Eschstruth, Nataly von: Katz' und Maus. Berlin, 1886.Häslein auch schlüpft scheu durchs Buschwerk
Zu dem freien Buchwalddome, Und es lauscht -- und fleht -- und bittet -- Setzt sich aufrecht -- hebt die Pfötlein -- Blickt mit klarem Aug' zum Himmel. Neben ihm auf weichem Moose Schreiten leis die schlanken Rehe, Thuen andachtsvoll sich nieder, Horchen auf Gesang und Predigt. Doch das schlaue, stolze Füchslein Gleicht gar manchem Menschenkinde, Heuchlerisch sitzt's in dem hohen Kirchenstuhl, dem hohlen Baumstamm, Blinzelt listig nach den Betern Und bedenkt sich, wen am ersten Nun von all den lieben Freunden Es am Kragen packen werde, Um das Fell über die Ohren Ihm zu zieh'n, -- das heißt ... versteht sich -- Wenn der Gottesdienst vorüber! -- Heute auch war Mess' und Hochamt In dem Buchwald, der am Fuße Von dem Wartburgsberg sich hinzieht, Und der Chor der lieben Sänger War um eine Zunge reicher Noch denn sonst: Im weichen Moose, Unter schwankendem Gezweige, Das ein blühend Faulbaumstämmlein Wie ein weißer Flockenregen Durch das lichte Buchgrün webte, Lag ein Dirnchen, hielt die Arme v. Eschstruth, Katz' und Maus.
Häslein auch ſchlüpft ſcheu durchs Buſchwerk
Zu dem freien Buchwalddome, Und es lauſcht — und fleht — und bittet — Setzt ſich aufrecht — hebt die Pfötlein — Blickt mit klarem Aug' zum Himmel. Neben ihm auf weichem Mooſe Schreiten leis die ſchlanken Rehe, Thuen andachtsvoll ſich nieder, Horchen auf Geſang und Predigt. Doch das ſchlaue, ſtolze Füchslein Gleicht gar manchem Menſchenkinde, Heuchleriſch ſitzt's in dem hohen Kirchenſtuhl, dem hohlen Baumſtamm, Blinzelt liſtig nach den Betern Und bedenkt ſich, wen am erſten Nun von all den lieben Freunden Es am Kragen packen werde, Um das Fell über die Ohren Ihm zu zieh'n, — das heißt ... verſteht ſich — Wenn der Gottesdienſt vorüber! — Heute auch war Meſſ' und Hochamt In dem Buchwald, der am Fuße Von dem Wartburgsberg ſich hinzieht, Und der Chor der lieben Sänger War um eine Zunge reicher Noch denn ſonſt: Im weichen Mooſe, Unter ſchwankendem Gezweige, Das ein blühend Faulbaumſtämmlein Wie ein weißer Flockenregen Durch das lichte Buchgrün webte, Lag ein Dirnchen, hielt die Arme v. Eſchſtruth, Katz' und Maus.
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Häslein auch ſchlüpft ſcheu durchs Buſchwerk
Zu dem freien Buchwalddome,
Und es lauſcht — und fleht — und bittet —
Setzt ſich aufrecht — hebt die Pfötlein —
Blickt mit klarem Aug' zum Himmel.
Neben ihm auf weichem Mooſe
Schreiten leis die ſchlanken Rehe,
Thuen andachtsvoll ſich nieder,
Horchen auf Geſang und Predigt.
Doch das ſchlaue, ſtolze Füchslein
Gleicht gar manchem Menſchenkinde,
Heuchleriſch ſitzt's in dem hohen
Kirchenſtuhl, dem hohlen Baumſtamm,
Blinzelt liſtig nach den Betern
Und bedenkt ſich, wen am erſten
Nun von all den lieben Freunden
Es am Kragen packen werde,
Um das Fell über die Ohren
Ihm zu zieh'n, — das heißt ... verſteht ſich —
Wenn der Gottesdienſt vorüber! —
Heute auch war Meſſ' und Hochamt
In dem Buchwald, der am Fuße
Von dem Wartburgsberg ſich hinzieht,
Und der Chor der lieben Sänger
War um eine Zunge reicher
Noch denn ſonſt: Im weichen Mooſe,
Unter ſchwankendem Gezweige,
Das ein blühend Faulbaumſtämmlein
Wie ein weißer Flockenregen
Durch das lichte Buchgrün webte,
Lag ein Dirnchen, hielt die Arme
v. Eſchſtruth, Katz' und Maus.
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Zitationshilfe: | Eschstruth, Nataly von: Katz' und Maus. Berlin, 1886, S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eschstruth_katz_1886/79>, abgerufen am 16.02.2025. |