chene treue bei gedingen, und in andern fällen schuldig erkannt wird; darnebst der richter im ur- tel die ursache der argelist anzihet; so wird der treulose mit der rechtlosigkeit beleget. Erwänet aber der richter die ursache im urtel, oder beschei- de, nicht; so fället die anrüchtigkeit des rechtes wohl weg; allein die infamia facti bleibet doch, Heinr. Bodinusde iure circa infamiam eiusque inter christianos abusu, Halle 1709, th. XVIIII, s. 30 fg. Derjenige, welchem die hand abgehau- en werden sollte; ob er schon gelt dafür erlegen durfte, wurde dennoch anrüchtig. Daher ist zu begreiffen: warum man in der peinlichen halßge- richtsordnung die abhauung der finger auf den meineid gesezet hat (§ 995 des Iten th.), Gund- ling in p. s. 285, § 7. Derjenige schuldener, welcher das einlager, one rechtmässige ursachen, und sonder vorwissen des gläubigers, vor geleiste- ter bezalung bricht, und verändert, machet sich seiner ere verlustig, Joachim Potgieserde obsta- gio, Marb. 1722, 4t, s. 329 fg. Ehedem hat- te die rechte hand die kraft eines eides; hernach ist aber die treue der Teutschen gefallen. Jmmit- tels werden dijenige beambte, welche eine untreue an den herrschaftlichen geltern verüben, in vilen landesgesäzen für erloß erkläret.
§ 990
von der be- schimpfung mit den hun- den, schelt- und schimpfwörtern der Teutschen.
Nichts schimpflichers war bei den Teutschen, als der hund, und ein schäbichter hund. Daher kömmt das wort: hundsf -- --. Einige meinen: es käme von fühten her (generare), du bist vom hunde abgefallen (canina soboles); andere sagen: es wäre ein kerl, welcher die hunde leiten, füren, tragen etc müßte. Andere behaubten: dises wort wäre so vil, als quinsvott; quin ist mulier, ca-
nis,
CXXIV h. von den erloſen, anruͤcht.
chene treue bei gedingen, und in andern faͤllen ſchuldig erkannt wird; darnebſt der richter im ur- tel die urſache der argeliſt anzihet; ſo wird der treuloſe mit der rechtloſigkeit beleget. Erwaͤnet aber der richter die urſache im urtel, oder beſchei- de, nicht; ſo faͤllet die anruͤchtigkeit des rechtes wohl weg; allein die infamia facti bleibet doch, Heinr. Bodinusde iure circa infamiam eiusque inter chriſtianos abuſu, Halle 1709, th. XVIIII, ſ. 30 fg. Derjenige, welchem die hand abgehau- en werden ſollte; ob er ſchon gelt dafuͤr erlegen durfte, wurde dennoch anruͤchtig. Daher iſt zu begreiffen: warum man in der peinlichen halßge- richtsordnung die abhauung der finger auf den meineid geſezet hat (§ 995 des Iten th.), Gund- ling in π. ſ. 285, § 7. Derjenige ſchuldener, welcher das einlager, one rechtmaͤſſige urſachen, und ſonder vorwiſſen des glaͤubigers, vor geleiſte- ter bezalung bricht, und veraͤndert, machet ſich ſeiner ere verluſtig, Joachim Potgieſerde obſta- gio, Marb. 1722, 4t, ſ. 329 fg. Ehedem hat- te die rechte hand die kraft eines eides; hernach iſt aber die treue der Teutſchen gefallen. Jmmit- tels werden dijenige beambte, welche eine untreue an den herrſchaftlichen geltern veruͤben, in vilen landesgeſaͤzen fuͤr erloß erklaͤret.
§ 990
von der be- ſchimpfung mit den hun- den, ſchelt- und ſchimpfwoͤꝛtern der Teutſchen.
Nichts ſchimpflichers war bei den Teutſchen, als der hund, und ein ſchaͤbichter hund. Daher koͤmmt das wort: hundsf — —. Einige meinen: es kaͤme von fuͤhten her (generare), du biſt vom hunde abgefallen (canina ſoboles); andere ſagen: es waͤre ein kerl, welcher die hunde leiten, fuͤren, tragen ꝛc muͤßte. Andere behaubten: diſes wort waͤre ſo vil, als quinsvott; quin iſt mulier, ca-
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CXXIV h. von den erloſen, anruͤcht.
chene treue bei gedingen, und in andern faͤllen
ſchuldig erkannt wird; darnebſt der richter im ur-
tel die urſache der argeliſt anzihet; ſo wird der
treuloſe mit der rechtloſigkeit beleget. Erwaͤnet
aber der richter die urſache im urtel, oder beſchei-
de, nicht; ſo faͤllet die anruͤchtigkeit des rechtes
wohl weg; allein die infamia facti bleibet doch,
Heinr. Bodinus de iure circa infamiam eiusque
inter chriſtianos abuſu, Halle 1709, th. XVIIII,
ſ. 30 fg. Derjenige, welchem die hand abgehau-
en werden ſollte; ob er ſchon gelt dafuͤr erlegen
durfte, wurde dennoch anruͤchtig. Daher iſt zu
begreiffen: warum man in der peinlichen halßge-
richtsordnung die abhauung der finger auf den
meineid geſezet hat (§ 995 des Iten th.), Gund-
ling in π. ſ. 285, § 7. Derjenige ſchuldener,
welcher das einlager, one rechtmaͤſſige urſachen,
und ſonder vorwiſſen des glaͤubigers, vor geleiſte-
ter bezalung bricht, und veraͤndert, machet ſich
ſeiner ere verluſtig, Joachim Potgieſer de obſta-
gio, Marb. 1722, 4t, ſ. 329 fg. Ehedem hat-
te die rechte hand die kraft eines eides; hernach
iſt aber die treue der Teutſchen gefallen. Jmmit-
tels werden dijenige beambte, welche eine untreue
an den herrſchaftlichen geltern veruͤben, in vilen
landesgeſaͤzen fuͤr erloß erklaͤret.
§ 990
Nichts ſchimpflichers war bei den Teutſchen,
als der hund, und ein ſchaͤbichter hund. Daher
koͤmmt das wort: hundsf — —. Einige meinen:
es kaͤme von fuͤhten her (generare), du biſt vom
hunde abgefallen (canina ſoboles); andere ſagen:
es waͤre ein kerl, welcher die hunde leiten, fuͤren,
tragen ꝛc muͤßte. Andere behaubten: diſes wort
waͤre ſo vil, als quinsvott; quin iſt mulier, ca-
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Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1767, S. 612. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit03_1767/636>, abgerufen am 22.11.2024.
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