Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Eschstruth, Nataly von: Katz' und Maus. Berlin, 1886.

Bild:
<< vorherige Seite
Ganz wie altgewohnte Sache,
Durch die Halle nach dem kleinen,
Wohnlich schauenden Gemache.
"Setzt Euch nieder, Edle!" spricht er,
"Und dankt mir's beim Saft der Rebe,
Daß ich Euch bei solchem Wetter
Hier ein gastlich Obdach gebe.
Hört Ihr wohl den Sturm und Regen
Auf dem Dache wiederklingen?
Wunderlich, daß oft zum besten
Man die Leute noch muß zwingen!"
Leise lacht er, Nella deucht es
Gar wie Hohn in seiner Stimme,
Und sie ballt die kleinen Hände
Wider ihn in trotz'gem Grimme:
"Also spottend wird geladen
Wohl die Maus erst von der Katze,
Ehe sie zum gier'gen Fange
Hebt die hinterlist'ge Tatze?
Hüte Dich, Du kecker Räuber!
Ich bin nicht so schwach, wie Jene,
Und ich zeige erst der Katze
Kampfesmuthig meine Zähne!"
Zu der Thür zurückgetreten
War schon Robert, jetzo wandte
Er das Haupt so schnell zu Nella,
Als ob Zaubermacht ihn bannte;
Sah die rothen Kienbrandlichter
Zuckend um ihr Antlitz wehen,
Um dies stolze, süße Antlitz,
Wie er keins zuvor gesehen.
Ganz wie altgewohnte Sache,
Durch die Halle nach dem kleinen,
Wohnlich ſchauenden Gemache.
„Setzt Euch nieder, Edle!“ ſpricht er,
„Und dankt mir's beim Saft der Rebe,
Daß ich Euch bei ſolchem Wetter
Hier ein gaſtlich Obdach gebe.
Hört Ihr wohl den Sturm und Regen
Auf dem Dache wiederklingen?
Wunderlich, daß oft zum beſten
Man die Leute noch muß zwingen!“
Leiſe lacht er, Nella deucht es
Gar wie Hohn in ſeiner Stimme,
Und ſie ballt die kleinen Hände
Wider ihn in trotz'gem Grimme:
„Alſo ſpottend wird geladen
Wohl die Maus erſt von der Katze,
Ehe ſie zum gier'gen Fange
Hebt die hinterliſt'ge Tatze?
Hüte Dich, Du kecker Räuber!
Ich bin nicht ſo ſchwach, wie Jene,
Und ich zeige erſt der Katze
Kampfesmuthig meine Zähne!“
Zu der Thür zurückgetreten
War ſchon Robert, jetzo wandte
Er das Haupt ſo ſchnell zu Nella,
Als ob Zaubermacht ihn bannte;
Sah die rothen Kienbrandlichter
Zuckend um ihr Antlitz wehen,
Um dies ſtolze, ſüße Antlitz,
Wie er keins zuvor geſehen.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0052" n="38"/>
          <lg n="2">
            <l>Ganz wie altgewohnte Sache,</l><lb/>
            <l>Durch die Halle nach dem kleinen,</l><lb/>
            <l>Wohnlich &#x017F;chauenden Gemache.</l><lb/>
            <l>&#x201E;Setzt Euch nieder, Edle!&#x201C; &#x017F;pricht er,</l><lb/>
            <l>&#x201E;Und dankt mir's beim Saft der Rebe,</l><lb/>
            <l>Daß ich Euch bei &#x017F;olchem Wetter</l><lb/>
            <l>Hier ein ga&#x017F;tlich Obdach gebe.</l><lb/>
            <l>Hört Ihr wohl den Sturm und Regen</l><lb/>
            <l>Auf dem Dache wiederklingen?</l><lb/>
            <l>Wunderlich, daß oft zum be&#x017F;ten</l><lb/>
            <l>Man die Leute noch muß zwingen!&#x201C;</l><lb/>
            <l>Lei&#x017F;e lacht er, Nella deucht es</l><lb/>
            <l>Gar wie Hohn in &#x017F;einer Stimme,</l><lb/>
            <l>Und &#x017F;ie ballt die kleinen Hände</l><lb/>
            <l>Wider ihn in trotz'gem Grimme:</l><lb/>
            <l>&#x201E;Al&#x017F;o &#x017F;pottend wird geladen</l><lb/>
            <l>Wohl die Maus er&#x017F;t von der Katze,</l><lb/>
            <l>Ehe &#x017F;ie zum gier'gen Fange</l><lb/>
            <l>Hebt die hinterli&#x017F;t'ge Tatze?</l><lb/>
            <l>Hüte Dich, Du kecker Räuber!</l><lb/>
            <l>Ich bin nicht &#x017F;o &#x017F;chwach, wie Jene,</l><lb/>
            <l>Und ich zeige er&#x017F;t der Katze</l><lb/>
            <l>Kampfesmuthig meine Zähne!&#x201C;</l><lb/>
            <l>Zu der Thür zurückgetreten</l><lb/>
            <l>War &#x017F;chon Robert, jetzo wandte</l><lb/>
            <l>Er das Haupt &#x017F;o &#x017F;chnell zu Nella,</l><lb/>
            <l>Als ob Zaubermacht ihn bannte;</l><lb/>
            <l>Sah die rothen Kienbrandlichter</l><lb/>
            <l>Zuckend um ihr Antlitz wehen,</l><lb/>
            <l>Um dies &#x017F;tolze, &#x017F;üße Antlitz,</l><lb/>
            <l>Wie er keins zuvor ge&#x017F;ehen.</l><lb/>
          </lg>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[38/0052] Ganz wie altgewohnte Sache, Durch die Halle nach dem kleinen, Wohnlich ſchauenden Gemache. „Setzt Euch nieder, Edle!“ ſpricht er, „Und dankt mir's beim Saft der Rebe, Daß ich Euch bei ſolchem Wetter Hier ein gaſtlich Obdach gebe. Hört Ihr wohl den Sturm und Regen Auf dem Dache wiederklingen? Wunderlich, daß oft zum beſten Man die Leute noch muß zwingen!“ Leiſe lacht er, Nella deucht es Gar wie Hohn in ſeiner Stimme, Und ſie ballt die kleinen Hände Wider ihn in trotz'gem Grimme: „Alſo ſpottend wird geladen Wohl die Maus erſt von der Katze, Ehe ſie zum gier'gen Fange Hebt die hinterliſt'ge Tatze? Hüte Dich, Du kecker Räuber! Ich bin nicht ſo ſchwach, wie Jene, Und ich zeige erſt der Katze Kampfesmuthig meine Zähne!“ Zu der Thür zurückgetreten War ſchon Robert, jetzo wandte Er das Haupt ſo ſchnell zu Nella, Als ob Zaubermacht ihn bannte; Sah die rothen Kienbrandlichter Zuckend um ihr Antlitz wehen, Um dies ſtolze, ſüße Antlitz, Wie er keins zuvor geſehen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/eschstruth_katz_1886
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/eschstruth_katz_1886/52
Zitationshilfe: Eschstruth, Nataly von: Katz' und Maus. Berlin, 1886, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eschstruth_katz_1886/52>, abgerufen am 17.05.2024.