Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Eschstruth, Nataly von: Katz' und Maus. Berlin, 1886.

Bild:
<< vorherige Seite
Qualen, um im Fegefeuer
Arme Seelen schlimm zu foltern,
Sperrt sie ein in enge Klause
Und erzählt, daß in der Heimath
Ihre liebe, traute Wohnstätt'
Sei von Feindeshand geplündert;
Kann es Euch anitzt versichern,
Daß dies schlimmer brennt wie Feuer!"
Lang' und forschend blickte Gerhard,
Endlich rief er: "Junker Robert,
Wollet es nicht Neugier nennen,
Die mich selbe Frage thun läßt:
Warum weilt Ihr fern und thatlos,
Warum duldet Ihr's gelassen,
Daß man Euch ohn' jedes Hemmniß
In der Heimath macht zum Bettler?
Wahrlich, wäre Euer Ruhm nicht
Längst im ganzen Land verbreitet,
Der Euch nennt von allen Rittern
Den verwegensten und kühnsten,
Ich würd' glauben, Junker Robert -- --"
"Sei ein Feigling? -- frisch heraus nur!"
Lachte bitter auf der Edle,
"Glaub' es selbst, 's hat so den Anschein:
Aber nein, hört an, Gerhardus,
Welch' ein Tollkopf Euch bewirthet:
Um ein kleines, zartes Mäuslein
Sich mit kluger List zu fangen,
Sitzt der wilde Frankensteiner
Wochenlang auf stiller Lauer,
Und er läßt getrosten Herzens
12*
Qualen, um im Fegefeuer
Arme Seelen ſchlimm zu foltern,
Sperrt ſie ein in enge Klauſe
Und erzählt, daß in der Heimath
Ihre liebe, traute Wohnſtätt'
Sei von Feindeshand geplündert;
Kann es Euch anitzt verſichern,
Daß dies ſchlimmer brennt wie Feuer!“
Lang' und forſchend blickte Gerhard,
Endlich rief er: „Junker Robert,
Wollet es nicht Neugier nennen,
Die mich ſelbe Frage thun läßt:
Warum weilt Ihr fern und thatlos,
Warum duldet Ihr's gelaſſen,
Daß man Euch ohn' jedes Hemmniß
In der Heimath macht zum Bettler?
Wahrlich, wäre Euer Ruhm nicht
Längſt im ganzen Land verbreitet,
Der Euch nennt von allen Rittern
Den verwegenſten und kühnſten,
Ich würd' glauben, Junker Robert — —“
„Sei ein Feigling? — friſch heraus nur!“
Lachte bitter auf der Edle,
„Glaub' es ſelbſt, 's hat ſo den Anſchein:
Aber nein, hört an, Gerhardus,
Welch' ein Tollkopf Euch bewirthet:
Um ein kleines, zartes Mäuslein
Sich mit kluger Liſt zu fangen,
Sitzt der wilde Frankenſteiner
Wochenlang auf ſtiller Lauer,
Und er läßt getroſten Herzens
12*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0193" n="179"/>
          <lg n="3">
            <l>Qualen, um im Fegefeuer</l><lb/>
            <l>Arme Seelen &#x017F;chlimm zu foltern,</l><lb/>
            <l>Sperrt &#x017F;ie ein in enge Klau&#x017F;e</l><lb/>
            <l>Und erzählt, daß in der Heimath</l><lb/>
            <l>Ihre liebe, traute Wohn&#x017F;tätt'</l><lb/>
            <l>Sei von Feindeshand geplündert;</l><lb/>
            <l>Kann es Euch anitzt ver&#x017F;ichern,</l><lb/>
            <l>Daß dies &#x017F;chlimmer brennt wie Feuer!&#x201C;</l><lb/>
            <l>Lang' und for&#x017F;chend blickte Gerhard,</l><lb/>
            <l>Endlich rief er: &#x201E;Junker Robert,</l><lb/>
            <l>Wollet es nicht Neugier nennen,</l><lb/>
            <l>Die mich &#x017F;elbe Frage thun läßt:</l><lb/>
            <l>Warum weilt Ihr fern und thatlos,</l><lb/>
            <l>Warum duldet Ihr's gela&#x017F;&#x017F;en,</l><lb/>
            <l>Daß man Euch ohn' jedes Hemmniß</l><lb/>
            <l>In der Heimath macht zum Bettler?</l><lb/>
            <l>Wahrlich, wäre Euer Ruhm nicht</l><lb/>
            <l>Läng&#x017F;t im ganzen Land verbreitet,</l><lb/>
            <l>Der Euch nennt von allen Rittern</l><lb/>
            <l>Den verwegen&#x017F;ten und kühn&#x017F;ten,</l><lb/>
            <l>Ich würd' glauben, Junker Robert &#x2014; &#x2014;&#x201C;</l><lb/>
            <l>&#x201E;Sei ein Feigling? &#x2014; fri&#x017F;ch heraus nur!&#x201C;</l><lb/>
            <l>Lachte bitter auf der Edle,</l><lb/>
            <l>&#x201E;Glaub' es &#x017F;elb&#x017F;t, 's hat &#x017F;o den An&#x017F;chein:</l><lb/>
            <l>Aber nein, hört an, Gerhardus,</l><lb/>
            <l>Welch' ein Tollkopf Euch bewirthet:</l><lb/>
            <l>Um ein kleines, zartes Mäuslein</l><lb/>
            <l>Sich mit kluger Li&#x017F;t zu fangen,</l><lb/>
            <l>Sitzt der wilde Franken&#x017F;teiner</l><lb/>
            <l>Wochenlang auf &#x017F;tiller Lauer,</l><lb/>
            <l>Und er läßt getro&#x017F;ten Herzens</l><lb/>
          </lg>
          <fw place="bottom" type="sig">12*<lb/></fw>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[179/0193] Qualen, um im Fegefeuer Arme Seelen ſchlimm zu foltern, Sperrt ſie ein in enge Klauſe Und erzählt, daß in der Heimath Ihre liebe, traute Wohnſtätt' Sei von Feindeshand geplündert; Kann es Euch anitzt verſichern, Daß dies ſchlimmer brennt wie Feuer!“ Lang' und forſchend blickte Gerhard, Endlich rief er: „Junker Robert, Wollet es nicht Neugier nennen, Die mich ſelbe Frage thun läßt: Warum weilt Ihr fern und thatlos, Warum duldet Ihr's gelaſſen, Daß man Euch ohn' jedes Hemmniß In der Heimath macht zum Bettler? Wahrlich, wäre Euer Ruhm nicht Längſt im ganzen Land verbreitet, Der Euch nennt von allen Rittern Den verwegenſten und kühnſten, Ich würd' glauben, Junker Robert — —“ „Sei ein Feigling? — friſch heraus nur!“ Lachte bitter auf der Edle, „Glaub' es ſelbſt, 's hat ſo den Anſchein: Aber nein, hört an, Gerhardus, Welch' ein Tollkopf Euch bewirthet: Um ein kleines, zartes Mäuslein Sich mit kluger Liſt zu fangen, Sitzt der wilde Frankenſteiner Wochenlang auf ſtiller Lauer, Und er läßt getroſten Herzens 12*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/eschstruth_katz_1886
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/eschstruth_katz_1886/193
Zitationshilfe: Eschstruth, Nataly von: Katz' und Maus. Berlin, 1886, S. 179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eschstruth_katz_1886/193>, abgerufen am 16.05.2024.