Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Eytelwein, Johann Albert: Praktische Anweisung zur Konstrukzion der Faschinenwerke und den dazu gehörigen Anlagen an Flüssen und Strömen. Berlin, 1800.

Bild:
<< vorherige Seite
Zwölstes Kapitel.

§. 4. Es entstehet also aus dem Abbruch eines Ufers oberhalb, der Anwachs von dem
nemlichen Ufer unterhalb, und zwar je stärker der Abbruch oberhalb ist, desto stärker wird
der darauf folgende Anwachs unterhalb.

§. 5. Hieraus folget, daß je größer der Anwachs eines Ufers an der einen Seite ist,
desto größer wird der Abbruch des entgegen liegenden Ufers, auf der andern Seite.

§. 6. Es folget also ferner hieraus, daß ein jedes anwachsendes Ufer ein abbrechen-
des Ufer gegen sich über liegen hat, et vice versa.

§. 7. Diese Veränderungen der Ufer dirigiren den Strom, und verursachen, daß dessen
Lauf, je länger, je krümmer wird, folglich je länger, je mehr Abbrüche und Anwächse for-
miret; denn, es ist aus dem vorigen §. 5. evident: daß, so sehr wie der Anwachs zunimmt,
so sehr wird der Strom nach der andern Seite, in das abbrechende Ufer übergedrungen, und
sein Lauf mehr gekrümmet.

§. 8. Weil die Abbrüche und Anwächse, eines und desselben Ufers, von oben, mit dem
Lauf des Stromes nach unten zu, ihre Seriem fortsetzen: so folget hieraus, daß der Unter-
theil des Abbruchs, nach und nach den darauf folgenden hervorragenden Obertheil des An-
wachses angreifet, und die Materie, so er da abbricht, im Fall das darauf folgende einwärts
sich zurück ziehet, oder, im Abbruche begriffen ist, an dem Untertheile desselben längst der
hervorstehenden Linie, in dem darauf folgenden Abbruche niedergeleget; mithin dienet der Un-
tertheil eines jeden anwachsenden Ufers allemal zu Deckung des Obertheiles des darauf fol-
genden abbrechenden oder sich zurückziehenden Ufers, woferne nicht eine Insel oder gegenüber
angelegte Kribbe, oder eine Hervorragung des gegenüberliegenden Ufers, solches verhindert.

§. 9. Es sind also die Anwächse an ihrem Obertheile schädlich, weil sie den Strom in das
gegenüberliegende abbrechende Ufer überdringen; (§. 5.) an ihrem Untertheile hergegen sind
sie nützlich, weil sie das darauf folgende abbrechende Ufer an seinem Obertheile decken, und
den Strom aus demselben ablenken.

Cap. I. Von dem Anwachse ....

§. 17. Desgleichen soll auch kein Aufschlag von Weiden oder anderm Holze, der auf
solchen schädlichen Anwächsen von selbst entstehen mögte, geduldet, sondern sofort von den
Eignern ausgerissen werden; worauf Unsere Strombefahrungs-Commission, und der Wasser-
baumeister genau Achtung geben, und die Wardaufseher instruiren müssen, daß sie an Unsern

Zwoͤlſtes Kapitel.

§. 4. Es entſtehet alſo aus dem Abbruch eines Ufers oberhalb, der Anwachs von dem
nemlichen Ufer unterhalb, und zwar je ſtaͤrker der Abbruch oberhalb iſt, deſto ſtaͤrker wird
der darauf folgende Anwachs unterhalb.

§. 5. Hieraus folget, daß je groͤßer der Anwachs eines Ufers an der einen Seite iſt,
deſto groͤßer wird der Abbruch des entgegen liegenden Ufers, auf der andern Seite.

§. 6. Es folget alſo ferner hieraus, daß ein jedes anwachſendes Ufer ein abbrechen-
des Ufer gegen ſich uͤber liegen hat, et vice verſa.

§. 7. Dieſe Veraͤnderungen der Ufer dirigiren den Strom, und verurſachen, daß deſſen
Lauf, je laͤnger, je kruͤmmer wird, folglich je laͤnger, je mehr Abbruͤche und Anwaͤchſe for-
miret; denn, es iſt aus dem vorigen §. 5. evident: daß, ſo ſehr wie der Anwachs zunimmt,
ſo ſehr wird der Strom nach der andern Seite, in das abbrechende Ufer uͤbergedrungen, und
ſein Lauf mehr gekruͤmmet.

§. 8. Weil die Abbruͤche und Anwaͤchſe, eines und deſſelben Ufers, von oben, mit dem
Lauf des Stromes nach unten zu, ihre Seriem fortſetzen: ſo folget hieraus, daß der Unter-
theil des Abbruchs, nach und nach den darauf folgenden hervorragenden Obertheil des An-
wachſes angreifet, und die Materie, ſo er da abbricht, im Fall das darauf folgende einwaͤrts
ſich zuruͤck ziehet, oder, im Abbruche begriffen iſt, an dem Untertheile deſſelben laͤngſt der
hervorſtehenden Linie, in dem darauf folgenden Abbruche niedergeleget; mithin dienet der Un-
tertheil eines jeden anwachſenden Ufers allemal zu Deckung des Obertheiles des darauf fol-
genden abbrechenden oder ſich zuruͤckziehenden Ufers, woferne nicht eine Inſel oder gegenuͤber
angelegte Kribbe, oder eine Hervorragung des gegenuͤberliegenden Ufers, ſolches verhindert.

§. 9. Es ſind alſo die Anwaͤchſe an ihrem Obertheile ſchaͤdlich, weil ſie den Strom in das
gegenuͤberliegende abbrechende Ufer uͤberdringen; (§. 5.) an ihrem Untertheile hergegen ſind
ſie nuͤtzlich, weil ſie das darauf folgende abbrechende Ufer an ſeinem Obertheile decken, und
den Strom aus demſelben ablenken.

Cap. I. Von dem Anwachſe ....

§. 17. Desgleichen ſoll auch kein Aufſchlag von Weiden oder anderm Holze, der auf
ſolchen ſchaͤdlichen Anwaͤchſen von ſelbſt entſtehen moͤgte, geduldet, ſondern ſofort von den
Eignern ausgeriſſen werden; worauf Unſere Strombefahrungs-Commiſſion, und der Waſſer-
baumeiſter genau Achtung geben, und die Wardaufſeher inſtruiren muͤſſen, daß ſie an Unſern

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0138" n="118"/>
          <fw place="top" type="header">Zwo&#x0364;l&#x017F;tes Kapitel.</fw><lb/>
          <p>§. 4. Es ent&#x017F;tehet al&#x017F;o aus dem Abbruch eines Ufers oberhalb, der Anwachs von dem<lb/>
nemlichen Ufer unterhalb, und zwar je &#x017F;ta&#x0364;rker der Abbruch oberhalb i&#x017F;t, de&#x017F;to &#x017F;ta&#x0364;rker wird<lb/>
der darauf folgende Anwachs unterhalb.</p><lb/>
          <p>§. 5. Hieraus folget, daß je gro&#x0364;ßer der Anwachs eines Ufers an der einen Seite i&#x017F;t,<lb/>
de&#x017F;to gro&#x0364;ßer wird der Abbruch des entgegen liegenden Ufers, auf der andern Seite.</p><lb/>
          <p>§. 6. Es folget al&#x017F;o ferner hieraus, daß ein jedes anwach&#x017F;endes Ufer ein abbrechen-<lb/>
des Ufer gegen &#x017F;ich u&#x0364;ber liegen hat, <hi rendition="#aq">et vice ver&#x017F;a.</hi></p><lb/>
          <p>§. 7. Die&#x017F;e Vera&#x0364;nderungen der Ufer dirigiren den Strom, und verur&#x017F;achen, daß de&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Lauf, je la&#x0364;nger, je kru&#x0364;mmer wird, folglich je la&#x0364;nger, je mehr Abbru&#x0364;che und Anwa&#x0364;ch&#x017F;e for-<lb/>
miret; denn, es i&#x017F;t aus dem vorigen §. 5. evident: daß, &#x017F;o &#x017F;ehr wie der Anwachs zunimmt,<lb/>
&#x017F;o &#x017F;ehr wird der Strom nach der andern Seite, in das abbrechende Ufer u&#x0364;bergedrungen, und<lb/>
&#x017F;ein Lauf mehr gekru&#x0364;mmet.</p><lb/>
          <p>§. 8. Weil die Abbru&#x0364;che und Anwa&#x0364;ch&#x017F;e, eines und de&#x017F;&#x017F;elben Ufers, von oben, mit dem<lb/>
Lauf des Stromes nach unten zu, ihre Seriem fort&#x017F;etzen: &#x017F;o folget hieraus, daß der Unter-<lb/>
theil des Abbruchs, nach und nach den darauf folgenden hervorragenden Obertheil des An-<lb/>
wach&#x017F;es angreifet, und die Materie, &#x017F;o er da abbricht, im Fall das darauf folgende einwa&#x0364;rts<lb/>
&#x017F;ich zuru&#x0364;ck ziehet, oder, im Abbruche begriffen i&#x017F;t, an dem Untertheile de&#x017F;&#x017F;elben la&#x0364;ng&#x017F;t der<lb/>
hervor&#x017F;tehenden Linie, in dem darauf folgenden Abbruche niedergeleget; mithin dienet der Un-<lb/>
tertheil eines jeden anwach&#x017F;enden Ufers allemal zu Deckung des Obertheiles des darauf fol-<lb/>
genden abbrechenden oder &#x017F;ich zuru&#x0364;ckziehenden Ufers, woferne nicht eine In&#x017F;el oder gegenu&#x0364;ber<lb/>
angelegte Kribbe, oder eine Hervorragung des gegenu&#x0364;berliegenden Ufers, &#x017F;olches verhindert.</p><lb/>
          <p>§. 9. Es &#x017F;ind al&#x017F;o die Anwa&#x0364;ch&#x017F;e an ihrem Obertheile &#x017F;cha&#x0364;dlich, weil &#x017F;ie den Strom in das<lb/>
gegenu&#x0364;berliegende abbrechende Ufer u&#x0364;berdringen; (§. 5.) an ihrem Untertheile hergegen &#x017F;ind<lb/>
&#x017F;ie nu&#x0364;tzlich, weil &#x017F;ie das darauf folgende abbrechende Ufer an &#x017F;einem Obertheile decken, und<lb/>
den Strom aus dem&#x017F;elben ablenken.</p><lb/>
          <p> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#aq">Cap. I.</hi> <hi rendition="#g">Von dem Anwach&#x017F;e ....</hi> </hi> </p><lb/>
          <p>§. 17. Desgleichen &#x017F;oll auch kein <hi rendition="#g">Auf&#x017F;chlag von Weiden</hi> oder anderm Holze, der auf<lb/>
&#x017F;olchen &#x017F;cha&#x0364;dlichen Anwa&#x0364;ch&#x017F;en von &#x017F;elb&#x017F;t ent&#x017F;tehen mo&#x0364;gte, geduldet, &#x017F;ondern &#x017F;ofort von den<lb/>
Eignern ausgeri&#x017F;&#x017F;en werden; worauf Un&#x017F;ere Strombefahrungs-Commi&#x017F;&#x017F;ion, und der Wa&#x017F;&#x017F;er-<lb/>
baumei&#x017F;ter genau Achtung geben, und die Wardauf&#x017F;eher in&#x017F;truiren mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, daß &#x017F;ie an Un&#x017F;ern<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[118/0138] Zwoͤlſtes Kapitel. §. 4. Es entſtehet alſo aus dem Abbruch eines Ufers oberhalb, der Anwachs von dem nemlichen Ufer unterhalb, und zwar je ſtaͤrker der Abbruch oberhalb iſt, deſto ſtaͤrker wird der darauf folgende Anwachs unterhalb. §. 5. Hieraus folget, daß je groͤßer der Anwachs eines Ufers an der einen Seite iſt, deſto groͤßer wird der Abbruch des entgegen liegenden Ufers, auf der andern Seite. §. 6. Es folget alſo ferner hieraus, daß ein jedes anwachſendes Ufer ein abbrechen- des Ufer gegen ſich uͤber liegen hat, et vice verſa. §. 7. Dieſe Veraͤnderungen der Ufer dirigiren den Strom, und verurſachen, daß deſſen Lauf, je laͤnger, je kruͤmmer wird, folglich je laͤnger, je mehr Abbruͤche und Anwaͤchſe for- miret; denn, es iſt aus dem vorigen §. 5. evident: daß, ſo ſehr wie der Anwachs zunimmt, ſo ſehr wird der Strom nach der andern Seite, in das abbrechende Ufer uͤbergedrungen, und ſein Lauf mehr gekruͤmmet. §. 8. Weil die Abbruͤche und Anwaͤchſe, eines und deſſelben Ufers, von oben, mit dem Lauf des Stromes nach unten zu, ihre Seriem fortſetzen: ſo folget hieraus, daß der Unter- theil des Abbruchs, nach und nach den darauf folgenden hervorragenden Obertheil des An- wachſes angreifet, und die Materie, ſo er da abbricht, im Fall das darauf folgende einwaͤrts ſich zuruͤck ziehet, oder, im Abbruche begriffen iſt, an dem Untertheile deſſelben laͤngſt der hervorſtehenden Linie, in dem darauf folgenden Abbruche niedergeleget; mithin dienet der Un- tertheil eines jeden anwachſenden Ufers allemal zu Deckung des Obertheiles des darauf fol- genden abbrechenden oder ſich zuruͤckziehenden Ufers, woferne nicht eine Inſel oder gegenuͤber angelegte Kribbe, oder eine Hervorragung des gegenuͤberliegenden Ufers, ſolches verhindert. §. 9. Es ſind alſo die Anwaͤchſe an ihrem Obertheile ſchaͤdlich, weil ſie den Strom in das gegenuͤberliegende abbrechende Ufer uͤberdringen; (§. 5.) an ihrem Untertheile hergegen ſind ſie nuͤtzlich, weil ſie das darauf folgende abbrechende Ufer an ſeinem Obertheile decken, und den Strom aus demſelben ablenken. Cap. I. Von dem Anwachſe .... §. 17. Desgleichen ſoll auch kein Aufſchlag von Weiden oder anderm Holze, der auf ſolchen ſchaͤdlichen Anwaͤchſen von ſelbſt entſtehen moͤgte, geduldet, ſondern ſofort von den Eignern ausgeriſſen werden; worauf Unſere Strombefahrungs-Commiſſion, und der Waſſer- baumeiſter genau Achtung geben, und die Wardaufſeher inſtruiren muͤſſen, daß ſie an Unſern

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/eytelwein_faschinenwerke_1800
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/eytelwein_faschinenwerke_1800/138
Zitationshilfe: Eytelwein, Johann Albert: Praktische Anweisung zur Konstrukzion der Faschinenwerke und den dazu gehörigen Anlagen an Flüssen und Strömen. Berlin, 1800, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eytelwein_faschinenwerke_1800/138>, abgerufen am 17.05.2024.