Eschstruth, Nataly von: Katz' und Maus. Berlin, 1886.Träumend unterm Kopf verschränket, Daß die braune, schwere Flechte, Glänzend wie das Harz der Tanne, Schlangengleich sich drüber ringelt. Trug ein dunkelzwilchnes Röcklein, Glatt und schlicht; und schmucklos Mieder Spannt sich um die runde Hüfte, Hält das weiße Hemd zusammen, Das sich faltig um den Hals schmiegt, Und das an dem Miederausschnitt Wird vom Strauße überhangen, Dessen schaukelnd blaue Glocken Zahllos in dem Moose blühen. Dirnleins braune Augensterne Blicken sinnend in die Wipfel, Und ein Lied erklinget leise Summend von den frischen Lippen, Und der Wind fängt's auf und trägt es Zu dem Thal, wo hart am Wege Rosenknösplein an dem Zweig nickt, Will's ihm singen und es küssen, Daß es seinen Kelch ihm öffne. Also sang das holde Mägdlein: "Wenn der Morgen früht Und die Primel blüht, Lenzesfreud'! Wenn die Quelle sprüht Und die Rose glüht, Sommerzeit! Wenn die Blätter weh'n Und im Staub vergeh'n, Wintersruh'! Träumend unterm Kopf verſchränket, Daß die braune, ſchwere Flechte, Glänzend wie das Harz der Tanne, Schlangengleich ſich drüber ringelt. Trug ein dunkelzwilchnes Röcklein, Glatt und ſchlicht; und ſchmucklos Mieder Spannt ſich um die runde Hüfte, Hält das weiße Hemd zuſammen, Das ſich faltig um den Hals ſchmiegt, Und das an dem Miederausſchnitt Wird vom Strauße überhangen, Deſſen ſchaukelnd blaue Glocken Zahllos in dem Mooſe blühen. Dirnleins braune Augenſterne Blicken ſinnend in die Wipfel, Und ein Lied erklinget leiſe Summend von den friſchen Lippen, Und der Wind fängt's auf und trägt es Zu dem Thal, wo hart am Wege Roſenknösplein an dem Zweig nickt, Will's ihm ſingen und es küſſen, Daß es ſeinen Kelch ihm öffne. Alſo ſang das holde Mägdlein: „Wenn der Morgen früht Und die Primel blüht, Lenzesfreud'! Wenn die Quelle ſprüht Und die Roſe glüht, Sommerzeit! Wenn die Blätter weh'n Und im Staub vergeh'n, Wintersruh'! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0080" n="66"/> <lg n="3"> <l>Träumend unterm Kopf verſchränket,</l><lb/> <l>Daß die braune, ſchwere Flechte,</l><lb/> <l>Glänzend wie das Harz der Tanne,</l><lb/> <l>Schlangengleich ſich drüber ringelt.</l><lb/> <l>Trug ein dunkelzwilchnes Röcklein,</l><lb/> <l>Glatt und ſchlicht; und ſchmucklos Mieder</l><lb/> <l>Spannt ſich um die runde Hüfte,</l><lb/> <l>Hält das weiße Hemd zuſammen,</l><lb/> <l>Das ſich faltig um den Hals ſchmiegt,</l><lb/> <l>Und das an dem Miederausſchnitt</l><lb/> <l>Wird vom Strauße überhangen,</l><lb/> <l>Deſſen ſchaukelnd blaue Glocken</l><lb/> <l>Zahllos in dem Mooſe blühen.</l><lb/> <l>Dirnleins braune Augenſterne</l><lb/> <l>Blicken ſinnend in die Wipfel,</l><lb/> <l>Und ein Lied erklinget leiſe</l><lb/> <l>Summend von den friſchen Lippen,</l><lb/> <l>Und der Wind fängt's auf und trägt es</l><lb/> <l>Zu dem Thal, wo hart am Wege</l><lb/> <l>Roſenknösplein an dem Zweig nickt,</l><lb/> <l>Will's ihm ſingen und es küſſen,</l><lb/> <l>Daß es ſeinen Kelch ihm öffne.</l><lb/> <l>Alſo ſang das holde Mägdlein:</l><lb/> </lg> <lg n="4"> <l rendition="#et">„Wenn der Morgen früht</l><lb/> <l rendition="#et">Und die Primel blüht,</l><lb/> <l rendition="#et">Lenzesfreud'!</l><lb/> <l rendition="#et">Wenn die Quelle ſprüht</l><lb/> <l rendition="#et">Und die Roſe glüht,</l><lb/> <l rendition="#et">Sommerzeit!</l><lb/> <l rendition="#et">Wenn die Blätter weh'n</l><lb/> <l rendition="#et">Und im Staub vergeh'n,</l><lb/> <l rendition="#et">Wintersruh'!</l><lb/> </lg> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [66/0080]
Träumend unterm Kopf verſchränket,
Daß die braune, ſchwere Flechte,
Glänzend wie das Harz der Tanne,
Schlangengleich ſich drüber ringelt.
Trug ein dunkelzwilchnes Röcklein,
Glatt und ſchlicht; und ſchmucklos Mieder
Spannt ſich um die runde Hüfte,
Hält das weiße Hemd zuſammen,
Das ſich faltig um den Hals ſchmiegt,
Und das an dem Miederausſchnitt
Wird vom Strauße überhangen,
Deſſen ſchaukelnd blaue Glocken
Zahllos in dem Mooſe blühen.
Dirnleins braune Augenſterne
Blicken ſinnend in die Wipfel,
Und ein Lied erklinget leiſe
Summend von den friſchen Lippen,
Und der Wind fängt's auf und trägt es
Zu dem Thal, wo hart am Wege
Roſenknösplein an dem Zweig nickt,
Will's ihm ſingen und es küſſen,
Daß es ſeinen Kelch ihm öffne.
Alſo ſang das holde Mägdlein:
„Wenn der Morgen früht
Und die Primel blüht,
Lenzesfreud'!
Wenn die Quelle ſprüht
Und die Roſe glüht,
Sommerzeit!
Wenn die Blätter weh'n
Und im Staub vergeh'n,
Wintersruh'!
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