&#x017F;en,</l><lb/>
            <l>Statt das Näh're zu erfor&#x017F;chen,</l><lb/>
            <l>Schnöd' und tücki&#x017F;ch ein&#x017F;t verla&#x017F;&#x017F;en,</l><lb/>
            <l>Ihn den Feinden überliefert,</l><lb/>
            <l>Die ihn hart und &#x017F;chnell gerichtet,</l><lb/>
            <l>Die des armen, braven Bur&#x017F;chen</l><lb/>
            <l>Ganzes Lebensglück vernichtet!</l><lb/>
            <l>Als es läng&#x017F;t ge&#x017F;cheh'n, nach Jahren,</l><lb/>
            <l>Da erfuhr ich wahre Kunde,</l><lb/>
            <l>Daß ich &#x017F;chuldlos Blut verrathen! &#x2014;</l><lb/>
            <l>Drum die Binde auf dem Munde.</l><lb/>
            <l>Sühnen konnt' ich's nicht am Freunde,</l><lb/>
            <l>Er war tief in Noth ge&#x017F;torben;</l><lb/>
            <l>Darum habe ich zur Buße</l><lb/>
          </lg>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[164/0178] „Warum ſeid Ihr Mönch geworden?“ Forſchet Nella eifrig weiter, „War't von Kind an Ihr beſtimmet Zu des Glaubens heil'gem Streiter?“ „Nein, ich war ein Ritter, Fräulein, War mit Leib und Seel' ein Ritter; War kein Roß zu wild im Stalle, War zu hoch nie Liebchens Gitter, Und kein feindlich Schwert zu ſcharf mir! Aber ſeht, ſolch' ein Geſelle Findet Händel, Raufen, Tollen, Und ein böſes Wort fliegt ſchnelle. — O, daß doch die böſen Worte Möchten ſchwinden von der Erden, Denn um ſolcher Worte Willen Kann ich nie mehr glücklich werden! Habe einen Trautgeſellen Wohl im wilden Zorn und Haſſen, Statt das Näh're zu erforſchen, Schnöd' und tückiſch einſt verlaſſen, Ihn den Feinden überliefert, Die ihn hart und ſchnell gerichtet, Die des armen, braven Burſchen Ganzes Lebensglück vernichtet! Als es längſt geſcheh'n, nach Jahren, Da erfuhr ich wahre Kunde, Daß ich ſchuldlos Blut verrathen! — Drum die Binde auf dem Munde. Sühnen konnt' ich's nicht am Freunde, Er war tief in Noth geſtorben; Darum habe ich zur Buße

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/eschstruth_katz_1886
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/eschstruth_katz_1886/178
Zitationshilfe: Eschstruth, Nataly von: Katz' und Maus. Berlin, 1886, S. 164. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eschstruth_katz_1886/178>, abgerufen am 21.11.2024.