Man findet solche in fürstlichen, gräflichen häu- sern, bei der Reichs-ritterschaft, nicht minder bei dem landsässigen adel. Disemnach erstlich von den verzichten des weiblichen geschlechts, sodann von den männlichen gehandelt werden soll.
§ 3178
Das an den fürstlichen und gräflichen höfen ein-wodurch die verzichte ver- anlasset wor- den, schleichende Römische und geistliche recht haben diß abentheuer geboren, und als einen zankapfel unter den hohen und nidern adel unnötiger weise gewor- fen. Einen verzicht-brif vom jare 1236, in betref der gräfin von Duingen, oder Tübingen, die einen anteil von der stadt Gisen hatte, und welche an den Reichs-herrn Cuno von Minzenberg vermälet wurde, hat der selige herr vicekanzler Kopp im Iten teile der lehnsproben s. 249 ans licht gebracht. Namens der prinzessin Elisabet von Hessen, welche Johann Graven zu Sain vermälet wurde, stellete diser 1287 die verzicht aus. Wegen der prinzes- sin Adelheid von Hessen gab ir gemal Bertold graf zu Henneberg im jare 1299 die verzicht von sich, besage Kuchenbeckersanalectorum Hassiacorum coll. XII s. 408 fg.
§ 3179
Die töchter der Teutschen hatten keinen teil amund aufge- kommen sind? stamm- oder lehn-gute, so lange die söne oder männ- liche abkömmlinge vorhanden waren (§ 2959 fgg.). Da nun die civilisten dieses für unbillig hilten; gleichwol die Teutschen ire gewonheit nicht faren lassen wollten; wurden die verzichte eingefüret, welche sich auch der papst gefallen lise, bevorab wenn sie beschworen wurden. Darauf kam die ver- meinte lehre von den beschwornen verzichten auf, welche man für giltig hilte, von Leyserspec. 45. Sie glaubten anbeneben; gemeiner verzicht gelte
nicht
von den verzichten der toͤchter ꝛc.
Man findet ſolche in fuͤrſtlichen, graͤflichen haͤu- ſern, bei der Reichs-ritterſchaft, nicht minder bei dem landſaͤſſigen adel. Diſemnach erſtlich von den verzichten des weiblichen geſchlechts, ſodann von den maͤnnlichen gehandelt werden ſoll.
§ 3178
Das an den fuͤrſtlichen und graͤflichen hoͤfen ein-wodurch die verzichte ver- anlaſſet wor- den, ſchleichende Roͤmiſche und geiſtliche recht haben diß abentheuer geboren, und als einen zankapfel unter den hohen und nidern adel unnoͤtiger weiſe gewor- fen. Einen verzicht-brif vom jare 1236, in betref der graͤfin von Duingen, oder Tuͤbingen, die einen anteil von der ſtadt Giſen hatte, und welche an den Reichs-herrn Cuno von Minzenberg vermaͤlet wurde, hat der ſelige herr vicekanzler Kopp im Iten teile der lehnsproben ſ. 249 ans licht gebracht. Namens der prinzeſſin Eliſabet von Heſſen, welche Johann Graven zu Sain vermaͤlet wurde, ſtellete diſer 1287 die verzicht aus. Wegen der prinzeſ- ſin Adelheid von Heſſen gab ir gemal Bertold graf zu Henneberg im jare 1299 die verzicht von ſich, beſage Kuchenbeckersanalectorum Haſſiacorum coll. XII ſ. 408 fg.
§ 3179
Die toͤchter der Teutſchen hatten keinen teil amund aufge- kommen ſind? ſtamm- oder lehn-gute, ſo lange die ſoͤne oder maͤnn- liche abkoͤmmlinge vorhanden waren (§ 2959 fgg.). Da nun die civiliſten dieſes fuͤr unbillig hilten; gleichwol die Teutſchen ire gewonheit nicht faren laſſen wollten; wurden die verzichte eingefuͤret, welche ſich auch der papſt gefallen liſe, bevorab wenn ſie beſchworen wurden. Darauf kam die ver- meinte lehre von den beſchwornen verzichten auf, welche man fuͤr giltig hilte, von Leyſerſpec. 45. Sie glaubten anbeneben; gemeiner verzicht gelte
nicht
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0193"n="143"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">von den verzichten der toͤchter ꝛc.</hi></fw><lb/>
Man findet ſolche in fuͤrſtlichen, graͤflichen haͤu-<lb/>ſern, bei der Reichs-ritterſchaft, nicht minder bei<lb/>
dem landſaͤſſigen adel. Diſemnach erſtlich von<lb/>
den verzichten des weiblichen geſchlechts, ſodann<lb/>
von den maͤnnlichen gehandelt werden ſoll.</p></div><lb/><divn="3"><head>§ 3178</head><lb/><p>Das an den fuͤrſtlichen und graͤflichen hoͤfen ein-<noteplace="right">wodurch die<lb/>
verzichte ver-<lb/>
anlaſſet wor-<lb/>
den,</note><lb/>ſchleichende Roͤmiſche und geiſtliche recht haben diß<lb/>
abentheuer geboren, und als einen zankapfel unter<lb/>
den hohen und nidern adel unnoͤtiger weiſe gewor-<lb/>
fen. Einen verzicht-brif vom jare 1236, in betref<lb/>
der graͤfin von Duingen, oder Tuͤbingen, die einen<lb/>
anteil von der ſtadt Giſen hatte, und welche an<lb/>
den Reichs-herrn Cuno von Minzenberg vermaͤlet<lb/>
wurde, hat der ſelige herr vicekanzler <hirendition="#fr">Kopp</hi> im<lb/><hirendition="#aq">I</hi>ten teile der lehnsproben ſ. 249 ans licht gebracht.<lb/>
Namens der prinzeſſin Eliſabet von Heſſen, welche<lb/>
Johann Graven zu Sain vermaͤlet wurde, ſtellete<lb/>
diſer 1287 die verzicht aus. Wegen der prinzeſ-<lb/>ſin Adelheid von Heſſen gab ir gemal Bertold graf<lb/>
zu Henneberg im jare 1299 die verzicht von ſich,<lb/>
beſage <hirendition="#fr">Kuchenbeckers</hi><hirendition="#aq">analectorum Haſſiacorum<lb/>
coll. XII</hi>ſ. 408 fg.</p></div><lb/><divn="3"><head>§ 3179</head><lb/><p>Die toͤchter der Teutſchen hatten keinen teil am<noteplace="right">und aufge-<lb/>
kommen<lb/>ſind?</note><lb/>ſtamm- oder lehn-gute, ſo lange die ſoͤne oder maͤnn-<lb/>
liche abkoͤmmlinge vorhanden waren (§ 2959 fgg.).<lb/>
Da nun die civiliſten dieſes fuͤr unbillig hilten;<lb/>
gleichwol die Teutſchen ire gewonheit nicht faren<lb/>
laſſen wollten; wurden die verzichte eingefuͤret,<lb/>
welche ſich auch der papſt gefallen liſe, bevorab wenn<lb/>ſie beſchworen wurden. Darauf kam die ver-<lb/>
meinte lehre von den beſchwornen verzichten auf,<lb/>
welche man fuͤr giltig hilte, <hirendition="#fr">von Leyſer</hi><hirendition="#aq">ſpec.</hi> 45.<lb/>
Sie glaubten anbeneben; gemeiner verzicht gelte<lb/><fwplace="bottom"type="catch">nicht</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[143/0193]
von den verzichten der toͤchter ꝛc.
Man findet ſolche in fuͤrſtlichen, graͤflichen haͤu-
ſern, bei der Reichs-ritterſchaft, nicht minder bei
dem landſaͤſſigen adel. Diſemnach erſtlich von
den verzichten des weiblichen geſchlechts, ſodann
von den maͤnnlichen gehandelt werden ſoll.
§ 3178
Das an den fuͤrſtlichen und graͤflichen hoͤfen ein-
ſchleichende Roͤmiſche und geiſtliche recht haben diß
abentheuer geboren, und als einen zankapfel unter
den hohen und nidern adel unnoͤtiger weiſe gewor-
fen. Einen verzicht-brif vom jare 1236, in betref
der graͤfin von Duingen, oder Tuͤbingen, die einen
anteil von der ſtadt Giſen hatte, und welche an
den Reichs-herrn Cuno von Minzenberg vermaͤlet
wurde, hat der ſelige herr vicekanzler Kopp im
Iten teile der lehnsproben ſ. 249 ans licht gebracht.
Namens der prinzeſſin Eliſabet von Heſſen, welche
Johann Graven zu Sain vermaͤlet wurde, ſtellete
diſer 1287 die verzicht aus. Wegen der prinzeſ-
ſin Adelheid von Heſſen gab ir gemal Bertold graf
zu Henneberg im jare 1299 die verzicht von ſich,
beſage Kuchenbeckers analectorum Haſſiacorum
coll. XII ſ. 408 fg.
wodurch die
verzichte ver-
anlaſſet wor-
den,
§ 3179
Die toͤchter der Teutſchen hatten keinen teil am
ſtamm- oder lehn-gute, ſo lange die ſoͤne oder maͤnn-
liche abkoͤmmlinge vorhanden waren (§ 2959 fgg.).
Da nun die civiliſten dieſes fuͤr unbillig hilten;
gleichwol die Teutſchen ire gewonheit nicht faren
laſſen wollten; wurden die verzichte eingefuͤret,
welche ſich auch der papſt gefallen liſe, bevorab wenn
ſie beſchworen wurden. Darauf kam die ver-
meinte lehre von den beſchwornen verzichten auf,
welche man fuͤr giltig hilte, von Leyſer ſpec. 45.
Sie glaubten anbeneben; gemeiner verzicht gelte
nicht
und aufge-
kommen
ſind?
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 2. Marburg, 1758, S. 143. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit02_1758/193>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.