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Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1767.

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II buch, LXXVI haubtstück,
fodern, wie die streitigkeiten in den fürstlichen häu-
sern Mecklenburg, Anhalt-Cöthen, Schwarz-
burg u. s w. ausweisen, Struve in der iurisprud.
her.
th. V, s. 35 fgg., womit sie fridlich seyn
müssen. Dise säze stecken in disem haubtstücke,
und werden durch die erfarung, auch induction er-
härtet. Man sehe auch das testament des herzog
Julius zu Braunschweig vom jare 1582, die nas-
sauische erbeinigung 1607, den Ge. Phil. Besse-
rer
de eo quod iuris est circa renunciationes filiarum
nobil. immed. accepta congrua dote et de huius re-
cadentia,
Erl. 1758, 4t, th. II, s. 23 fgg., den
Lud. Adam Segniz de liberorum Francon. legiti-
ma,
Altd. 1705. Von Pommern sihe den
Schwarz in der pommerischen lehnhistori s. 915, +.

§ 2959
woher das
pflichtteil zu
leiten ist?

Der Teutsche weiß von keinem pflichtteile
(§ 2958); was dermalen davon bekannt ist, ge-
höret in das römische recht. Wenn aber bei gros-
sen gütern der liquidationspunct berichtiget werden
soll, kan solchen der richter für sich nicht ausfindig
machen; sondern es muß die summe durch ein er-
kenntniß unparteiischer hauswirte, und sachver-
ständiger erfunden werden. Wenn allso die Teut-
sche keinen pflichtteil hatten, war auch keine ent-
erbung zu behaubten; mithin konnten sie nichts
von einer querela inofficiosi testamenti, noch von
der actione suppletoria wissen; sondern alles dises
ist erst durch das römische recht eingeschlichen. Di-
semnach braucheten die alte Teutsche keinen pflicht-
teil eben zu hinterlassen; sie verschaffeten auch der-
gleichen nicht; weil sie davon nichts wußten; sin-
temal er nur eine blosse römische hypothesis ist;
sondern, wenn der vater sagete: der son soll von
dem meinigen nichts haben; so bekam er auch

nichts.

II buch, LXXVI haubtſtuͤck,
fodern, wie die ſtreitigkeiten in den fuͤrſtlichen haͤu-
ſern Mecklenburg, Anhalt-Coͤthen, Schwarz-
burg u. ſ w. ausweiſen, Struve in der iurisprud.
her.
th. V, ſ. 35 fgg., womit ſie fridlich ſeyn
muͤſſen. Diſe ſaͤze ſtecken in diſem haubtſtuͤcke,
und werden durch die erfarung, auch induction er-
haͤrtet. Man ſehe auch das teſtament des herzog
Julius zu Braunſchweig vom jare 1582, die naſ-
ſauiſche erbeinigung 1607, den Ge. Phil. Beſſe-
rer
de eo quod iuris eſt circa renunciationes filiarum
nobil. immed. accepta congrua dote et de huius re-
cadentia,
Erl. 1758, 4t, th. II, ſ. 23 fgg., den
Lud. Adam Segniz de liberorum Francon. legiti-
ma,
Altd. 1705. Von Pommern ſihe den
Schwarz in der pommeriſchen lehnhiſtori ſ. 915, †.

§ 2959
woher das
pflichtteil zu
leiten iſt?

Der Teutſche weiß von keinem pflichtteile
(§ 2958); was dermalen davon bekannt iſt, ge-
hoͤret in das roͤmiſche recht. Wenn aber bei groſ-
ſen guͤtern der liquidationspunct berichtiget werden
ſoll, kan ſolchen der richter fuͤr ſich nicht ausfindig
machen; ſondern es muß die ſumme durch ein er-
kenntniß unparteiiſcher hauswirte, und ſachver-
ſtaͤndiger erfunden werden. Wenn allſo die Teut-
ſche keinen pflichtteil hatten, war auch keine ent-
erbung zu behaubten; mithin konnten ſie nichts
von einer querela inofficioſi teſtamenti, noch von
der actione ſuppletoria wiſſen; ſondern alles diſes
iſt erſt durch das roͤmiſche recht eingeſchlichen. Di-
ſemnach braucheten die alte Teutſche keinen pflicht-
teil eben zu hinterlaſſen; ſie verſchaffeten auch der-
gleichen nicht; weil ſie davon nichts wußten; ſin-
temal er nur eine bloſſe roͤmiſche hypotheſis iſt;
ſondern, wenn der vater ſagete: der ſon ſoll von
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[1042/1066] II buch, LXXVI haubtſtuͤck, fodern, wie die ſtreitigkeiten in den fuͤrſtlichen haͤu- ſern Mecklenburg, Anhalt-Coͤthen, Schwarz- burg u. ſ w. ausweiſen, Struve in der iurisprud. her. th. V, ſ. 35 fgg., womit ſie fridlich ſeyn muͤſſen. Diſe ſaͤze ſtecken in diſem haubtſtuͤcke, und werden durch die erfarung, auch induction er- haͤrtet. Man ſehe auch das teſtament des herzog Julius zu Braunſchweig vom jare 1582, die naſ- ſauiſche erbeinigung 1607, den Ge. Phil. Beſſe- rer de eo quod iuris eſt circa renunciationes filiarum nobil. immed. accepta congrua dote et de huius re- cadentia, Erl. 1758, 4t, th. II, ſ. 23 fgg., den Lud. Adam Segniz de liberorum Francon. legiti- ma, Altd. 1705. Von Pommern ſihe den Schwarz in der pommeriſchen lehnhiſtori ſ. 915, †. § 2959 Der Teutſche weiß von keinem pflichtteile (§ 2958); was dermalen davon bekannt iſt, ge- hoͤret in das roͤmiſche recht. Wenn aber bei groſ- ſen guͤtern der liquidationspunct berichtiget werden ſoll, kan ſolchen der richter fuͤr ſich nicht ausfindig machen; ſondern es muß die ſumme durch ein er- kenntniß unparteiiſcher hauswirte, und ſachver- ſtaͤndiger erfunden werden. Wenn allſo die Teut- ſche keinen pflichtteil hatten, war auch keine ent- erbung zu behaubten; mithin konnten ſie nichts von einer querela inofficioſi teſtamenti, noch von der actione ſuppletoria wiſſen; ſondern alles diſes iſt erſt durch das roͤmiſche recht eingeſchlichen. Di- ſemnach braucheten die alte Teutſche keinen pflicht- teil eben zu hinterlaſſen; ſie verſchaffeten auch der- gleichen nicht; weil ſie davon nichts wußten; ſin- temal er nur eine bloſſe roͤmiſche hypotheſis iſt; ſondern, wenn der vater ſagete: der ſon ſoll von dem meinigen nichts haben; ſo bekam er auch nichts.

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Zitationshilfe: Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1767, S. 1042. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit03_1767/1066>, abgerufen am 22.11.2024.