Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1767.

Bild:
<< vorherige Seite

von den eheleuten.
ben, bedeutet so vil: es muß bei der hochzeit wider
eine andere braut gemachet werden, oder, daß sie
anstecke, oder einen trib zu heiraten andern mache.

§ 708

Die braut in hisigen gegenden bei gemeinenvon der braut
über feld, und
deren aufzug.

leuten, wenn sie an einen auswärtigen ort verhei-
ratet wird, muß auf dem brautwagen gefaren wer-
den. Solcher ist geschmücket mit tannenzweigen etc,
welche mit bändern angebunden sind. Die braut
sizet in der mitte geschnazt, nebst einem kranze, und
spinnrocken, auch einer fpindel (spille), woran sie
spinnet. Forn, und hinten auf dem wagen sizen
brautmägde, welche sich mit bande aufgesezet ha-
ben. Das band ist an einem backen-drate genä-
het. Alle haben rosmarin auf den häubtern, und
keine andere bedeckung; sondern einen strauß. Alle
müssen singen. Die brautknechte begleiten sie
wohl mit schüßgewere, wie auch mit spilleuten.
So bald sie an die grenze kömmt, und die braut-
knechte des bräutigams sie in empfang nemen wol-
len, erhebet sich ein kurzweiliger streit. Ein chef
von des bräutigams seite fraget: was dises bedeu-
te: daß sie mit gewerter hand zu haufe da hilten?
Jm sprüchworte heisset es: er griff sie, wie Jost
Nau mit den sonntagskleidern. Je reicher die
braut ist, desto mehr wagen mit kisten, und kasten
faren hinter dem brautwagen, welche offen geladen
sind. Die menge des flachses richtet sich auch dar-
nach. Jn den hisigen landen sind das schüssen bei
den hochzeiten, sodann die beifürung des bräuti-
gams, wenn aus zweien dörfern die leute sich ver-
heiraten, eingeschlichene böse gewonheiten, wodurch
allerhand händel, und schlägereien zu entstehen pfle-
gen, bei 10 kfl. strafe im jare 1738 gänzlich ver-
boten worden. Daher sind vile von den ehemali-

gen
D d 5

von den eheleuten.
ben, bedeutet ſo vil: es muß bei der hochzeit wider
eine andere braut gemachet werden, oder, daß ſie
anſtecke, oder einen trib zu heiraten andern mache.

§ 708

Die braut in hiſigen gegenden bei gemeinenvon der braut
uͤber feld, und
deren aufzug.

leuten, wenn ſie an einen auswaͤrtigen ort verhei-
ratet wird, muß auf dem brautwagen gefaren wer-
den. Solcher iſt geſchmuͤcket mit tannenzweigen ꝛc,
welche mit baͤndern angebunden ſind. Die braut
ſizet in der mitte geſchnazt, nebſt einem kranze, und
ſpinnrocken, auch einer fpindel (ſpille), woran ſie
ſpinnet. Forn, und hinten auf dem wagen ſizen
brautmaͤgde, welche ſich mit bande aufgeſezet ha-
ben. Das band iſt an einem backen-drate genaͤ-
het. Alle haben rosmarin auf den haͤubtern, und
keine andere bedeckung; ſondern einen ſtrauß. Alle
muͤſſen ſingen. Die brautknechte begleiten ſie
wohl mit ſchuͤßgewere, wie auch mit ſpilleuten.
So bald ſie an die grenze koͤmmt, und die braut-
knechte des braͤutigams ſie in empfang nemen wol-
len, erhebet ſich ein kurzweiliger ſtreit. Ein chef
von des braͤutigams ſeite fraget: was diſes bedeu-
te: daß ſie mit gewerter hand zu haufe da hilten?
Jm ſpruͤchworte heiſſet es: er griff ſie, wie Joſt
Nau mit den ſonntagskleidern. Je reicher die
braut iſt, deſto mehr wagen mit kiſten, und kaſten
faren hinter dem brautwagen, welche offen geladen
ſind. Die menge des flachſes richtet ſich auch dar-
nach. Jn den hiſigen landen ſind das ſchuͤſſen bei
den hochzeiten, ſodann die beifuͤrung des braͤuti-
gams, wenn aus zweien doͤrfern die leute ſich ver-
heiraten, eingeſchlichene boͤſe gewonheiten, wodurch
allerhand haͤndel, und ſchlaͤgereien zu entſtehen pfle-
gen, bei 10 kfl. ſtrafe im jare 1738 gaͤnzlich ver-
boten worden. Daher ſind vile von den ehemali-

gen
D d 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0449" n="425"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">von den eheleuten.</hi></fw><lb/>
ben, bedeutet &#x017F;o vil: es muß bei der hochzeit wider<lb/>
eine andere braut gemachet werden, oder, daß &#x017F;ie<lb/>
an&#x017F;tecke, oder einen trib zu heiraten andern mache.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>§ 708</head><lb/>
          <p>Die braut in hi&#x017F;igen gegenden bei gemeinen<note place="right">von der braut<lb/>
u&#x0364;ber feld, und<lb/>
deren aufzug.</note><lb/>
leuten, wenn &#x017F;ie an einen auswa&#x0364;rtigen ort verhei-<lb/>
ratet wird, muß auf dem brautwagen gefaren wer-<lb/>
den. Solcher i&#x017F;t ge&#x017F;chmu&#x0364;cket mit tannenzweigen &#xA75B;c,<lb/>
welche mit ba&#x0364;ndern angebunden &#x017F;ind. Die braut<lb/>
&#x017F;izet in der mitte ge&#x017F;chnazt, neb&#x017F;t einem kranze, und<lb/>
&#x017F;pinnrocken, auch einer fpindel (&#x017F;pille), woran &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;pinnet. Forn, und hinten auf dem wagen &#x017F;izen<lb/>
brautma&#x0364;gde, welche &#x017F;ich mit bande aufge&#x017F;ezet ha-<lb/>
ben. Das band i&#x017F;t an einem backen-drate gena&#x0364;-<lb/>
het. Alle haben rosmarin auf den ha&#x0364;ubtern, und<lb/>
keine andere bedeckung; &#x017F;ondern einen &#x017F;trauß. Alle<lb/>
mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ingen. Die brautknechte begleiten &#x017F;ie<lb/>
wohl mit &#x017F;chu&#x0364;ßgewere, wie auch mit &#x017F;pilleuten.<lb/>
So bald &#x017F;ie an die grenze ko&#x0364;mmt, und die braut-<lb/>
knechte des bra&#x0364;utigams &#x017F;ie in empfang nemen wol-<lb/>
len, erhebet &#x017F;ich ein kurzweiliger &#x017F;treit. Ein chef<lb/>
von des bra&#x0364;utigams &#x017F;eite fraget: was di&#x017F;es bedeu-<lb/>
te: daß &#x017F;ie mit gewerter hand zu haufe da hilten?<lb/>
Jm &#x017F;pru&#x0364;chworte hei&#x017F;&#x017F;et es: er griff &#x017F;ie, wie Jo&#x017F;t<lb/>
Nau mit den &#x017F;onntagskleidern. Je reicher die<lb/>
braut i&#x017F;t, de&#x017F;to mehr wagen mit ki&#x017F;ten, und ka&#x017F;ten<lb/>
faren hinter dem brautwagen, welche offen geladen<lb/>
&#x017F;ind. Die menge des flach&#x017F;es richtet &#x017F;ich auch dar-<lb/>
nach. Jn den hi&#x017F;igen landen &#x017F;ind das &#x017F;chu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en bei<lb/>
den hochzeiten, &#x017F;odann die beifu&#x0364;rung des bra&#x0364;uti-<lb/>
gams, wenn aus zweien do&#x0364;rfern die leute &#x017F;ich ver-<lb/>
heiraten, einge&#x017F;chlichene bo&#x0364;&#x017F;e gewonheiten, wodurch<lb/>
allerhand ha&#x0364;ndel, und &#x017F;chla&#x0364;gereien zu ent&#x017F;tehen pfle-<lb/>
gen, bei 10 kfl. &#x017F;trafe im jare 1738 ga&#x0364;nzlich ver-<lb/>
boten worden. Daher &#x017F;ind vile von den ehemali-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">D d 5</fw><fw place="bottom" type="catch">gen</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[425/0449] von den eheleuten. ben, bedeutet ſo vil: es muß bei der hochzeit wider eine andere braut gemachet werden, oder, daß ſie anſtecke, oder einen trib zu heiraten andern mache. § 708 Die braut in hiſigen gegenden bei gemeinen leuten, wenn ſie an einen auswaͤrtigen ort verhei- ratet wird, muß auf dem brautwagen gefaren wer- den. Solcher iſt geſchmuͤcket mit tannenzweigen ꝛc, welche mit baͤndern angebunden ſind. Die braut ſizet in der mitte geſchnazt, nebſt einem kranze, und ſpinnrocken, auch einer fpindel (ſpille), woran ſie ſpinnet. Forn, und hinten auf dem wagen ſizen brautmaͤgde, welche ſich mit bande aufgeſezet ha- ben. Das band iſt an einem backen-drate genaͤ- het. Alle haben rosmarin auf den haͤubtern, und keine andere bedeckung; ſondern einen ſtrauß. Alle muͤſſen ſingen. Die brautknechte begleiten ſie wohl mit ſchuͤßgewere, wie auch mit ſpilleuten. So bald ſie an die grenze koͤmmt, und die braut- knechte des braͤutigams ſie in empfang nemen wol- len, erhebet ſich ein kurzweiliger ſtreit. Ein chef von des braͤutigams ſeite fraget: was diſes bedeu- te: daß ſie mit gewerter hand zu haufe da hilten? Jm ſpruͤchworte heiſſet es: er griff ſie, wie Joſt Nau mit den ſonntagskleidern. Je reicher die braut iſt, deſto mehr wagen mit kiſten, und kaſten faren hinter dem brautwagen, welche offen geladen ſind. Die menge des flachſes richtet ſich auch dar- nach. Jn den hiſigen landen ſind das ſchuͤſſen bei den hochzeiten, ſodann die beifuͤrung des braͤuti- gams, wenn aus zweien doͤrfern die leute ſich ver- heiraten, eingeſchlichene boͤſe gewonheiten, wodurch allerhand haͤndel, und ſchlaͤgereien zu entſtehen pfle- gen, bei 10 kfl. ſtrafe im jare 1738 gaͤnzlich ver- boten worden. Daher ſind vile von den ehemali- gen von der braut uͤber feld, und deren aufzug. D d 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit03_1767
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit03_1767/449
Zitationshilfe: Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1767, S. 425. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit03_1767/449>, abgerufen am 22.11.2024.