Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Eytelwein, Johann Albert: Praktische Anweisung zur Konstrukzion der Faschinenwerke und den dazu gehörigen Anlagen an Flüssen und Strömen. Berlin, 1800.

Bild:
<< vorherige Seite

Drittes Kapitel.
Krone ausgewachsen ist. Denn nicht nur die dünnen Ruthen des Strauchs, sondern auch
die Wurzeln desselben, welche sich in dem Packwerke verflechten, geben ihm eine solche Fe-
stigkeit, daß es dem stärksten Stromanfall und dem Eisgange Widerstand leisten kann.
Wird nemlich, wie es die folgende Anweisung fordert, der Strauch auf den Werken alle
drei bis vier Jahre zur gehörigen Zeit abgehauen, so können nie starke Stämme auf dem
Werke entstehen, und der schlimmste Eisgang kann zwar über das Werk weggehen, die Ru-
then umbiegen, auch allenfalls die äußersten Reiser abscheelen, aber wenn kein starkes Holz
auf dem Werke vorhanden ist, so läßt sich nicht absehen, wie ein dergleichen Werk zerstört
werden sollte, vorausgesetzt, daß es aus Mangel an Dossirung nicht umgewälzt oder wegen
zu steiler Lage in den Strom, denselben nicht genug abweist und dadurch vom Lande abge-
löst wird. Wenn hingegen die Krone nicht bestraucht ist, so wird durch die Sonnenhitze das
Faschinenreis so mürbe, und die Bänder der Faschinen und Würste springen so leicht auf,
daß nicht nur schon von dem darauf folgenden großen Wasser, ein ansehnlicher Theil der
Krone einen Werks weggeführt wird, sondern, wenn der Eingang noch dazu kommt, so ist
nichts wahrscheinlicher, als die Zerstörung der obersten Faschinenlage, da denn der Ruin
der übrigen leicht nachfolgt.

Wenn also das Auswachsen der Krone vorzüglich die Aufmerksamkeit des Wasserbau-
meisters verdient, so entstehet die Frage: wie die Höhe eines Werks einzurichten sey, um sich
des Fortkommens der Weidenreiser zu versichern? Es ist offenbar, wenn das Werk zu hoch
über den Wasserspiegel liegt, daß nicht nur die bald trocknen bald nassen Faschinen verwesen,
sondern daß auch auf der Krone, wenn wirklich fette Erde darauf gebracht ist, die daselbst
zum Auswachsen bestimmten Weidenreiser aus Mangel an Feuchtigkeit vertrocknen müssen.
Umgekehrt würde ebenfalls Nachtheil daraus entstehen, wenn die Krone so tief ins Wasser
gelegt wird, daß sie nie zu Tage käme, weil alsdenn die Weidenreiser eben so wenig aus-
wachsen. Es ist daher am sichersten, den durch viele Erfahrungen erprobten Satz anzuneh-
men: die Krone eines Packwerks, vorausgesetzt, daß der Wasserstand im Sommer nicht zu
sehr veränderlich ist, einen Fuß hoch über das kleine Sommerwasser, welches im Durch-
schnitt bei einem Strom jährlich einzutreten pflegt, anzulegen. Hierdurch wird man gesichert,
daß der Weidenstrauch unter allen Umständen Nahrung hat und nicht leicht vertrocknet.
Auch kann selbst ein großes Sommerwasser, welches gewöhnlich nicht sehr lange anhält, ei-
ner solchen Pflanzung nicht leicht schaden, denn entweder reichen die Reiser mit ihren Spi-

Drittes Kapitel.
Krone ausgewachſen iſt. Denn nicht nur die duͤnnen Ruthen des Strauchs, ſondern auch
die Wurzeln deſſelben, welche ſich in dem Packwerke verflechten, geben ihm eine ſolche Fe-
ſtigkeit, daß es dem ſtaͤrkſten Stromanfall und dem Eisgange Widerſtand leiſten kann.
Wird nemlich, wie es die folgende Anweiſung fordert, der Strauch auf den Werken alle
drei bis vier Jahre zur gehoͤrigen Zeit abgehauen, ſo koͤnnen nie ſtarke Staͤmme auf dem
Werke entſtehen, und der ſchlimmſte Eisgang kann zwar uͤber das Werk weggehen, die Ru-
then umbiegen, auch allenfalls die aͤußerſten Reiſer abſcheelen, aber wenn kein ſtarkes Holz
auf dem Werke vorhanden iſt, ſo laͤßt ſich nicht abſehen, wie ein dergleichen Werk zerſtoͤrt
werden ſollte, vorausgeſetzt, daß es aus Mangel an Doſſirung nicht umgewaͤlzt oder wegen
zu ſteiler Lage in den Strom, denſelben nicht genug abweiſt und dadurch vom Lande abge-
loͤſt wird. Wenn hingegen die Krone nicht beſtraucht iſt, ſo wird durch die Sonnenhitze das
Faſchinenreis ſo muͤrbe, und die Baͤnder der Faſchinen und Wuͤrſte ſpringen ſo leicht auf,
daß nicht nur ſchon von dem darauf folgenden großen Waſſer, ein anſehnlicher Theil der
Krone einen Werks weggefuͤhrt wird, ſondern, wenn der Eingang noch dazu kommt, ſo iſt
nichts wahrſcheinlicher, als die Zerſtoͤrung der oberſten Faſchinenlage, da denn der Ruin
der uͤbrigen leicht nachfolgt.

Wenn alſo das Auswachſen der Krone vorzuͤglich die Aufmerkſamkeit des Waſſerbau-
meiſters verdient, ſo entſtehet die Frage: wie die Hoͤhe eines Werks einzurichten ſey, um ſich
des Fortkommens der Weidenreiſer zu verſichern? Es iſt offenbar, wenn das Werk zu hoch
uͤber den Waſſerſpiegel liegt, daß nicht nur die bald trocknen bald naſſen Faſchinen verweſen,
ſondern daß auch auf der Krone, wenn wirklich fette Erde darauf gebracht iſt, die daſelbſt
zum Auswachſen beſtimmten Weidenreiſer aus Mangel an Feuchtigkeit vertrocknen muͤſſen.
Umgekehrt wuͤrde ebenfalls Nachtheil daraus entſtehen, wenn die Krone ſo tief ins Waſſer
gelegt wird, daß ſie nie zu Tage kaͤme, weil alsdenn die Weidenreiſer eben ſo wenig aus-
wachſen. Es iſt daher am ſicherſten, den durch viele Erfahrungen erprobten Satz anzuneh-
men: die Krone eines Packwerks, vorausgeſetzt, daß der Waſſerſtand im Sommer nicht zu
ſehr veraͤnderlich iſt, einen Fuß hoch uͤber das kleine Sommerwaſſer, welches im Durch-
ſchnitt bei einem Strom jaͤhrlich einzutreten pflegt, anzulegen. Hierdurch wird man geſichert,
daß der Weidenſtrauch unter allen Umſtaͤnden Nahrung hat und nicht leicht vertrocknet.
Auch kann ſelbſt ein großes Sommerwaſſer, welches gewoͤhnlich nicht ſehr lange anhaͤlt, ei-
ner ſolchen Pflanzung nicht leicht ſchaden, denn entweder reichen die Reiſer mit ihren Spi-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0034" n="14"/><fw place="top" type="header">Drittes Kapitel.</fw><lb/>
Krone ausgewach&#x017F;en i&#x017F;t. Denn nicht nur die du&#x0364;nnen Ruthen des Strauchs, &#x017F;ondern auch<lb/>
die Wurzeln de&#x017F;&#x017F;elben, welche &#x017F;ich in dem Packwerke verflechten, geben ihm eine &#x017F;olche Fe-<lb/>
&#x017F;tigkeit, daß es dem &#x017F;ta&#x0364;rk&#x017F;ten Stromanfall und dem Eisgange Wider&#x017F;tand lei&#x017F;ten kann.<lb/>
Wird nemlich, wie es die folgende Anwei&#x017F;ung fordert, der Strauch auf den Werken alle<lb/>
drei bis vier Jahre zur geho&#x0364;rigen Zeit abgehauen, &#x017F;o ko&#x0364;nnen nie &#x017F;tarke Sta&#x0364;mme auf dem<lb/>
Werke ent&#x017F;tehen, und der &#x017F;chlimm&#x017F;te Eisgang kann zwar u&#x0364;ber das Werk weggehen, die Ru-<lb/>
then umbiegen, auch allenfalls die a&#x0364;ußer&#x017F;ten Rei&#x017F;er ab&#x017F;cheelen, aber wenn kein &#x017F;tarkes Holz<lb/>
auf dem Werke vorhanden i&#x017F;t, &#x017F;o la&#x0364;ßt &#x017F;ich nicht ab&#x017F;ehen, wie ein dergleichen Werk zer&#x017F;to&#x0364;rt<lb/>
werden &#x017F;ollte, vorausge&#x017F;etzt, daß es aus Mangel an Do&#x017F;&#x017F;irung nicht umgewa&#x0364;lzt oder wegen<lb/>
zu &#x017F;teiler Lage in den Strom, den&#x017F;elben nicht genug abwei&#x017F;t und dadurch vom Lande abge-<lb/>
lo&#x0364;&#x017F;t wird. Wenn hingegen die Krone nicht be&#x017F;traucht i&#x017F;t, &#x017F;o wird durch die Sonnenhitze das<lb/>
Fa&#x017F;chinenreis &#x017F;o mu&#x0364;rbe, und die Ba&#x0364;nder der Fa&#x017F;chinen und Wu&#x0364;r&#x017F;te &#x017F;pringen &#x017F;o leicht auf,<lb/>
daß nicht nur &#x017F;chon von dem darauf folgenden großen Wa&#x017F;&#x017F;er, ein an&#x017F;ehnlicher Theil der<lb/>
Krone einen Werks weggefu&#x0364;hrt wird, &#x017F;ondern, wenn der Eingang noch dazu kommt, &#x017F;o i&#x017F;t<lb/>
nichts wahr&#x017F;cheinlicher, als die Zer&#x017F;to&#x0364;rung der ober&#x017F;ten Fa&#x017F;chinenlage, da denn der Ruin<lb/>
der u&#x0364;brigen leicht nachfolgt.</p><lb/>
          <p>Wenn al&#x017F;o das Auswach&#x017F;en der Krone vorzu&#x0364;glich die Aufmerk&#x017F;amkeit des Wa&#x017F;&#x017F;erbau-<lb/>
mei&#x017F;ters verdient, &#x017F;o ent&#x017F;tehet die Frage: wie die Ho&#x0364;he eines Werks einzurichten &#x017F;ey, um &#x017F;ich<lb/>
des Fortkommens der Weidenrei&#x017F;er zu ver&#x017F;ichern? Es i&#x017F;t offenbar, wenn das Werk zu hoch<lb/>
u&#x0364;ber <choice><sic>den</sic><corr>den</corr></choice> Wa&#x017F;&#x017F;er&#x017F;piegel liegt, daß nicht nur die bald trocknen bald na&#x017F;&#x017F;en Fa&#x017F;chinen verwe&#x017F;en,<lb/>
&#x017F;ondern daß auch auf der Krone, wenn wirklich fette Erde darauf gebracht i&#x017F;t, die da&#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
zum Auswach&#x017F;en be&#x017F;timmten Weidenrei&#x017F;er aus Mangel an Feuchtigkeit vertrocknen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en.<lb/>
Umgekehrt wu&#x0364;rde ebenfalls Nachtheil daraus ent&#x017F;tehen, wenn die Krone &#x017F;o tief ins Wa&#x017F;&#x017F;er<lb/>
gelegt wird, daß &#x017F;ie nie zu Tage ka&#x0364;me, weil alsdenn die Weidenrei&#x017F;er eben &#x017F;o wenig aus-<lb/>
wach&#x017F;en. Es i&#x017F;t daher am &#x017F;icher&#x017F;ten, den durch viele Erfahrungen erprobten Satz anzuneh-<lb/>
men: die Krone eines Packwerks, vorausge&#x017F;etzt, daß der Wa&#x017F;&#x017F;er&#x017F;tand im Sommer nicht zu<lb/>
&#x017F;ehr vera&#x0364;nderlich i&#x017F;t, einen Fuß hoch u&#x0364;ber das kleine Sommerwa&#x017F;&#x017F;er, welches im Durch-<lb/>
&#x017F;chnitt bei einem Strom ja&#x0364;hrlich einzutreten pflegt, anzulegen. Hierdurch wird man ge&#x017F;ichert,<lb/>
daß der Weiden&#x017F;trauch unter allen Um&#x017F;ta&#x0364;nden Nahrung hat und nicht leicht vertrocknet.<lb/>
Auch kann &#x017F;elb&#x017F;t ein großes Sommerwa&#x017F;&#x017F;er, welches gewo&#x0364;hnlich nicht &#x017F;ehr lange anha&#x0364;lt, ei-<lb/>
ner &#x017F;olchen Pflanzung nicht leicht &#x017F;chaden, denn entweder reichen die Rei&#x017F;er mit ihren Spi-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[14/0034] Drittes Kapitel. Krone ausgewachſen iſt. Denn nicht nur die duͤnnen Ruthen des Strauchs, ſondern auch die Wurzeln deſſelben, welche ſich in dem Packwerke verflechten, geben ihm eine ſolche Fe- ſtigkeit, daß es dem ſtaͤrkſten Stromanfall und dem Eisgange Widerſtand leiſten kann. Wird nemlich, wie es die folgende Anweiſung fordert, der Strauch auf den Werken alle drei bis vier Jahre zur gehoͤrigen Zeit abgehauen, ſo koͤnnen nie ſtarke Staͤmme auf dem Werke entſtehen, und der ſchlimmſte Eisgang kann zwar uͤber das Werk weggehen, die Ru- then umbiegen, auch allenfalls die aͤußerſten Reiſer abſcheelen, aber wenn kein ſtarkes Holz auf dem Werke vorhanden iſt, ſo laͤßt ſich nicht abſehen, wie ein dergleichen Werk zerſtoͤrt werden ſollte, vorausgeſetzt, daß es aus Mangel an Doſſirung nicht umgewaͤlzt oder wegen zu ſteiler Lage in den Strom, denſelben nicht genug abweiſt und dadurch vom Lande abge- loͤſt wird. Wenn hingegen die Krone nicht beſtraucht iſt, ſo wird durch die Sonnenhitze das Faſchinenreis ſo muͤrbe, und die Baͤnder der Faſchinen und Wuͤrſte ſpringen ſo leicht auf, daß nicht nur ſchon von dem darauf folgenden großen Waſſer, ein anſehnlicher Theil der Krone einen Werks weggefuͤhrt wird, ſondern, wenn der Eingang noch dazu kommt, ſo iſt nichts wahrſcheinlicher, als die Zerſtoͤrung der oberſten Faſchinenlage, da denn der Ruin der uͤbrigen leicht nachfolgt. Wenn alſo das Auswachſen der Krone vorzuͤglich die Aufmerkſamkeit des Waſſerbau- meiſters verdient, ſo entſtehet die Frage: wie die Hoͤhe eines Werks einzurichten ſey, um ſich des Fortkommens der Weidenreiſer zu verſichern? Es iſt offenbar, wenn das Werk zu hoch uͤber den Waſſerſpiegel liegt, daß nicht nur die bald trocknen bald naſſen Faſchinen verweſen, ſondern daß auch auf der Krone, wenn wirklich fette Erde darauf gebracht iſt, die daſelbſt zum Auswachſen beſtimmten Weidenreiſer aus Mangel an Feuchtigkeit vertrocknen muͤſſen. Umgekehrt wuͤrde ebenfalls Nachtheil daraus entſtehen, wenn die Krone ſo tief ins Waſſer gelegt wird, daß ſie nie zu Tage kaͤme, weil alsdenn die Weidenreiſer eben ſo wenig aus- wachſen. Es iſt daher am ſicherſten, den durch viele Erfahrungen erprobten Satz anzuneh- men: die Krone eines Packwerks, vorausgeſetzt, daß der Waſſerſtand im Sommer nicht zu ſehr veraͤnderlich iſt, einen Fuß hoch uͤber das kleine Sommerwaſſer, welches im Durch- ſchnitt bei einem Strom jaͤhrlich einzutreten pflegt, anzulegen. Hierdurch wird man geſichert, daß der Weidenſtrauch unter allen Umſtaͤnden Nahrung hat und nicht leicht vertrocknet. Auch kann ſelbſt ein großes Sommerwaſſer, welches gewoͤhnlich nicht ſehr lange anhaͤlt, ei- ner ſolchen Pflanzung nicht leicht ſchaden, denn entweder reichen die Reiſer mit ihren Spi-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/eytelwein_faschinenwerke_1800
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/eytelwein_faschinenwerke_1800/34
Zitationshilfe: Eytelwein, Johann Albert: Praktische Anweisung zur Konstrukzion der Faschinenwerke und den dazu gehörigen Anlagen an Flüssen und Strömen. Berlin, 1800, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eytelwein_faschinenwerke_1800/34>, abgerufen am 09.11.2024.