Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Estor, Johann Georg: Bürgerliche rechtsgelehrsamkeit der Teutschen. Bd. 1. Marburg, 1757.

Bild:
<< vorherige Seite

hebammen oder wehmüttern.
ihres christentumes versichert sey, anerwogen sie
in solchen sachen gebrauchet werden, welche mit
leib- und lebensgefar verknüpfet sind, folglich auf
ihre erfahrung zuförderst zu sehen ist. Hiernächst
sollen sie verpflichtet werden, sich des fluchens und
vollsaufens etc. enthalten, keine aberglaubische
händel bei der geburt und sonst treiben, den er-
teilten instructionen nachleben, sich keiner instru-
menten für sich bedienen. Sie dürfen ohne er-
laubnis der oberkeit nicht verreisen, vielmehr sich
zu hause finden lassen. Sie sollen sich des arze-
nei-gebens enthalten, der ärzte und fürgesezten
rate folgen, in schweren fällen den medicum und
andre zu rate zihen, zu den armen und reichen
schwangern und gebärenden weibespersonen, auch
kindbetterinnen zu kommen sich nicht weigern;
wenn sie uneheliger personen schwängerungen ver-
nemen, oder misgeburten haben, der oberkeit da-
von anzeige thun. Zur pestzeit mögen sie ohne
befehl und vorbewust der oberkeit oder fürgesetzten
zu verdächtigen und kranken personen nicht gehen,
und müssen des herumlaufens sich enthalten; in
notfällen die taufe im namen Gottes des vaters,
des sohnes und des heiligen geistes, verrichten,
S. Gothaische landes-ordnung P. III s. 509,
Strasburgische hebammen-ordnung § 31 s. 19,
Kur-Braunschweigische landesgesäze, im Iten teile
s. 140 fg. S. Weimarische kirchen-ordnung im
IIten Buche cap. 12 n. 4, Böhmer im iure ec-
clesiastico protestantium lib. III tit.
42 § 4
s. 822 vol. 3.

§ 625

Die wehmütter haben über ihren lon, meistensihre freihei-
ten.

von den gemeinden einige ergözlichkeiten, sie sind
auch wohl von den fronen und andern diensten
frei. Man hat die vermuthung für sie, daß sie

aus

hebammen oder wehmuͤttern.
ihres chriſtentumes verſichert ſey, anerwogen ſie
in ſolchen ſachen gebrauchet werden, welche mit
leib- und lebensgefar verknuͤpfet ſind, folglich auf
ihre erfahrung zufoͤrderſt zu ſehen iſt. Hiernaͤchſt
ſollen ſie verpflichtet werden, ſich des fluchens und
vollſaufens ꝛc. enthalten, keine aberglaubiſche
haͤndel bei der geburt und ſonſt treiben, den er-
teilten inſtructionen nachleben, ſich keiner inſtru-
menten fuͤr ſich bedienen. Sie duͤrfen ohne er-
laubnis der oberkeit nicht verreiſen, vielmehr ſich
zu hauſe finden laſſen. Sie ſollen ſich des arze-
nei-gebens enthalten, der aͤrzte und fuͤrgeſezten
rate folgen, in ſchweren faͤllen den medicum und
andre zu rate zihen, zu den armen und reichen
ſchwangern und gebaͤrenden weibesperſonen, auch
kindbetterinnen zu kommen ſich nicht weigern;
wenn ſie uneheliger perſonen ſchwaͤngerungen ver-
nemen, oder misgeburten haben, der oberkeit da-
von anzeige thun. Zur peſtzeit moͤgen ſie ohne
befehl und vorbewuſt der oberkeit oder fuͤrgeſetzten
zu verdaͤchtigen und kranken perſonen nicht gehen,
und muͤſſen des herumlaufens ſich enthalten; in
notfaͤllen die taufe im namen Gottes des vaters,
des ſohnes und des heiligen geiſtes, verrichten,
S. Gothaiſche landes-ordnung P. III ſ. 509,
Strasburgiſche hebammen-ordnung § 31 ſ. 19,
Kur-Braunſchweigiſche landesgeſaͤze, im Iten teile
ſ. 140 fg. S. Weimariſche kirchen-ordnung im
IIten Buche cap. 12 n. 4, Boͤhmer im iure ec-
cleſiaſtico proteſtantium lib. III tit.
42 § 4
ſ. 822 vol. 3.

§ 625

Die wehmuͤtter haben uͤber ihren lon, meiſtensihre freihei-
ten.

von den gemeinden einige ergoͤzlichkeiten, ſie ſind
auch wohl von den fronen und andern dienſten
frei. Man hat die vermuthung fuͤr ſie, daß ſie

aus
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <div n="3">
          <p><pb facs="#f0267" n="255"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">hebammen oder wehmu&#x0364;ttern.</hi></fw><lb/>
ihres chri&#x017F;tentumes ver&#x017F;ichert &#x017F;ey, anerwogen &#x017F;ie<lb/>
in &#x017F;olchen &#x017F;achen gebrauchet werden, welche mit<lb/>
leib- und lebensgefar verknu&#x0364;pfet &#x017F;ind, folglich auf<lb/>
ihre erfahrung zufo&#x0364;rder&#x017F;t zu &#x017F;ehen i&#x017F;t. Hierna&#x0364;ch&#x017F;t<lb/>
&#x017F;ollen &#x017F;ie verpflichtet werden, &#x017F;ich des fluchens und<lb/>
voll&#x017F;aufens &#xA75B;c. enthalten, keine aberglaubi&#x017F;che<lb/>
ha&#x0364;ndel bei der geburt und &#x017F;on&#x017F;t treiben, den er-<lb/>
teilten in&#x017F;tructionen nachleben, &#x017F;ich keiner in&#x017F;tru-<lb/>
menten fu&#x0364;r &#x017F;ich bedienen. Sie du&#x0364;rfen ohne er-<lb/>
laubnis der oberkeit nicht verrei&#x017F;en, vielmehr &#x017F;ich<lb/>
zu hau&#x017F;e finden la&#x017F;&#x017F;en. Sie &#x017F;ollen &#x017F;ich des arze-<lb/>
nei-gebens enthalten, der a&#x0364;rzte und fu&#x0364;rge&#x017F;ezten<lb/>
rate folgen, in &#x017F;chweren fa&#x0364;llen den medicum und<lb/>
andre zu rate zihen, zu den armen und reichen<lb/>
&#x017F;chwangern und geba&#x0364;renden weibesper&#x017F;onen, auch<lb/>
kindbetterinnen zu kommen &#x017F;ich nicht weigern;<lb/>
wenn &#x017F;ie uneheliger per&#x017F;onen &#x017F;chwa&#x0364;ngerungen ver-<lb/>
nemen, oder misgeburten haben, der oberkeit da-<lb/>
von anzeige thun. Zur pe&#x017F;tzeit mo&#x0364;gen &#x017F;ie ohne<lb/>
befehl und vorbewu&#x017F;t der oberkeit oder fu&#x0364;rge&#x017F;etzten<lb/>
zu verda&#x0364;chtigen und kranken per&#x017F;onen nicht gehen,<lb/>
und mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en des herumlaufens &#x017F;ich enthalten; in<lb/>
notfa&#x0364;llen die taufe im namen Gottes des vaters,<lb/>
des &#x017F;ohnes und des heiligen gei&#x017F;tes, verrichten,<lb/>
S. Gothai&#x017F;che landes-ordnung <hi rendition="#aq">P. III</hi> &#x017F;. 509,<lb/>
Strasburgi&#x017F;che hebammen-ordnung § 31 &#x017F;. 19,<lb/>
Kur-Braun&#x017F;chweigi&#x017F;che landesge&#x017F;a&#x0364;ze, im <hi rendition="#aq">I</hi>ten teile<lb/>
&#x017F;. 140 fg. S. Weimari&#x017F;che kirchen-ordnung im<lb/><hi rendition="#aq">II</hi>ten Buche cap. 12 n. 4, <hi rendition="#fr">Bo&#x0364;hmer</hi> im <hi rendition="#aq">iure ec-<lb/>
cle&#x017F;ia&#x017F;tico prote&#x017F;tantium lib. III tit.</hi> 42 § 4<lb/>
&#x017F;. 822 vol. 3.</p>
        </div><lb/>
        <div n="3">
          <head>§ 625</head><lb/>
          <p>Die wehmu&#x0364;tter haben u&#x0364;ber ihren lon, mei&#x017F;tens<note place="right">ihre freihei-<lb/>
ten.</note><lb/>
von den gemeinden einige ergo&#x0364;zlichkeiten, &#x017F;ie &#x017F;ind<lb/>
auch wohl von den fronen und andern dien&#x017F;ten<lb/>
frei. Man hat die vermuthung fu&#x0364;r &#x017F;ie, daß &#x017F;ie<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">aus</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[255/0267] hebammen oder wehmuͤttern. ihres chriſtentumes verſichert ſey, anerwogen ſie in ſolchen ſachen gebrauchet werden, welche mit leib- und lebensgefar verknuͤpfet ſind, folglich auf ihre erfahrung zufoͤrderſt zu ſehen iſt. Hiernaͤchſt ſollen ſie verpflichtet werden, ſich des fluchens und vollſaufens ꝛc. enthalten, keine aberglaubiſche haͤndel bei der geburt und ſonſt treiben, den er- teilten inſtructionen nachleben, ſich keiner inſtru- menten fuͤr ſich bedienen. Sie duͤrfen ohne er- laubnis der oberkeit nicht verreiſen, vielmehr ſich zu hauſe finden laſſen. Sie ſollen ſich des arze- nei-gebens enthalten, der aͤrzte und fuͤrgeſezten rate folgen, in ſchweren faͤllen den medicum und andre zu rate zihen, zu den armen und reichen ſchwangern und gebaͤrenden weibesperſonen, auch kindbetterinnen zu kommen ſich nicht weigern; wenn ſie uneheliger perſonen ſchwaͤngerungen ver- nemen, oder misgeburten haben, der oberkeit da- von anzeige thun. Zur peſtzeit moͤgen ſie ohne befehl und vorbewuſt der oberkeit oder fuͤrgeſetzten zu verdaͤchtigen und kranken perſonen nicht gehen, und muͤſſen des herumlaufens ſich enthalten; in notfaͤllen die taufe im namen Gottes des vaters, des ſohnes und des heiligen geiſtes, verrichten, S. Gothaiſche landes-ordnung P. III ſ. 509, Strasburgiſche hebammen-ordnung § 31 ſ. 19, Kur-Braunſchweigiſche landesgeſaͤze, im Iten teile ſ. 140 fg. S. Weimariſche kirchen-ordnung im IIten Buche cap. 12 n. 4, Boͤhmer im iure ec- cleſiaſtico proteſtantium lib. III tit. 42 § 4 ſ. 822 vol. 3. § 625 Die wehmuͤtter haben uͤber ihren lon, meiſtens von den gemeinden einige ergoͤzlichkeiten, ſie ſind auch wohl von den fronen und andern dienſten frei. Man hat die vermuthung fuͤr ſie, daß ſie aus ihre freihei- ten.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit01_1757
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit01_1757/267
Zitationshilfe: Estor, Johann Georg: Bürgerliche rechtsgelehrsamkeit der Teutschen. Bd. 1. Marburg, 1757, S. 255. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit01_1757/267>, abgerufen am 22.11.2024.