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Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1767.

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und landesordn. auch gnadenbrifen.
wenn z. e. der landesherr den ganzen proceß auf-
hebet. Was allso die Römer abolition nennen,
das heisset bei den Teutschen abtun; wiewohl dises
wort noch merere bedeutungen hat, z. e. eine ge-
richtliche entscheidung, den schaden abtun, Halt-
aus
am a. o. sp. 10, unter dem worte: abtun,
und abtragen. Das abtun ist nach der streng-
sten auslegung, und buchstäblich zu verstehen;
mithin geschihet dasselbe mit vorbehalte eines drit-
ten rechtes; immassen es dann auch von keiner
wirkung gehalten wird, wenn dasselbe erschlichen
worden ist. Es können auch wohl gewisse ver-
brechen ausgenommen werden, worin keine abo-
lition statt finden soll, wie z. e. die duellanten, im
Sachsen-Gothaischen, der verordneten strafe hal-
ber dergleichen nicht zu gewarten haben sollen, in-
halts der ferneren beifugen zur Sachsen-Gothai-
schen Landesordnung, 1738, 4t, s. 241. Stryk,
Wildvogel, Engau,
haben von der abolition
schriften bekannt gemachet. Von der abtuung istvon der öegna-
digung.

die begnadigung (aggratiatio) unterschiden; sin-
temal dise bestehet: in der vom oberherrn geschehe-
nen erlassung der wegen eines begangenen verbre-
chens zuerkannten, und auferlegeten strafe. Sievon der ver-
wandelung der
strafe in eine
andere.

unterscheidet sich auch von der milderung der stra-
fe; z. e. es sind einem 10 jare landes-verweisung
zuerkannt; dise hat er 3 jare ausgehalten; die
übrige werden ihm erlassen. Von der milderung
ist die herstellung unterschiden, wenn jemand einvon der her-
stellung.

urtel wider sich hat; gleichwohl demselben die kraft
benommen wird. Die herstellung geschihet ent-
weder aus gnaden, oder von rechtswegen. Jene
gehöret dem oberherrn; dise aber für die richter,
und gerichte. Hirnächst ist sie bald ausdrücklich,
bald stillschweigend; z. e. es ist einer anrüchtig;
die fane wird über ihn geschwenket; so ist dises ei-

ne
III Teil. E

und landesordn. auch gnadenbrifen.
wenn z. e. der landesherr den ganzen proceß auf-
hebet. Was allſo die Roͤmer abolition nennen,
das heiſſet bei den Teutſchen abtun; wiewohl diſes
wort noch merere bedeutungen hat, z. e. eine ge-
richtliche entſcheidung, den ſchaden abtun, Halt-
aus
am a. o. ſp. 10, unter dem worte: abtun,
und abtragen. Das abtun iſt nach der ſtreng-
ſten auslegung, und buchſtaͤblich zu verſtehen;
mithin geſchihet daſſelbe mit vorbehalte eines drit-
ten rechtes; immaſſen es dann auch von keiner
wirkung gehalten wird, wenn daſſelbe erſchlichen
worden iſt. Es koͤnnen auch wohl gewiſſe ver-
brechen ausgenommen werden, worin keine abo-
lition ſtatt finden ſoll, wie z. e. die duellanten, im
Sachſen-Gothaiſchen, der verordneten ſtrafe hal-
ber dergleichen nicht zu gewarten haben ſollen, in-
halts der ferneren beifugen zur Sachſen-Gothai-
ſchen Landesordnung, 1738, 4t, ſ. 241. Stryk,
Wildvogel, Engau,
haben von der abolition
ſchriften bekannt gemachet. Von der abtuung iſtvon der oͤegna-
digung.

die begnadigung (aggratiatio) unterſchiden; ſin-
temal diſe beſtehet: in der vom oberherrn geſchehe-
nen erlaſſung der wegen eines begangenen verbre-
chens zuerkannten, und auferlegeten ſtrafe. Sievon der ver-
wandelung der
ſtrafe in eine
andere.

unterſcheidet ſich auch von der milderung der ſtra-
fe; z. e. es ſind einem 10 jare landes-verweiſung
zuerkannt; diſe hat er 3 jare ausgehalten; die
uͤbrige werden ihm erlaſſen. Von der milderung
iſt die herſtellung unterſchiden, wenn jemand einvon der her-
ſtellung.

urtel wider ſich hat; gleichwohl demſelben die kraft
benommen wird. Die herſtellung geſchihet ent-
weder aus gnaden, oder von rechtswegen. Jene
gehoͤret dem oberherrn; diſe aber fuͤr die richter,
und gerichte. Hirnaͤchſt iſt ſie bald ausdruͤcklich,
bald ſtillſchweigend; z. e. es iſt einer anruͤchtig;
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ne
III Teil. E
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[65/0089] und landesordn. auch gnadenbrifen. wenn z. e. der landesherr den ganzen proceß auf- hebet. Was allſo die Roͤmer abolition nennen, das heiſſet bei den Teutſchen abtun; wiewohl diſes wort noch merere bedeutungen hat, z. e. eine ge- richtliche entſcheidung, den ſchaden abtun, Halt- aus am a. o. ſp. 10, unter dem worte: abtun, und abtragen. Das abtun iſt nach der ſtreng- ſten auslegung, und buchſtaͤblich zu verſtehen; mithin geſchihet daſſelbe mit vorbehalte eines drit- ten rechtes; immaſſen es dann auch von keiner wirkung gehalten wird, wenn daſſelbe erſchlichen worden iſt. Es koͤnnen auch wohl gewiſſe ver- brechen ausgenommen werden, worin keine abo- lition ſtatt finden ſoll, wie z. e. die duellanten, im Sachſen-Gothaiſchen, der verordneten ſtrafe hal- ber dergleichen nicht zu gewarten haben ſollen, in- halts der ferneren beifugen zur Sachſen-Gothai- ſchen Landesordnung, 1738, 4t, ſ. 241. Stryk, Wildvogel, Engau, haben von der abolition ſchriften bekannt gemachet. Von der abtuung iſt die begnadigung (aggratiatio) unterſchiden; ſin- temal diſe beſtehet: in der vom oberherrn geſchehe- nen erlaſſung der wegen eines begangenen verbre- chens zuerkannten, und auferlegeten ſtrafe. Sie unterſcheidet ſich auch von der milderung der ſtra- fe; z. e. es ſind einem 10 jare landes-verweiſung zuerkannt; diſe hat er 3 jare ausgehalten; die uͤbrige werden ihm erlaſſen. Von der milderung iſt die herſtellung unterſchiden, wenn jemand ein urtel wider ſich hat; gleichwohl demſelben die kraft benommen wird. Die herſtellung geſchihet ent- weder aus gnaden, oder von rechtswegen. Jene gehoͤret dem oberherrn; diſe aber fuͤr die richter, und gerichte. Hirnaͤchſt iſt ſie bald ausdruͤcklich, bald ſtillſchweigend; z. e. es iſt einer anruͤchtig; die fane wird uͤber ihn geſchwenket; ſo iſt diſes ei- ne von der oͤegna- digung. von der ver- wandelung der ſtrafe in eine andere. von der her- ſtellung. III Teil. E

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Zitationshilfe: Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1767, S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit03_1767/89>, abgerufen am 24.11.2024.