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Estor, Johann Georg: Bürgerliche rechtsgelehrsamkeit der Teutschen. Bd. 1. Marburg, 1757.

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CXXI haubtst. von der
§ 947
ob solche für
ein anlehn
oder ge-
schenk zu
halten ist?

Nur fraget sichs, ob dise hülfe für ein anlehn,
oder für eine schenkung zu halten sey? Die Wit-
tenbergische Juristen-facultät beiahet das lezte,
von Wernher am a. o. P. I obs. 166. Hinge-
gen die Jenenser und Leipziger halten sie für ein
anlehn, von Lynker decis. 612. Barth im dis-
sensu
487.

§ 948
wird mit
unterschid
erörtert.

Ich mache hier einen unterschid unter der eh-
ren und väterlichen hülfe am gelte. Jene heisset,
was vor, oder bei der verheiratung die ältern den
kindern geben. Dise ist eine zu rechte beständige
unwiderrufliche schenkung, von Leyser specim.
306 medit. I,
von Berger in der oeconomia
iuris
s. 500. Was aber nach der verheiratung
die kinder empfangen, das ist mit einem unter-
schide zu beurteilen. Entweder der vater oder die
mutter haben merere kinder, und eines erhält
währender ehe einen gelt-vorschuß; so ist ein an-
lehn sonder interesse vorhanden. Geben aber die
ältern einem ieden irer vereheligten kinder an gel-
te, oder ligenden gründen etwas in gleicher sum-
me, oder acker-zale; so ist es ebenfalls ein unwie-
derrufliches Teutsches geschenke.

§ 949
die väterli-
che hülfe
wurde den
kindern ei-
gen.

Die also genannte väterliche oder mütterliche
hülfe, da ältern iren erwachsenen kindern zur bes-
seren bestreitung der eigenen angestellten haushal-
tung einiges geben, gehörete völlig und eigentüm-
lich dem sone, oder der tochter, Thomasius in
der disp. de vsu iuris paterni Romanorum se-
cundum mores Germaniae, cap. II
§ 7, von
Neumann
de patria potestate lib. I tit. 12 § 25;
anerwogen dasjenige, was der vater auf seinen
son verwendet, oder selbigen gibet für geschenket

geach-
CXXI haubtſt. von der
§ 947
ob ſolche fuͤr
ein anlehn
oder ge-
ſchenk zu
halten iſt?

Nur fraget ſichs, ob diſe huͤlfe fuͤr ein anlehn,
oder fuͤr eine ſchenkung zu halten ſey? Die Wit-
tenbergiſche Juriſten-facultaͤt beiahet das lezte,
von Wernher am a. o. P. I obſ. 166. Hinge-
gen die Jenenſer und Leipziger halten ſie fuͤr ein
anlehn, von Lynker deciſ. 612. Barth im dis-
ſenſu
487.

§ 948
wird mit
unterſchid
eroͤrtert.

Ich mache hier einen unterſchid unter der eh-
ren und vaͤterlichen huͤlfe am gelte. Jene heiſſet,
was vor, oder bei der verheiratung die aͤltern den
kindern geben. Diſe iſt eine zu rechte beſtaͤndige
unwiderrufliche ſchenkung, von Leyſer ſpecim.
306 medit. I,
von Berger in der oeconomia
iuris
ſ. 500. Was aber nach der verheiratung
die kinder empfangen, das iſt mit einem unter-
ſchide zu beurteilen. Entweder der vater oder die
mutter haben merere kinder, und eines erhaͤlt
waͤhrender ehe einen gelt-vorſchuß; ſo iſt ein an-
lehn ſonder intereſſe vorhanden. Geben aber die
aͤltern einem ieden irer vereheligten kinder an gel-
te, oder ligenden gruͤnden etwas in gleicher ſum-
me, oder acker-zale; ſo iſt es ebenfalls ein unwie-
derrufliches Teutſches geſchenke.

§ 949
die vaͤterli-
che huͤlfe
wurde den
kindern ei-
gen.

Die alſo genannte vaͤterliche oder muͤtterliche
huͤlfe, da aͤltern iren erwachſenen kindern zur beſ-
ſeren beſtreitung der eigenen angeſtellten haushal-
tung einiges geben, gehoͤrete voͤllig und eigentuͤm-
lich dem ſone, oder der tochter, Thomaſius in
der diſp. de vſu iuris paterni Romanorum ſe-
cundum mores Germaniae, cap. II
§ 7, von
Neumann
de patria poteſtate lib. I tit. 12 § 25;
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ſon verwendet, oder ſelbigen gibet fuͤr geſchenket

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[408/0420] CXXI haubtſt. von der § 947 Nur fraget ſichs, ob diſe huͤlfe fuͤr ein anlehn, oder fuͤr eine ſchenkung zu halten ſey? Die Wit- tenbergiſche Juriſten-facultaͤt beiahet das lezte, von Wernher am a. o. P. I obſ. 166. Hinge- gen die Jenenſer und Leipziger halten ſie fuͤr ein anlehn, von Lynker deciſ. 612. Barth im dis- ſenſu 487. § 948 Ich mache hier einen unterſchid unter der eh- ren und vaͤterlichen huͤlfe am gelte. Jene heiſſet, was vor, oder bei der verheiratung die aͤltern den kindern geben. Diſe iſt eine zu rechte beſtaͤndige unwiderrufliche ſchenkung, von Leyſer ſpecim. 306 medit. I, von Berger in der oeconomia iuris ſ. 500. Was aber nach der verheiratung die kinder empfangen, das iſt mit einem unter- ſchide zu beurteilen. Entweder der vater oder die mutter haben merere kinder, und eines erhaͤlt waͤhrender ehe einen gelt-vorſchuß; ſo iſt ein an- lehn ſonder intereſſe vorhanden. Geben aber die aͤltern einem ieden irer vereheligten kinder an gel- te, oder ligenden gruͤnden etwas in gleicher ſum- me, oder acker-zale; ſo iſt es ebenfalls ein unwie- derrufliches Teutſches geſchenke. § 949 Die alſo genannte vaͤterliche oder muͤtterliche huͤlfe, da aͤltern iren erwachſenen kindern zur beſ- ſeren beſtreitung der eigenen angeſtellten haushal- tung einiges geben, gehoͤrete voͤllig und eigentuͤm- lich dem ſone, oder der tochter, Thomaſius in der diſp. de vſu iuris paterni Romanorum ſe- cundum mores Germaniae, cap. II § 7, von Neumann de patria poteſtate lib. I tit. 12 § 25; anerwogen dasjenige, was der vater auf ſeinen ſon verwendet, oder ſelbigen gibet fuͤr geſchenket geach-

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Zitationshilfe: Estor, Johann Georg: Bürgerliche rechtsgelehrsamkeit der Teutschen. Bd. 1. Marburg, 1757, S. 408. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit01_1757/420>, abgerufen am 22.11.2024.