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Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 2. Marburg, 1758.

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LXXXIIII haubtstück
die schöffen vorstellen. Aus diser ursache beschihet
es, daß, wenn peinliche sachen von einer regirung,
justiz-kanzellei etc. an eine juristen-facultät einlau-
fen, man dennoch das urtel nicht in deren namen
abfasset, sondern sezet: "erkennen z. e. hochgräfli-
"che peinliche richter und schöppen" etc., oder er-
kennen zu diser sache verordneten commissarien als
peinlicher richter und schöffen etc. Denn die peinli-
che hals-gerichts-ordnung erheischet als etwas we-
sentliches die förmliche besezung der gerichts-bank
durch einen richter und schöffen. Wo man aber
dis, wie im Lüneburgischen, abgeschaffet hat, da ist
es ein anders, Pufendorfs introductio in proces-
sum crim. Br. Luneb.

§ 6583
ob die schöffen
gelehrt seyn
müssen?

Der Teutsche erfoderte weder vom richter,
noch schöffen, eine rechts-gelahrheit, sondern er war
mit einem unstudirten richter zufriden. Der dr.
Luther im VIten Jenaischen teile seiner werke über
den CIten psalm s. 140 nennet solche: geschaffene
juristen. Kaiser Carl V im Iten artikel der pein-
lichen halsgerichts-ordnung begeret nach befinden
nur verständige und erfarne personen, von Leyser
specim. DCLXXX med. 37 fg. Jeweilen zoge man
rechts-erfarne zu rahte.

§ 6584
die schöffen
waren unter-
schidlich,

Die schöffen waren mancherlei. Man hatte
land- und stadt-schöffen, cent-amts-hobs- lehns-ge-
richts-dorf-frei-schöffen, stats- und reise-geographi
VIII s. 192. Sihe auch die Hennebergische lan-
des-ordnung II cap. 7 s. 61 fg. Sie werden jewei-
len ding-leute genennet, Hamburgisches stadt-recht I
tit. VI art. 1 fg. Alle und iede musten freie seyn.
Daher auch der gerichts-schöf in einem dorfe von

seinem

LXXXIIII haubtſtuͤck
die ſchoͤffen vorſtellen. Aus diſer urſache beſchihet
es, daß, wenn peinliche ſachen von einer regirung,
juſtiz-kanzellei ꝛc. an eine juriſten-facultaͤt einlau-
fen, man dennoch das urtel nicht in deren namen
abfaſſet, ſondern ſezet: „erkennen z. e. hochgraͤfli-
„che peinliche richter und ſchoͤppen„ ꝛc., oder er-
kennen zu diſer ſache verordneten commiſſarien als
peinlicher richter und ſchoͤffen ꝛc. Denn die peinli-
che hals-gerichts-ordnung erheiſchet als etwas we-
ſentliches die foͤrmliche beſezung der gerichts-bank
durch einen richter und ſchoͤffen. Wo man aber
dis, wie im Luͤneburgiſchen, abgeſchaffet hat, da iſt
es ein anders, Pufendorfs introductio in proceſ-
ſum crim. Br. Luneb.

§ 6583
ob die ſchoͤffen
gelehrt ſeyn
muͤſſen?

Der Teutſche erfoderte weder vom richter,
noch ſchoͤffen, eine rechts-gelahrheit, ſondern er war
mit einem unſtudirten richter zufriden. Der dr.
Luther im VIten Jenaiſchen teile ſeiner werke uͤber
den CIten pſalm ſ. 140 nennet ſolche: geſchaffene
juriſten. Kaiſer Carl V im Iten artikel der pein-
lichen halsgerichts-ordnung begeret nach befinden
nur verſtaͤndige und erfarne perſonen, von Leyſer
ſpecim. DCLXXX med. 37 fg. Jeweilen zoge man
rechts-erfarne zu rahte.

§ 6584
die ſchoͤffen
waren unter-
ſchidlich,

Die ſchoͤffen waren mancherlei. Man hatte
land- und ſtadt-ſchoͤffen, cent-amts-hobs- lehns-ge-
richts-dorf-frei-ſchoͤffen, ſtats- und reiſe-geographi
VIII ſ. 192. Sihe auch die Hennebergiſche lan-
des-ordnung II cap. 7 ſ. 61 fg. Sie werden jewei-
len ding-leute genennet, Hamburgiſches ſtadt-recht I
tit. VI art. 1 fg. Alle und iede muſten freie ſeyn.
Daher auch der gerichts-ſchoͤf in einem dorfe von

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[1120/1168] LXXXIIII haubtſtuͤck die ſchoͤffen vorſtellen. Aus diſer urſache beſchihet es, daß, wenn peinliche ſachen von einer regirung, juſtiz-kanzellei ꝛc. an eine juriſten-facultaͤt einlau- fen, man dennoch das urtel nicht in deren namen abfaſſet, ſondern ſezet: „erkennen z. e. hochgraͤfli- „che peinliche richter und ſchoͤppen„ ꝛc., oder er- kennen zu diſer ſache verordneten commiſſarien als peinlicher richter und ſchoͤffen ꝛc. Denn die peinli- che hals-gerichts-ordnung erheiſchet als etwas we- ſentliches die foͤrmliche beſezung der gerichts-bank durch einen richter und ſchoͤffen. Wo man aber dis, wie im Luͤneburgiſchen, abgeſchaffet hat, da iſt es ein anders, Pufendorfs introductio in proceſ- ſum crim. Br. Luneb. § 6583 Der Teutſche erfoderte weder vom richter, noch ſchoͤffen, eine rechts-gelahrheit, ſondern er war mit einem unſtudirten richter zufriden. Der dr. Luther im VIten Jenaiſchen teile ſeiner werke uͤber den CIten pſalm ſ. 140 nennet ſolche: geſchaffene juriſten. Kaiſer Carl V im Iten artikel der pein- lichen halsgerichts-ordnung begeret nach befinden nur verſtaͤndige und erfarne perſonen, von Leyſer ſpecim. DCLXXX med. 37 fg. Jeweilen zoge man rechts-erfarne zu rahte. § 6584 Die ſchoͤffen waren mancherlei. Man hatte land- und ſtadt-ſchoͤffen, cent-amts-hobs- lehns-ge- richts-dorf-frei-ſchoͤffen, ſtats- und reiſe-geographi VIII ſ. 192. Sihe auch die Hennebergiſche lan- des-ordnung II cap. 7 ſ. 61 fg. Sie werden jewei- len ding-leute genennet, Hamburgiſches ſtadt-recht I tit. VI art. 1 fg. Alle und iede muſten freie ſeyn. Daher auch der gerichts-ſchoͤf in einem dorfe von ſeinem

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Zitationshilfe: Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 2. Marburg, 1758, S. 1120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit02_1758/1168>, abgerufen am 22.11.2024.