get; damit seinem unmündigen kein nachteil veran- lasset weide; und tut, als wenn er eigentumsherr wäre; ob er schon nur ein verweser ist. Derowe- gen dinet dahir zur regel: ein vormund tut bei sei- nem unmündigen, so lange er unter seiner vormund- schaft stehet, als ein herr, und derselbe muß ihn als herrn, und vater ansehen. Ob aber ein vormund eines adelichen zu den adelichen zusammenkünften zugelassen sey, und daselbst eine stimme habe? wenn der vormund selbst ein guter von adel ist, hat es kein bedenken; ist er aber ein gelehrter, auch do- ctor, und zwar im Reiche, wo man auf die ahnen hält, will man es nicht gestatten. Allein von rechts- wegen gehet es wohl an, da der gelehrte den geist- lichen beigesellet wird, und als ein doctor wird er als ein geistlicher ritter betrachtet: mithin kan er seine stimme füren; allein die erforderlichen kriges- und lehndinste vermag er nicht zu verrichten; daher muß ein adelicher lehnträger seyn. Nohtwendige schen- kungen mag er auch wohl geben; allein man tut es nicht gern für sich; zumal, wenn sie wichtig sind; sondern man meldet es, oder zeiget des supplican- tens suchen, welcher etwas geschenket haben will, dem obervormunde an, und lässet es durch ein de- cret bestätigen.
§ 972
Die vormunden sollen treulich, fleissig, sonderwas den un- treuen, farläs- sigen vormun- den widerfä- ret? gefärde den pflegbefolenen, und iren sachen vorste- hen (§ 971 des 1ten th § 960 und § 971 des 3ten th.). Wenn sie aber dises nicht tun; vilmehr un- gehorsam, oder farlässig sind, oder die minderjäri- gen vervorteilen, zu irem schaden veräussern, han- deln, Ge. Heinr. Ayrerde rebus pupillae gerad. a tutore non alienandis, Goett. 1754, 4t, § 5 fgg. s. 12 fg., oder inen nach dem leben stellen; sollen
sie
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u. obervorm., auch krigiſchen vorm.
get; damit ſeinem unmuͤndigen kein nachteil veran- laſſet weide; und tut, als wenn er eigentumsherr waͤre; ob er ſchon nur ein verweſer iſt. Derowe- gen dinet dahir zur regel: ein vormund tut bei ſei- nem unmuͤndigen, ſo lange er unter ſeiner vormund- ſchaft ſtehet, als ein herr, und derſelbe muß ihn als herrn, und vater anſehen. Ob aber ein vormund eines adelichen zu den adelichen zuſammenkuͤnften zugelaſſen ſey, und daſelbſt eine ſtimme habe? wenn der vormund ſelbſt ein guter von adel iſt, hat es kein bedenken; iſt er aber ein gelehrter, auch do- ctor, und zwar im Reiche, wo man auf die ahnen haͤlt, will man es nicht geſtatten. Allein von rechts- wegen gehet es wohl an, da der gelehrte den geiſt- lichen beigeſellet wird, und als ein doctor wird er als ein geiſtlicher ritter betrachtet: mithin kan er ſeine ſtimme fuͤren; allein die erforderlichen kriges- und lehndinſte vermag er nicht zu verrichten; daher muß ein adelicher lehntraͤger ſeyn. Nohtwendige ſchen- kungen mag er auch wohl geben; allein man tut es nicht gern fuͤr ſich; zumal, wenn ſie wichtig ſind; ſondern man meldet es, oder zeiget des ſupplican- tens ſuchen, welcher etwas geſchenket haben will, dem obervormunde an, und laͤſſet es durch ein de- cret beſtaͤtigen.
§ 972
Die vormunden ſollen treulich, fleiſſig, ſonderwas den un- treuen, farlaͤſ- ſigen vormun- den widerfaͤ- ret? gefaͤrde den pflegbefolenen, und iren ſachen vorſte- hen (§ 971 des 1ten th § 960 und § 971 des 3ten th.). Wenn ſie aber diſes nicht tun; vilmehr un- gehorſam, oder farlaͤſſig ſind, oder die minderjaͤri- gen vervorteilen, zu irem ſchaden veraͤuſſern, han- deln, Ge. Heinr. Ayrerde rebus pupillae gerad. a tutore non alienandis, Goett. 1754, 4t, § 5 fgg. ſ. 12 fg., oder inen nach dem leben ſtellen; ſollen
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u. obervorm., auch krigiſchen vorm.
get; damit ſeinem unmuͤndigen kein nachteil veran-
laſſet weide; und tut, als wenn er eigentumsherr
waͤre; ob er ſchon nur ein verweſer iſt. Derowe-
gen dinet dahir zur regel: ein vormund tut bei ſei-
nem unmuͤndigen, ſo lange er unter ſeiner vormund-
ſchaft ſtehet, als ein herr, und derſelbe muß ihn als
herrn, und vater anſehen. Ob aber ein vormund
eines adelichen zu den adelichen zuſammenkuͤnften
zugelaſſen ſey, und daſelbſt eine ſtimme habe?
wenn der vormund ſelbſt ein guter von adel iſt, hat
es kein bedenken; iſt er aber ein gelehrter, auch do-
ctor, und zwar im Reiche, wo man auf die ahnen
haͤlt, will man es nicht geſtatten. Allein von rechts-
wegen gehet es wohl an, da der gelehrte den geiſt-
lichen beigeſellet wird, und als ein doctor wird er als
ein geiſtlicher ritter betrachtet: mithin kan er ſeine
ſtimme fuͤren; allein die erforderlichen kriges- und
lehndinſte vermag er nicht zu verrichten; daher muß
ein adelicher lehntraͤger ſeyn. Nohtwendige ſchen-
kungen mag er auch wohl geben; allein man tut
es nicht gern fuͤr ſich; zumal, wenn ſie wichtig ſind;
ſondern man meldet es, oder zeiget des ſupplican-
tens ſuchen, welcher etwas geſchenket haben will,
dem obervormunde an, und laͤſſet es durch ein de-
cret beſtaͤtigen.
§ 972
Die vormunden ſollen treulich, fleiſſig, ſonder
gefaͤrde den pflegbefolenen, und iren ſachen vorſte-
hen (§ 971 des 1ten th § 960 und § 971 des 3ten
th.). Wenn ſie aber diſes nicht tun; vilmehr un-
gehorſam, oder farlaͤſſig ſind, oder die minderjaͤri-
gen vervorteilen, zu irem ſchaden veraͤuſſern, han-
deln, Ge. Heinr. Ayrer de rebus pupillae gerad. a
tutore non alienandis, Goett. 1754, 4t, § 5 fgg.
ſ. 12 fg., oder inen nach dem leben ſtellen; ſollen
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was den un-
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Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1767, S. 585. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit03_1767/609>, abgerufen am 22.11.2024.
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