Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1767.XCIX haubtstück, th., s. 123 fgg. Jm Reiche ist bei gemeinen leu-ten das gelt noch bräuchlicher, als die ringe; in betracht man ehedem die braut kaufete (§ 702). Allso gibet auch noch hir zu lande der bauer 1, oder mehr harte taler etc, und das sind noch die über- bleibsel. Wenn aber der treu-ring nach der alten teutschen art gemachet werden soll, muß er schlecht- weg seyn. Ehedem waren sie von eisen, und man trug sie am daumen, auch zeigefinger; 6) die weinkäufliche trauung; welche aber in hisigen lan- den abgeschaffet ist; 7) in den hessen-casselischen landen gehet die gerichtliche versprechung, und vorlesung des eheliches vorher; 8) die sigelung des eheliches vor dem weinkaufe. Der weinkauf, (winkoff,) ist ein gastmal, welches gegeben wird, wenn kurz vorher die braut-leute sich versprochen haben. Die Sachsen nennen es verloben, ehe- verlöbniß, verlödniß, auch versprechen; 9) die aufrufung; 10) die pristerliche trauung; wobei die braut, und der bräutigam mit spilleuten in die kirche gefüret werden. Zu Marburg mußte die braut, ehe die glocke 11 schlug, bei strafe über das eiserne gitter des kirchhofes schon hinüber seyn. die trauung wurde vor dem altar verrichtet. Dise feierlichkeit heisset der kirchgang mit fligenden haa- ren, das ist, aufgesezet, und einen kranz haben, zum zeichen der jungferschaft; 11) der rückgang mit spilleuten. Denn vom Reichstage an bis auf die bauern-hochzeit brauchet der Teutsche spilleu- te; 12) der öffentliche glückwunsch vor dem hause; 13) die malzeit, welche die hochzeit heisset. 3 tage find merenteils darzu bestimmet; 14) der braut- reihen; dictum, vom sibenden sprunge, oder den sibensprüngen; 15) das schenken auf den 2ten hochzeit-tag; 16) die besteigung des ehebettes. Das sprüchwort: man muß sich an der braut rei- ben,
XCIX haubtſtuͤck, th., ſ. 123 fgg. Jm Reiche iſt bei gemeinen leu-ten das gelt noch braͤuchlicher, als die ringe; in betracht man ehedem die braut kaufete (§ 702). Allſo gibet auch noch hir zu lande der bauer 1, oder mehr harte taler ꝛc, und das ſind noch die uͤber- bleibſel. Wenn aber der treu-ring nach der alten teutſchen art gemachet werden ſoll, muß er ſchlecht- weg ſeyn. Ehedem waren ſie von eiſen, und man trug ſie am daumen, auch zeigefinger; 6) die weinkaͤufliche trauung; welche aber in hiſigen lan- den abgeſchaffet iſt; 7) in den heſſen-caſſeliſchen landen gehet die gerichtliche verſprechung, und vorleſung des eheliches vorher; 8) die ſigelung des eheliches vor dem weinkaufe. Der weinkauf, (winkoff,) iſt ein gaſtmal, welches gegeben wird, wenn kurz vorher die braut-leute ſich verſprochen haben. Die Sachſen nennen es verloben, ehe- verloͤbniß, verloͤdniß, auch verſprechen; 9) die aufrufung; 10) die priſterliche trauung; wobei die braut, und der braͤutigam mit ſpilleuten in die kirche gefuͤret werden. Zu Marburg mußte die braut, ehe die glocke 11 ſchlug, bei ſtrafe uͤber das eiſerne gitter des kirchhofes ſchon hinuͤber ſeyn. die trauung wurde vor dem altar verrichtet. Diſe feierlichkeit heiſſet der kirchgang mit fligenden haa- ren, das iſt, aufgeſezet, und einen kranz haben, zum zeichen der jungferſchaft; 11) der ruͤckgang mit ſpilleuten. Denn vom Reichstage an bis auf die bauern-hochzeit brauchet der Teutſche ſpilleu- te; 12) der oͤffentliche gluͤckwunſch vor dem hauſe; 13) die malzeit, welche die hochzeit heiſſet. 3 tage find merenteils darzu beſtimmet; 14) der braut- reihen; dictum, vom ſibenden ſprunge, oder den ſibenſpruͤngen; 15) das ſchenken auf den 2ten hochzeit-tag; 16) die beſteigung des ehebettes. Das ſpruͤchwort: man muß ſich an der braut rei- ben,
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0448" n="424"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">XCIX</hi> haubtſtuͤck,</hi></fw><lb/> th., ſ. 123 fgg. Jm Reiche iſt bei gemeinen leu-<lb/> ten das gelt noch braͤuchlicher, als die ringe; in<lb/> betracht man ehedem die braut kaufete (§ 702).<lb/> Allſo gibet auch noch hir zu lande der bauer 1, oder<lb/> mehr harte taler ꝛc, und das ſind noch die uͤber-<lb/> bleibſel. Wenn aber der treu-ring nach der alten<lb/> teutſchen art gemachet werden ſoll, muß er ſchlecht-<lb/> weg ſeyn. Ehedem waren ſie von eiſen, und man<lb/> trug ſie am daumen, auch zeigefinger; 6) die<lb/> weinkaͤufliche trauung; welche aber in hiſigen lan-<lb/> den abgeſchaffet iſt; 7) in den heſſen-caſſeliſchen<lb/> landen gehet die gerichtliche verſprechung, und<lb/> vorleſung des eheliches vorher; 8) die ſigelung des<lb/> eheliches vor dem weinkaufe. Der weinkauf,<lb/> (winkoff,) iſt ein gaſtmal, welches gegeben wird,<lb/> wenn kurz vorher die braut-leute ſich verſprochen<lb/> haben. Die Sachſen nennen es verloben, ehe-<lb/> verloͤbniß, verloͤdniß, auch verſprechen; 9) die<lb/> aufrufung; 10) die priſterliche trauung; wobei<lb/> die braut, und der braͤutigam mit ſpilleuten in die<lb/> kirche gefuͤret werden. Zu Marburg mußte die<lb/> braut, ehe die glocke 11 ſchlug, bei ſtrafe uͤber<lb/> das eiſerne gitter des kirchhofes ſchon hinuͤber ſeyn.<lb/> die trauung wurde vor dem altar verrichtet. Diſe<lb/> feierlichkeit heiſſet der kirchgang mit fligenden haa-<lb/> ren, das iſt, aufgeſezet, und einen kranz haben,<lb/> zum zeichen der jungferſchaft; 11) der ruͤckgang<lb/> mit ſpilleuten. Denn vom Reichstage an bis auf<lb/> die bauern-hochzeit brauchet der Teutſche ſpilleu-<lb/> te; 12) der oͤffentliche gluͤckwunſch vor dem hauſe;<lb/> 13) die malzeit, welche die hochzeit heiſſet. 3 tage<lb/> find merenteils darzu beſtimmet; 14) der braut-<lb/> reihen; dictum, vom ſibenden ſprunge, oder den<lb/> ſibenſpruͤngen; 15) das ſchenken auf den 2ten<lb/> hochzeit-tag; 16) die beſteigung des ehebettes.<lb/> Das ſpruͤchwort: man muß ſich an der braut rei-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">ben,</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [424/0448]
XCIX haubtſtuͤck,
th., ſ. 123 fgg. Jm Reiche iſt bei gemeinen leu-
ten das gelt noch braͤuchlicher, als die ringe; in
betracht man ehedem die braut kaufete (§ 702).
Allſo gibet auch noch hir zu lande der bauer 1, oder
mehr harte taler ꝛc, und das ſind noch die uͤber-
bleibſel. Wenn aber der treu-ring nach der alten
teutſchen art gemachet werden ſoll, muß er ſchlecht-
weg ſeyn. Ehedem waren ſie von eiſen, und man
trug ſie am daumen, auch zeigefinger; 6) die
weinkaͤufliche trauung; welche aber in hiſigen lan-
den abgeſchaffet iſt; 7) in den heſſen-caſſeliſchen
landen gehet die gerichtliche verſprechung, und
vorleſung des eheliches vorher; 8) die ſigelung des
eheliches vor dem weinkaufe. Der weinkauf,
(winkoff,) iſt ein gaſtmal, welches gegeben wird,
wenn kurz vorher die braut-leute ſich verſprochen
haben. Die Sachſen nennen es verloben, ehe-
verloͤbniß, verloͤdniß, auch verſprechen; 9) die
aufrufung; 10) die priſterliche trauung; wobei
die braut, und der braͤutigam mit ſpilleuten in die
kirche gefuͤret werden. Zu Marburg mußte die
braut, ehe die glocke 11 ſchlug, bei ſtrafe uͤber
das eiſerne gitter des kirchhofes ſchon hinuͤber ſeyn.
die trauung wurde vor dem altar verrichtet. Diſe
feierlichkeit heiſſet der kirchgang mit fligenden haa-
ren, das iſt, aufgeſezet, und einen kranz haben,
zum zeichen der jungferſchaft; 11) der ruͤckgang
mit ſpilleuten. Denn vom Reichstage an bis auf
die bauern-hochzeit brauchet der Teutſche ſpilleu-
te; 12) der oͤffentliche gluͤckwunſch vor dem hauſe;
13) die malzeit, welche die hochzeit heiſſet. 3 tage
find merenteils darzu beſtimmet; 14) der braut-
reihen; dictum, vom ſibenden ſprunge, oder den
ſibenſpruͤngen; 15) das ſchenken auf den 2ten
hochzeit-tag; 16) die beſteigung des ehebettes.
Das ſpruͤchwort: man muß ſich an der braut rei-
ben,
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |