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Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1767.

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CII haubtst. von der gemeinschaft
auf das eigentum der eigenen güter, Freiherr von
Cramer
in wezl. nebenstunden 21ter th., abh. 4,
s. 62 fgg.; folglich auch nicht iederzeit auf die erb-
folge. Jn Ober-Hessen ist sowohl die erste, als
auch die lezte gattung bekannt. Die allgemeine
äussert sich: im falle hut bei schleier, und schleier bei
hut gesezet wird. Sonst deutet solches auch die
clausel, oder die redensart: langes leben, langes gut,
an, Schoepff cons. 83, n. 21 fgg., cons. 91, s.
710 fg., vol. VIII, cons. Tub., die von Crameri-
sche
nebenstunden th. XIII, abh. X. Jn der herr-
schaft Varel gilt das sprüchwort: länger leib, län-
ger gut; der bräutigam bekömmt daselbst aus sei-
nes vaters hause ebenfalls eine mitgift. Jm Wal-
deckischen, und hisigen gegenden bei gemeinen leu-
ten gilt noch der ausdruck in den ehelichen der ver-
lobenden, da sie den hut gegen den schleier sezen.
Der inhalt ist diser: daß sie die gemeinschaft der
güter stiften, und das leztlebende den verstorbenen
erbe; wenn keine kinder vorhanden sind. Jmmit-
tels sezet dises sprüchwort den wirklichen aufall des
gutes, und dessen übergabe voraus; wenn aber di-
ser umstand ermangelt; so kan weder das erwä-
nete sprüchwort, noch die verordnung des eheliches
anschlagen; sondern der sinn desselben ist, würde
entweder vermittels der übergabe, oder daß ich, der
vater, vor meinem sone, dem bräutigame in die
ewigkeit versezet; folglich er mein gut durch das erb-
gangsrecht überkommen, alsdann, und nicht eher, soll
mein son der erbe meines gutes seyn. Wofern der
son nun vor seinem eheweibe, nach des vaters ab-
leiben, one kinder, verstirbet; so erbet die witbe des
sones das gut von seinem sone; dahingegen kan,
falls der son vor dem vater das zeitliche mit dem
ewigen verwechselt, die witbe über ires schwigerva-
ters vermögen nicht gebaren, noch einen lezten wil-

len

CII haubtſt. von der gemeinſchaft
auf das eigentum der eigenen guͤter, Freiherr von
Cramer
in wezl. nebenſtunden 21ter th., abh. 4,
ſ. 62 fgg.; folglich auch nicht iederzeit auf die erb-
folge. Jn Ober-Heſſen iſt ſowohl die erſte, als
auch die lezte gattung bekannt. Die allgemeine
aͤuſſert ſich: im falle hut bei ſchleier, und ſchleier bei
hut geſezet wird. Sonſt deutet ſolches auch die
clauſel, oder die redensart: langes leben, langes gut,
an, Schoepff conſ. 83, n. 21 fgg., conſ. 91, ſ.
710 fg., vol. VIII, conſ. Tub., die von Crameri-
ſche
nebenſtunden th. XIII, abh. X. Jn der herr-
ſchaft Varel gilt das ſpruͤchwort: laͤnger leib, laͤn-
ger gut; der braͤutigam bekoͤmmt daſelbſt aus ſei-
nes vaters hauſe ebenfalls eine mitgift. Jm Wal-
deckiſchen, und hiſigen gegenden bei gemeinen leu-
ten gilt noch der ausdruck in den ehelichen der ver-
lobenden, da ſie den hut gegen den ſchleier ſezen.
Der inhalt iſt diſer: daß ſie die gemeinſchaft der
guͤter ſtiften, und das leztlebende den verſtorbenen
erbe; wenn keine kinder vorhanden ſind. Jmmit-
tels ſezet diſes ſpruͤchwort den wirklichen aufall des
gutes, und deſſen uͤbergabe voraus; wenn aber di-
ſer umſtand ermangelt; ſo kan weder das erwaͤ-
nete ſpruͤchwort, noch die verordnung des eheliches
anſchlagen; ſondern der ſinn deſſelben iſt, wuͤrde
entweder vermittels der uͤbergabe, oder daß ich, der
vater, vor meinem ſone, dem braͤutigame in die
ewigkeit verſezet; folglich er mein gut durch das erb-
gangsrecht uͤberkommen, alsdann, und nicht eher, ſoll
mein ſon der erbe meines gutes ſeyn. Wofern der
ſon nun vor ſeinem eheweibe, nach des vaters ab-
leiben, one kinder, verſtirbet; ſo erbet die witbe des
ſones das gut von ſeinem ſone; dahingegen kan,
falls der ſon vor dem vater das zeitliche mit dem
ewigen verwechſelt, die witbe uͤber ires ſchwigerva-
ters vermoͤgen nicht gebaren, noch einen lezten wil-

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[432/0456] CII haubtſt. von der gemeinſchaft auf das eigentum der eigenen guͤter, Freiherr von Cramer in wezl. nebenſtunden 21ter th., abh. 4, ſ. 62 fgg.; folglich auch nicht iederzeit auf die erb- folge. Jn Ober-Heſſen iſt ſowohl die erſte, als auch die lezte gattung bekannt. Die allgemeine aͤuſſert ſich: im falle hut bei ſchleier, und ſchleier bei hut geſezet wird. Sonſt deutet ſolches auch die clauſel, oder die redensart: langes leben, langes gut, an, Schoepff conſ. 83, n. 21 fgg., conſ. 91, ſ. 710 fg., vol. VIII, conſ. Tub., die von Crameri- ſche nebenſtunden th. XIII, abh. X. Jn der herr- ſchaft Varel gilt das ſpruͤchwort: laͤnger leib, laͤn- ger gut; der braͤutigam bekoͤmmt daſelbſt aus ſei- nes vaters hauſe ebenfalls eine mitgift. Jm Wal- deckiſchen, und hiſigen gegenden bei gemeinen leu- ten gilt noch der ausdruck in den ehelichen der ver- lobenden, da ſie den hut gegen den ſchleier ſezen. Der inhalt iſt diſer: daß ſie die gemeinſchaft der guͤter ſtiften, und das leztlebende den verſtorbenen erbe; wenn keine kinder vorhanden ſind. Jmmit- tels ſezet diſes ſpruͤchwort den wirklichen aufall des gutes, und deſſen uͤbergabe voraus; wenn aber di- ſer umſtand ermangelt; ſo kan weder das erwaͤ- nete ſpruͤchwort, noch die verordnung des eheliches anſchlagen; ſondern der ſinn deſſelben iſt, wuͤrde entweder vermittels der uͤbergabe, oder daß ich, der vater, vor meinem ſone, dem braͤutigame in die ewigkeit verſezet; folglich er mein gut durch das erb- gangsrecht uͤberkommen, alsdann, und nicht eher, ſoll mein ſon der erbe meines gutes ſeyn. Wofern der ſon nun vor ſeinem eheweibe, nach des vaters ab- leiben, one kinder, verſtirbet; ſo erbet die witbe des ſones das gut von ſeinem ſone; dahingegen kan, falls der ſon vor dem vater das zeitliche mit dem ewigen verwechſelt, die witbe uͤber ires ſchwigerva- ters vermoͤgen nicht gebaren, noch einen lezten wil- len

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Zitationshilfe: Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1767, S. 432. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit03_1767/456>, abgerufen am 22.11.2024.