Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Estor, Johann Georg: Bürgerliche rechtsgelehrsamkeit der Teutschen. Bd. 1. Marburg, 1757.

Bild:
<< vorherige Seite

wittume und leibgedinge.
hilten, so lange der männliche stamm vorhanden
war. Derowegen sie mit der aussteuer zufriden
seyn musten. Disemnach hatten die Teutschen
weibesbilder ausser einigen geschenken, auch irer
ausstattung, nichts als ire personen, welche sie
belibet machen konnte. Die mannspersonen mu-
sten sich darmit begnügen, und auf irer frauen
fernere versorgung bedacht seyn. Diser alte ge-
brauch ist in den nachfolgenden zeiten gebliben,
und in den land- auch vilen stadt-gesäzen beibe-
halten worden, Fürstl. Heßische gerichtsordnung
vom jare 1497 cap. 29 und cap. 30, Ostfrisisch.
landrecht im IIten buche cap. 209, cap. 212, die
Wormsische reformation vom jare 1561 im Vten
buche, Vten teile, tit. I. Gleichwol hat diser ge-
brauch durch die einfürung des Römischen rech-
tes, und mit selbigem die Römische brautgift, eine
merkliche änderung erlitten, immasen dadurch der
unterschid zwischen dem wittume und dem leibge-
dinge entstanden ist.

§ 815

Der unterschid zwischen dem wittume des ho-der wittum
ist vom leib-
gedinge un-
terschiden.

hen und nidern adels, auch dem leibgedinge, ist
nach dem heutigen gerichtsbrauche allerdings be-
gründet; obgleich der wittum älter, als das leib-
geding ist, Estor am a. o. obs. II s. 7 fg. B.G.
Struve
in den elementis iuris feudalis cap.
XIII § 374 fgg., herr H. R. Hellfeld in Stru-
vens iurisprudentia heroica P. III s. 215 s. 233
fgg.; sintemal das leibgeding einen brautschaz der
ehefrau voraussezet, hingegen der wittum sich auf
die Teutsche brautgabe gründet, welchen der ehe-
mann seiner ehegenoßin zu reichen verbunden war,
damit sie hiervon, und der morgengabe, nach des
ehemannes ableben iren unterhalt haben möchte;
folglich der wittum keine mitgift voraussezet, vil-

mehr

wittume und leibgedinge.
hilten, ſo lange der maͤnnliche ſtamm vorhanden
war. Derowegen ſie mit der ausſteuer zufriden
ſeyn muſten. Diſemnach hatten die Teutſchen
weibesbilder auſſer einigen geſchenken, auch irer
ausſtattung, nichts als ire perſonen, welche ſie
belibet machen konnte. Die mannsperſonen mu-
ſten ſich darmit begnuͤgen, und auf irer frauen
fernere verſorgung bedacht ſeyn. Diſer alte ge-
brauch iſt in den nachfolgenden zeiten gebliben,
und in den land- auch vilen ſtadt-geſaͤzen beibe-
halten worden, Fuͤrſtl. Heßiſche gerichtsordnung
vom jare 1497 cap. 29 und cap. 30, Oſtfriſiſch.
landrecht im IIten buche cap. 209, cap. 212, die
Wormſiſche reformation vom jare 1561 im Vten
buche, Vten teile, tit. I. Gleichwol hat diſer ge-
brauch durch die einfuͤrung des Roͤmiſchen rech-
tes, und mit ſelbigem die Roͤmiſche brautgift, eine
merkliche aͤnderung erlitten, immaſen dadurch der
unterſchid zwiſchen dem wittume und dem leibge-
dinge entſtanden iſt.

§ 815

Der unterſchid zwiſchen dem wittume des ho-der wittum
iſt vom leib-
gedinge un-
terſchiden.

hen und nidern adels, auch dem leibgedinge, iſt
nach dem heutigen gerichtsbrauche allerdings be-
gruͤndet; obgleich der wittum aͤlter, als das leib-
geding iſt, Eſtor am a. o. obſ. II ſ. 7 fg. B.G.
Struve
in den elementis iuris feudalis cap.
XIII § 374 fgg., herr H. R. Hellfeld in Stru-
vens iurisprudentia heroica P. III ſ. 215 ſ. 233
fgg.; ſintemal das leibgeding einen brautſchaz der
ehefrau vorausſezet, hingegen der wittum ſich auf
die Teutſche brautgabe gruͤndet, welchen der ehe-
mann ſeiner ehegenoßin zu reichen verbunden war,
damit ſie hiervon, und der morgengabe, nach des
ehemannes ableben iren unterhalt haben moͤchte;
folglich der wittum keine mitgift vorausſezet, vil-

mehr
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <div n="3">
          <p><pb facs="#f0361" n="349"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">wittume und leibgedinge.</hi></fw><lb/>
hilten, &#x017F;o lange der ma&#x0364;nnliche &#x017F;tamm vorhanden<lb/>
war. Derowegen &#x017F;ie mit der aus&#x017F;teuer zufriden<lb/>
&#x017F;eyn mu&#x017F;ten. Di&#x017F;emnach hatten die Teut&#x017F;chen<lb/>
weibesbilder au&#x017F;&#x017F;er einigen ge&#x017F;chenken, auch irer<lb/>
aus&#x017F;tattung, nichts als ire per&#x017F;onen, welche &#x017F;ie<lb/>
belibet machen konnte. Die mannsper&#x017F;onen mu-<lb/>
&#x017F;ten &#x017F;ich darmit begnu&#x0364;gen, und auf irer frauen<lb/>
fernere ver&#x017F;orgung bedacht &#x017F;eyn. Di&#x017F;er alte ge-<lb/>
brauch i&#x017F;t in den nachfolgenden zeiten gebliben,<lb/>
und in den land- auch vilen &#x017F;tadt-ge&#x017F;a&#x0364;zen beibe-<lb/>
halten worden, Fu&#x0364;r&#x017F;tl. Heßi&#x017F;che gerichtsordnung<lb/>
vom jare 1497 cap. 29 und cap. 30, O&#x017F;tfri&#x017F;i&#x017F;ch.<lb/>
landrecht im <hi rendition="#aq">II</hi>ten buche cap. 209, cap. 212, die<lb/>
Worm&#x017F;i&#x017F;che reformation vom jare 1561 im <hi rendition="#aq">V</hi>ten<lb/>
buche, <hi rendition="#aq">V</hi>ten teile, tit. <hi rendition="#aq">I.</hi> Gleichwol hat di&#x017F;er ge-<lb/>
brauch durch die einfu&#x0364;rung des Ro&#x0364;mi&#x017F;chen rech-<lb/>
tes, und mit &#x017F;elbigem die Ro&#x0364;mi&#x017F;che brautgift, eine<lb/>
merkliche a&#x0364;nderung erlitten, imma&#x017F;en dadurch der<lb/>
unter&#x017F;chid zwi&#x017F;chen dem wittume und dem leibge-<lb/>
dinge ent&#x017F;tanden i&#x017F;t.</p>
        </div><lb/>
        <div n="3">
          <head>§ 815</head><lb/>
          <p>Der unter&#x017F;chid zwi&#x017F;chen dem wittume des ho-<note place="right">der wittum<lb/>
i&#x017F;t vom leib-<lb/>
gedinge un-<lb/>
ter&#x017F;chiden.</note><lb/>
hen und nidern adels, auch dem leibgedinge, i&#x017F;t<lb/>
nach dem heutigen gerichtsbrauche allerdings be-<lb/>
gru&#x0364;ndet; obgleich der wittum a&#x0364;lter, als das leib-<lb/>
geding i&#x017F;t, <hi rendition="#fr">E&#x017F;tor</hi> am a. o. ob&#x017F;. <hi rendition="#aq">II</hi> &#x017F;. 7 fg. <hi rendition="#fr">B.G.<lb/>
Struve</hi> in den <hi rendition="#aq">elementis iuris feudalis</hi> cap.<lb/><hi rendition="#aq">XIII</hi> § 374 fgg., herr <hi rendition="#fr">H. R. Hellfeld</hi> in Stru-<lb/>
vens <hi rendition="#aq">iurisprudentia heroica P. III</hi> &#x017F;. 215 &#x017F;. 233<lb/>
fgg.; &#x017F;intemal das leibgeding einen braut&#x017F;chaz der<lb/>
ehefrau voraus&#x017F;ezet, hingegen der wittum &#x017F;ich auf<lb/>
die Teut&#x017F;che brautgabe gru&#x0364;ndet, welchen der ehe-<lb/>
mann &#x017F;einer ehegenoßin zu reichen verbunden war,<lb/>
damit &#x017F;ie hiervon, und der morgengabe, nach des<lb/>
ehemannes ableben iren unterhalt haben mo&#x0364;chte;<lb/>
folglich der wittum keine mitgift voraus&#x017F;ezet, vil-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">mehr</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[349/0361] wittume und leibgedinge. hilten, ſo lange der maͤnnliche ſtamm vorhanden war. Derowegen ſie mit der ausſteuer zufriden ſeyn muſten. Diſemnach hatten die Teutſchen weibesbilder auſſer einigen geſchenken, auch irer ausſtattung, nichts als ire perſonen, welche ſie belibet machen konnte. Die mannsperſonen mu- ſten ſich darmit begnuͤgen, und auf irer frauen fernere verſorgung bedacht ſeyn. Diſer alte ge- brauch iſt in den nachfolgenden zeiten gebliben, und in den land- auch vilen ſtadt-geſaͤzen beibe- halten worden, Fuͤrſtl. Heßiſche gerichtsordnung vom jare 1497 cap. 29 und cap. 30, Oſtfriſiſch. landrecht im IIten buche cap. 209, cap. 212, die Wormſiſche reformation vom jare 1561 im Vten buche, Vten teile, tit. I. Gleichwol hat diſer ge- brauch durch die einfuͤrung des Roͤmiſchen rech- tes, und mit ſelbigem die Roͤmiſche brautgift, eine merkliche aͤnderung erlitten, immaſen dadurch der unterſchid zwiſchen dem wittume und dem leibge- dinge entſtanden iſt. § 815 Der unterſchid zwiſchen dem wittume des ho- hen und nidern adels, auch dem leibgedinge, iſt nach dem heutigen gerichtsbrauche allerdings be- gruͤndet; obgleich der wittum aͤlter, als das leib- geding iſt, Eſtor am a. o. obſ. II ſ. 7 fg. B.G. Struve in den elementis iuris feudalis cap. XIII § 374 fgg., herr H. R. Hellfeld in Stru- vens iurisprudentia heroica P. III ſ. 215 ſ. 233 fgg.; ſintemal das leibgeding einen brautſchaz der ehefrau vorausſezet, hingegen der wittum ſich auf die Teutſche brautgabe gruͤndet, welchen der ehe- mann ſeiner ehegenoßin zu reichen verbunden war, damit ſie hiervon, und der morgengabe, nach des ehemannes ableben iren unterhalt haben moͤchte; folglich der wittum keine mitgift vorausſezet, vil- mehr der wittum iſt vom leib- gedinge un- terſchiden.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit01_1757
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit01_1757/361
Zitationshilfe: Estor, Johann Georg: Bürgerliche rechtsgelehrsamkeit der Teutschen. Bd. 1. Marburg, 1757, S. 349. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit01_1757/361>, abgerufen am 23.11.2024.