Eschstruth, Nataly von: Katz' und Maus. Berlin, 1886.Und wehten in den Staub,
Und schmucklos trauernd blieb mir Ein Stamm ohn' Blum' und Laub!" Und Beide blicken schweigend Hinab zum Brückenthor, Wo Pförtner Gisberth eilig Den Balken zieht hervor, Wo laut die Ketten rasseln, Wo schwer die Brücke sinkt, Wo freundlich drauf des Alten "Grüß Gott zur Einkehr!" klingt. Da tritt vom Licht bestrahlet -- "O, Heil'ge steht mir bei!" -- Ein Mönch herein zum Hofe, Und zitternd leiser Schrei Ringt sich von Gudas Lippen. "Gerhardus!" -- jauchzt's ihm zu, Streckt nach ihm beide Hände, "Gerhardus Rochus, Du?!" Und wie erfaßt vom Sturme, Von sel'gem Wirbelwind, Stürmt jach die Stiege nieder Frau Dorta's rosig Kind Und eilt durch Schnee und Blinken, In sinnverwirrter Lust, Aufjauchzend hinzusinken Dem Freunde an die Brust. Mit Thränen in den Augen, Die Glück und Wonne weint, Starrt sie ihm stumm ins Auge, Fühlt sich ihm neu vereint Und wehten in den Staub,
Und ſchmucklos trauernd blieb mir Ein Stamm ohn' Blum' und Laub!“ Und Beide blicken ſchweigend Hinab zum Brückenthor, Wo Pförtner Gisberth eilig Den Balken zieht hervor, Wo laut die Ketten raſſeln, Wo ſchwer die Brücke ſinkt, Wo freundlich drauf des Alten „Grüß Gott zur Einkehr!“ klingt. Da tritt vom Licht beſtrahlet — „O, Heil'ge ſteht mir bei!“ — Ein Mönch herein zum Hofe, Und zitternd leiſer Schrei Ringt ſich von Gudas Lippen. „Gerhardus!“ — jauchzt's ihm zu, Streckt nach ihm beide Hände, „Gerhardus Rochus, Du?!“ Und wie erfaßt vom Sturme, Von ſel'gem Wirbelwind, Stürmt jach die Stiege nieder Frau Dorta's roſig Kind Und eilt durch Schnee und Blinken, In ſinnverwirrter Luſt, Aufjauchzend hinzuſinken Dem Freunde an die Bruſt. Mit Thränen in den Augen, Die Glück und Wonne weint, Starrt ſie ihm ſtumm ins Auge, Fühlt ſich ihm neu vereint <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0198" n="184"/> <lg n="4"> <l>Und wehten in den Staub,</l><lb/> <l>Und ſchmucklos trauernd blieb mir</l><lb/> <l>Ein Stamm ohn' Blum' und Laub!“</l><lb/> <l>Und Beide blicken ſchweigend</l><lb/> <l>Hinab zum Brückenthor,</l><lb/> <l>Wo Pförtner Gisberth eilig</l><lb/> <l>Den Balken zieht hervor,</l><lb/> <l>Wo laut die Ketten raſſeln,</l><lb/> <l>Wo ſchwer die Brücke ſinkt,</l><lb/> <l>Wo freundlich drauf des Alten</l><lb/> <l>„Grüß Gott zur Einkehr!“ klingt.</l><lb/> <l>Da tritt vom Licht beſtrahlet —</l><lb/> <l>„O, Heil'ge ſteht mir bei!“ —</l><lb/> <l>Ein Mönch herein zum Hofe,</l><lb/> <l>Und zitternd leiſer Schrei</l><lb/> <l>Ringt ſich von Gudas Lippen.</l><lb/> <l>„Gerhardus!“ — jauchzt's ihm zu,</l><lb/> <l>Streckt nach ihm beide Hände,</l><lb/> <l>„Gerhardus Rochus, Du?!“</l><lb/> <l>Und wie erfaßt vom Sturme,</l><lb/> <l>Von ſel'gem Wirbelwind,</l><lb/> <l>Stürmt jach die Stiege nieder</l><lb/> <l>Frau Dorta's roſig Kind</l><lb/> <l>Und eilt durch Schnee und Blinken,</l><lb/> <l>In ſinnverwirrter Luſt,</l><lb/> <l>Aufjauchzend hinzuſinken</l><lb/> <l>Dem Freunde an die Bruſt.</l><lb/> <l>Mit Thränen in den Augen,</l><lb/> <l>Die Glück und Wonne weint,</l><lb/> <l>Starrt ſie ihm ſtumm ins Auge,</l><lb/> <l>Fühlt ſich ihm neu vereint</l><lb/> </lg> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [184/0198]
Und wehten in den Staub,
Und ſchmucklos trauernd blieb mir
Ein Stamm ohn' Blum' und Laub!“
Und Beide blicken ſchweigend
Hinab zum Brückenthor,
Wo Pförtner Gisberth eilig
Den Balken zieht hervor,
Wo laut die Ketten raſſeln,
Wo ſchwer die Brücke ſinkt,
Wo freundlich drauf des Alten
„Grüß Gott zur Einkehr!“ klingt.
Da tritt vom Licht beſtrahlet —
„O, Heil'ge ſteht mir bei!“ —
Ein Mönch herein zum Hofe,
Und zitternd leiſer Schrei
Ringt ſich von Gudas Lippen.
„Gerhardus!“ — jauchzt's ihm zu,
Streckt nach ihm beide Hände,
„Gerhardus Rochus, Du?!“
Und wie erfaßt vom Sturme,
Von ſel'gem Wirbelwind,
Stürmt jach die Stiege nieder
Frau Dorta's roſig Kind
Und eilt durch Schnee und Blinken,
In ſinnverwirrter Luſt,
Aufjauchzend hinzuſinken
Dem Freunde an die Bruſt.
Mit Thränen in den Augen,
Die Glück und Wonne weint,
Starrt ſie ihm ſtumm ins Auge,
Fühlt ſich ihm neu vereint
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