Faber, Ludolph: Die letzte und beste Vocation eines treuen Dieners Jesu Christi. Wolfenbüttel, [ca. 1723].Die Gelegenheit hiezu gab mir einmal das praeloquium: (Luc. 9, 56.) Des Menschen Sohn ist nicht kommen der Menschen Seelen zu verderben / sondern zu erhalten; So dann auch das alloquium Davids an seine Seele: Sey nun wieder zu frieden / meine Seele / denn der HErr thut dir guts (Psalm. 116, 7.) Da wir denn mit Stillschweigen nicht vorbeygiengen / wie dieser grosse König vor allen seine Seele anredet / und ihm / bey seiner schweren Regierung / derselben Befriedigung höchst angelegen seyn lässet. Seele! lautet es / sey zu frieden / oder kehre wieder zu deiner Ruhe. O wol! wenn grosse Herren vor andern Vergnügen ihrer Seelen Beruhigung suchen / wie freudig können sie alsdann in GOtt leben. Die Seele ist der zarteste Theil im Menschen / und gleich wie in ein weiches Wachs leichter etwas kan gedrucket werden / als in einen harten Stein; wie ein zartes Auge leichter kan verletzet werden / als ein ander Glied: Also empfindet die Seele alles am hefftigsten und kan am ersten beunruhiget werden. Wann GOtt sich verwandelt in einen Grausamen / (Job. 30, 21.) und viel sagen von unser Seele: Sie hat keine Hülffe bey GOtt; (Psalm. 3, 3.) so entstehet Unruhe und Bekümmerniß im Hertzen / worinn die Seele ohne die Tröstungen GOttes nicht kan ergetzet und zur Ruhe gestellet werden. (Psalm. 94, 19.) An solcher Seelen-Ruhe läst es GOtt keinem mangeln / der darnach verlanget / wie das zu der Zeit mit mehren gezeiget ward / indem wir / erwehnter massen / aus dem gantzen Evangelio betrachteten: Die von JEsu gesuchte Befriedigung unserer Seelen / und wie man der vielen unnöthigen Sorgen überhaben seyn könnte. Niemand aber gedachte damals mit mir / daß ich sobald wiederum / an dieser heiligen Stätte / in der Versammlung so vieler beunruhigten Seelen erscheinen / und dasjenige verrichten solte / welches ich wünschete überhaben zu seyn; doch es hat dem Höchsten so gefallen / und wir sind schuldig uns in seinem Willen zu beruhigen. Ich bin nemlich beruffen eine Leichen-Predigt zu halten / wem aber? Demjenigen / der da von GOTT Die Gelegenheit hiezu gab mir einmal das praeloquium: (Luc. 9, 56.) Des Menschen Sohn ist nicht kommen der Menschen Seelen zu verderben / sondern zu erhalten; So dann auch das alloquium Davids an seine Seele: Sey nun wieder zu frieden / meine Seele / denn der HErr thut dir guts (Psalm. 116, 7.) Da wir denn mit Stillschweigen nicht vorbeygiengen / wie dieser grosse König vor allen seine Seele anredet / und ihm / bey seiner schweren Regierung / derselben Befriedigung höchst angelegen seyn lässet. Seele! lautet es / sey zu frieden / oder kehre wieder zu deiner Ruhe. O wol! wenn grosse Herren vor andern Vergnügen ihrer Seelen Beruhigung suchen / wie freudig können sie alsdann in GOtt leben. Die Seele ist der zarteste Theil im Menschen / und gleich wie in ein weiches Wachs leichter etwas kan gedrucket werden / als in einen harten Stein; wie ein zartes Auge leichter kan verletzet werden / als ein ander Glied: Also empfindet die Seele alles am hefftigsten und kan am ersten beunruhiget werden. Wann GOtt sich verwandelt in einen Grausamen / (Job. 30, 21.) und viel sagen von unser Seele: Sie hat keine Hülffe bey GOtt; (Psalm. 3, 3.) so entstehet Unruhe und Bekümmerniß im Hertzen / worinn die Seele ohne die Tröstungen GOttes nicht kan ergetzet und zur Ruhe gestellet werden. (Psalm. 94, 19.) An solcher Seelen-Ruhe läst es GOtt keinem mangeln / der darnach verlanget / wie das zu der Zeit mit mehren gezeiget ward / indem wir / erwehnter massen / aus dem gantzen Evangelio betrachteten: Die von JEsu gesuchte Befriedigung unserer Seelen / und wie man der vielen unnöthigen Sorgen überhaben seyn könnte. Niemand aber gedachte damals mit mir / daß ich sobald wiederum / an dieser heiligen Stätte / in der Versam̃lung so vieler beunruhigten Seelen erscheinen / und dasjenige verrichten solte / welches ich wünschete überhaben zu seyn; doch es hat dem Höchsten so gefallen / und wir sind schuldig uns in seinem Willen zu beruhigen. Ich bin nemlich beruffen eine Leichen-Predigt zu halten / wem aber? Demjenigen / der da von GOTT <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0006"/> Die Gelegenheit hiezu gab mir einmal das praeloquium: (Luc. 9, 56.) Des Menschen Sohn ist nicht kommen der Menschen Seelen zu verderben / sondern zu erhalten; So dann auch das alloquium Davids an seine Seele: Sey nun wieder zu frieden / meine Seele / denn der HErr thut dir guts (Psalm. 116, 7.) Da wir denn mit Stillschweigen nicht vorbeygiengen / wie dieser grosse König vor allen seine Seele anredet / und ihm / bey seiner schweren Regierung / derselben Befriedigung höchst angelegen seyn lässet. Seele! lautet es / sey zu frieden / oder kehre wieder zu deiner Ruhe. O wol! wenn grosse Herren vor andern Vergnügen ihrer Seelen Beruhigung suchen / wie freudig können sie alsdann in GOtt leben. Die Seele ist der zarteste Theil im Menschen / und gleich wie in ein weiches Wachs leichter etwas kan gedrucket werden / als in einen harten Stein; wie ein zartes Auge leichter kan verletzet werden / als ein ander Glied: Also empfindet die Seele alles am hefftigsten und kan am ersten beunruhiget werden. Wann GOtt sich verwandelt in einen Grausamen / (Job. 30, 21.) und viel sagen von unser Seele: Sie hat keine Hülffe bey GOtt; (Psalm. 3, 3.) so entstehet Unruhe und Bekümmerniß im Hertzen / worinn die Seele ohne die Tröstungen GOttes nicht kan ergetzet und zur Ruhe gestellet werden. (Psalm. 94, 19.) An solcher Seelen-Ruhe läst es GOtt keinem mangeln / der darnach verlanget / wie das zu der Zeit mit mehren gezeiget ward / indem wir / erwehnter massen / aus dem gantzen Evangelio betrachteten: Die von JEsu gesuchte Befriedigung unserer Seelen / und wie man der vielen unnöthigen Sorgen überhaben seyn könnte. Niemand aber gedachte damals mit mir / daß ich sobald wiederum / an dieser heiligen Stätte / in der Versam̃lung so vieler beunruhigten Seelen erscheinen / und dasjenige verrichten solte / welches ich wünschete überhaben zu seyn; doch es hat dem Höchsten so gefallen / und wir sind schuldig uns in seinem Willen zu beruhigen. 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Die Gelegenheit hiezu gab mir einmal das praeloquium: (Luc. 9, 56.) Des Menschen Sohn ist nicht kommen der Menschen Seelen zu verderben / sondern zu erhalten; So dann auch das alloquium Davids an seine Seele: Sey nun wieder zu frieden / meine Seele / denn der HErr thut dir guts (Psalm. 116, 7.) Da wir denn mit Stillschweigen nicht vorbeygiengen / wie dieser grosse König vor allen seine Seele anredet / und ihm / bey seiner schweren Regierung / derselben Befriedigung höchst angelegen seyn lässet. Seele! lautet es / sey zu frieden / oder kehre wieder zu deiner Ruhe. O wol! wenn grosse Herren vor andern Vergnügen ihrer Seelen Beruhigung suchen / wie freudig können sie alsdann in GOtt leben. Die Seele ist der zarteste Theil im Menschen / und gleich wie in ein weiches Wachs leichter etwas kan gedrucket werden / als in einen harten Stein; wie ein zartes Auge leichter kan verletzet werden / als ein ander Glied: Also empfindet die Seele alles am hefftigsten und kan am ersten beunruhiget werden. Wann GOtt sich verwandelt in einen Grausamen / (Job. 30, 21.) und viel sagen von unser Seele: Sie hat keine Hülffe bey GOtt; (Psalm. 3, 3.) so entstehet Unruhe und Bekümmerniß im Hertzen / worinn die Seele ohne die Tröstungen GOttes nicht kan ergetzet und zur Ruhe gestellet werden. (Psalm. 94, 19.) An solcher Seelen-Ruhe läst es GOtt keinem mangeln / der darnach verlanget / wie das zu der Zeit mit mehren gezeiget ward / indem wir / erwehnter massen / aus dem gantzen Evangelio betrachteten: Die von JEsu gesuchte Befriedigung unserer Seelen / und wie man der vielen unnöthigen Sorgen überhaben seyn könnte. Niemand aber gedachte damals mit mir / daß ich sobald wiederum / an dieser heiligen Stätte / in der Versam̃lung so vieler beunruhigten Seelen erscheinen / und dasjenige verrichten solte / welches ich wünschete überhaben zu seyn; doch es hat dem Höchsten so gefallen / und wir sind schuldig uns in seinem Willen zu beruhigen. Ich bin nemlich beruffen eine Leichen-Predigt zu halten / wem aber? Demjenigen / der da von GOTT
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