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Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1767.

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von den christen, und jüden.
auch die Wormser jüden sich für die ältesten hal-
ten. Anfänglich gehöreten die jüden dem teut-
schen Könige, oder Kaiser, und unter deren schuz,
hatten auch disen ire sachen zu bezalen; Kaiser Al-
brecht eignete sich die herrschaft über die jüden
durch ganz Teuschland zu, Haltaus sp. 1043 fg.
sp. 1060; sie wurden als römische bürger angese-
hen, Frankenstein am a. o. cap. 11 § 4 s. 30 fg.
nach und nach begnadigten die Kaiser auch Reichs-
stände mit jüden; so gar die von adel wurden je-
weilen von den Kaisern mit dem rechte: Jüden zuvon den schuz-
und schirm-
oder veraleite-
ten auch unver-
aleiteten jü-
den.

halten, begabet. Heute zu tage werden allso, den
rechten nach, die jüden in Teutschlande in schuz-
jüden, und nicht schuzhabenden eingeteilet. Jene
sind von disen weit unterschiden, und werden des-
wegen in der juristischen schreibart mit dem zusaze:
schuzjüden angezeiget: anerwogen ein jüde so we-
nig als jüde, eine bleibende stätte hat; je weni-
ger ein betteljüde gedultet wird; sondern fortge-
schaffet werden muß; es schlagen auch wider disen
die strafen des päpstlichen rechtes an. Denn als
ein blosser jüde hat er die rechte nicht für sich, wie
ein schuzjüde; vilmehr muß ihm das wort: schuz,
erstlich die bleibende stätte, sodann die rechte, wel-
che ein anderer schuz-verwandter, auch einwoner
hat, geben, und seinem eheweibe, verstatten. Jm-
mittels werden die jüden nicht aller orten in
Teutschlande heute zu tage gedultet, z. e. inwo sie nicht ge-
dultet werden.

Baiern, im Wirtenbergischen, in dem Kur- und
Fürstlich-Sächsischen, auch Jülichischen lande, zu
Nürnberg etc. Ob sie schon ehedem in Thürin-
gen, im Coburgischen, in Erfurt, zu Görliz, in
Meissen, zu Luckau, Quedlinburg, Nordhausen,
Goslar etc gedultet worden sind; sie wurden aber
bald verhaft; immassen dann der Markgraf Fri-
derich zu Meissen im jare 1349 den Nordhäusern

ansann:

von den chriſten, und juͤden.
auch die Wormſer juͤden ſich fuͤr die aͤlteſten hal-
ten. Anfaͤnglich gehoͤreten die juͤden dem teut-
ſchen Koͤnige, oder Kaiſer, und unter deren ſchuz,
hatten auch diſen ire ſachen zu bezalen; Kaiſer Al-
brecht eignete ſich die herrſchaft uͤber die juͤden
durch ganz Teuſchland zu, Haltaus ſp. 1043 fg.
ſp. 1060; ſie wurden als roͤmiſche buͤrger angeſe-
hen, Frankenſtein am a. o. cap. 11 § 4 ſ. 30 fg.
nach und nach begnadigten die Kaiſer auch Reichs-
ſtaͤnde mit juͤden; ſo gar die von adel wurden je-
weilen von den Kaiſern mit dem rechte: Juͤden zuvon den ſchuz-
und ſchirm-
oder veraleite-
ten auch unver-
aleiteten juͤ-
den.

halten, begabet. Heute zu tage werden allſo, den
rechten nach, die juͤden in Teutſchlande in ſchuz-
juͤden, und nicht ſchuzhabenden eingeteilet. Jene
ſind von diſen weit unterſchiden, und werden des-
wegen in der juriſtiſchen ſchreibart mit dem zuſaze:
ſchuzjuͤden angezeiget: anerwogen ein juͤde ſo we-
nig als juͤde, eine bleibende ſtaͤtte hat; je weni-
ger ein betteljuͤde gedultet wird; ſondern fortge-
ſchaffet werden muß; es ſchlagen auch wider diſen
die ſtrafen des paͤpſtlichen rechtes an. Denn als
ein bloſſer juͤde hat er die rechte nicht fuͤr ſich, wie
ein ſchuzjuͤde; vilmehr muß ihm das wort: ſchuz,
erſtlich die bleibende ſtaͤtte, ſodann die rechte, wel-
che ein anderer ſchuz-verwandter, auch einwoner
hat, geben, und ſeinem eheweibe, verſtatten. Jm-
mittels werden die juͤden nicht aller orten in
Teutſchlande heute zu tage gedultet, z. e. inwo ſie nicht ge-
dultet werden.

Baiern, im Wirtenbergiſchen, in dem Kur- und
Fuͤrſtlich-Saͤchſiſchen, auch Juͤlichiſchen lande, zu
Nuͤrnberg ꝛc. Ob ſie ſchon ehedem in Thuͤrin-
gen, im Coburgiſchen, in Erfurt, zu Goͤrliz, in
Meiſſen, zu Luckau, Quedlinburg, Nordhauſen,
Goslar ꝛc gedultet worden ſind; ſie wurden aber
bald verhaft; immaſſen dann der Markgraf Fri-
derich zu Meiſſen im jare 1349 den Nordhaͤuſern

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[111/0135] von den chriſten, und juͤden. auch die Wormſer juͤden ſich fuͤr die aͤlteſten hal- ten. Anfaͤnglich gehoͤreten die juͤden dem teut- ſchen Koͤnige, oder Kaiſer, und unter deren ſchuz, hatten auch diſen ire ſachen zu bezalen; Kaiſer Al- brecht eignete ſich die herrſchaft uͤber die juͤden durch ganz Teuſchland zu, Haltaus ſp. 1043 fg. ſp. 1060; ſie wurden als roͤmiſche buͤrger angeſe- hen, Frankenſtein am a. o. cap. 11 § 4 ſ. 30 fg. nach und nach begnadigten die Kaiſer auch Reichs- ſtaͤnde mit juͤden; ſo gar die von adel wurden je- weilen von den Kaiſern mit dem rechte: Juͤden zu halten, begabet. Heute zu tage werden allſo, den rechten nach, die juͤden in Teutſchlande in ſchuz- juͤden, und nicht ſchuzhabenden eingeteilet. Jene ſind von diſen weit unterſchiden, und werden des- wegen in der juriſtiſchen ſchreibart mit dem zuſaze: ſchuzjuͤden angezeiget: anerwogen ein juͤde ſo we- nig als juͤde, eine bleibende ſtaͤtte hat; je weni- ger ein betteljuͤde gedultet wird; ſondern fortge- ſchaffet werden muß; es ſchlagen auch wider diſen die ſtrafen des paͤpſtlichen rechtes an. Denn als ein bloſſer juͤde hat er die rechte nicht fuͤr ſich, wie ein ſchuzjuͤde; vilmehr muß ihm das wort: ſchuz, erſtlich die bleibende ſtaͤtte, ſodann die rechte, wel- che ein anderer ſchuz-verwandter, auch einwoner hat, geben, und ſeinem eheweibe, verſtatten. Jm- mittels werden die juͤden nicht aller orten in Teutſchlande heute zu tage gedultet, z. e. in Baiern, im Wirtenbergiſchen, in dem Kur- und Fuͤrſtlich-Saͤchſiſchen, auch Juͤlichiſchen lande, zu Nuͤrnberg ꝛc. Ob ſie ſchon ehedem in Thuͤrin- gen, im Coburgiſchen, in Erfurt, zu Goͤrliz, in Meiſſen, zu Luckau, Quedlinburg, Nordhauſen, Goslar ꝛc gedultet worden ſind; ſie wurden aber bald verhaft; immaſſen dann der Markgraf Fri- derich zu Meiſſen im jare 1349 den Nordhaͤuſern anſann: von den ſchuz- und ſchirm- oder veraleite- ten auch unver- aleiteten juͤ- den. wo ſie nicht ge- dultet werden.

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Zitationshilfe: Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1767, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit03_1767/135>, abgerufen am 21.11.2024.