Eschstruth, Nataly von: Katz' und Maus. Berlin, 1886.Und kein Mensch soll kecklich wagen Ein Gericht, man irrt hienieden!" -- Wankend steht am Sessel Nella, Athemringend, angstbefangen, Langsam rollen große Thränen Zitternd über ihre Wangen. Schnell erhebt sich jetzt der Klausner, Nickt dem Ritter stumme Grüße, Wirft verstohlen einen heißen Abschiedsblick noch auf die Süße Und geht schweigend durch die Thüre. Draußen fallen weiße, dichte Flocken schmeichlerisch hernieder, Und mit brennendem Gesichte, Wie mit langen, durst'gen Zügen Athmet er das kühle Wehen: "Herr, der Du die Herzen lenkest, Laß das süße Heil geschehen, Laß in der Geliebten Seele Sturm und Ruh zugleich mich bringen, Ihr zum Heil und mir zum Glücke Laß, o Gott, mein Werk gelingen!" -- Und er schreitet zu der Kammer, Drum die Herbsteswinde stürmen, Hört, wie sich am Bergesfuße Brausend hoch die Wellen thürmen; Doch ihm deucht's wie Frühlingswehen, Wie ein Klang von Lust und Lieben... -- Auf der Deurenburg sind heute Lang' zwei Fenster hell geblieben. -- Und kein Menſch ſoll kecklich wagen Ein Gericht, man irrt hienieden!“ — Wankend ſteht am Seſſel Nella, Athemringend, angſtbefangen, Langſam rollen große Thränen Zitternd über ihre Wangen. Schnell erhebt ſich jetzt der Klausner, Nickt dem Ritter ſtumme Grüße, Wirft verſtohlen einen heißen Abſchiedsblick noch auf die Süße Und geht ſchweigend durch die Thüre. Draußen fallen weiße, dichte Flocken ſchmeichleriſch hernieder, Und mit brennendem Geſichte, Wie mit langen, durſt'gen Zügen Athmet er das kühle Wehen: „Herr, der Du die Herzen lenkeſt, Laß das ſüße Heil geſchehen, Laß in der Geliebten Seele Sturm und Ruh zugleich mich bringen, Ihr zum Heil und mir zum Glücke Laß, o Gott, mein Werk gelingen!“ — Und er ſchreitet zu der Kammer, Drum die Herbſteswinde ſtürmen, Hört, wie ſich am Bergesfuße Brauſend hoch die Wellen thürmen; Doch ihm deucht's wie Frühlingswehen, Wie ein Klang von Luſt und Lieben... — Auf der Deurenburg ſind heute Lang' zwei Fenſter hell geblieben. — <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0180" n="166"/> <lg n="6"> <l>Und kein Menſch ſoll kecklich wagen</l><lb/> <l>Ein Gericht, man irrt hienieden!“ —</l><lb/> <l>Wankend ſteht am Seſſel Nella,</l><lb/> <l>Athemringend, angſtbefangen,</l><lb/> <l>Langſam rollen große Thränen</l><lb/> <l>Zitternd über ihre Wangen.</l><lb/> <l>Schnell erhebt ſich jetzt der Klausner,</l><lb/> <l>Nickt dem Ritter ſtumme Grüße,</l><lb/> <l>Wirft verſtohlen einen heißen</l><lb/> <l>Abſchiedsblick noch auf die Süße</l><lb/> <l>Und geht ſchweigend durch die Thüre.</l><lb/> <l>Draußen fallen weiße, dichte</l><lb/> <l>Flocken ſchmeichleriſch hernieder,</l><lb/> <l>Und mit brennendem Geſichte,</l><lb/> <l>Wie mit langen, durſt'gen Zügen</l><lb/> <l>Athmet er das kühle Wehen:</l><lb/> <l>„Herr, der Du die Herzen lenkeſt,</l><lb/> <l>Laß das ſüße Heil geſchehen,</l><lb/> <l>Laß in der Geliebten Seele</l><lb/> <l>Sturm und Ruh zugleich mich bringen,</l><lb/> <l>Ihr zum Heil und mir zum Glücke</l><lb/> <l>Laß, o Gott, mein Werk gelingen!“ —</l><lb/> <l>Und er ſchreitet zu der Kammer,</l><lb/> <l>Drum die Herbſteswinde ſtürmen,</l><lb/> <l>Hört, wie ſich am Bergesfuße</l><lb/> <l>Brauſend hoch die Wellen thürmen;</l><lb/> <l>Doch ihm deucht's wie Frühlingswehen,</l><lb/> <l>Wie ein Klang von Luſt und Lieben...</l><lb/> <l>— Auf der Deurenburg ſind heute</l><lb/> <l>Lang' zwei Fenſter hell geblieben. —</l><lb/> </lg> </lg> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [166/0180]
Und kein Menſch ſoll kecklich wagen
Ein Gericht, man irrt hienieden!“ —
Wankend ſteht am Seſſel Nella,
Athemringend, angſtbefangen,
Langſam rollen große Thränen
Zitternd über ihre Wangen.
Schnell erhebt ſich jetzt der Klausner,
Nickt dem Ritter ſtumme Grüße,
Wirft verſtohlen einen heißen
Abſchiedsblick noch auf die Süße
Und geht ſchweigend durch die Thüre.
Draußen fallen weiße, dichte
Flocken ſchmeichleriſch hernieder,
Und mit brennendem Geſichte,
Wie mit langen, durſt'gen Zügen
Athmet er das kühle Wehen:
„Herr, der Du die Herzen lenkeſt,
Laß das ſüße Heil geſchehen,
Laß in der Geliebten Seele
Sturm und Ruh zugleich mich bringen,
Ihr zum Heil und mir zum Glücke
Laß, o Gott, mein Werk gelingen!“ —
Und er ſchreitet zu der Kammer,
Drum die Herbſteswinde ſtürmen,
Hört, wie ſich am Bergesfuße
Brauſend hoch die Wellen thürmen;
Doch ihm deucht's wie Frühlingswehen,
Wie ein Klang von Luſt und Lieben...
— Auf der Deurenburg ſind heute
Lang' zwei Fenſter hell geblieben. —
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