Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724.

Bild:
<< vorherige Seite

von bewegungs-gründen.
chen, sich der neigungen des zuhörers zu be-
mächtigen, und seinen willen zu annehmung
und ausübung der fürgetragenen wahrheit,
ohne schwierigkeit zu disponiren.

§. 10. Der mensch hat drey bona absoluta
und dabey sonderlich drey bona respectiua, da
denn diese zwar aus ienen entstanden, aber
doch verstand und willen mehr occupiren als
iene, und also drey hauptneigungen zeugen
nemlich geldgeitz, ehrgeitz, wollust.a) Will
der redner nun auch seine sache dem auditori
angenehm machen, und ihn zur ausübung der
fürgetragenen wahrheit überreden, so muß er
hauptsächlich suchen zu zeigen, daß sein für-
trag, zu erhaltung derer neben- und schein-gü-
ter diene. Dannenhero sich hier dreyerley
gründe dem redner darbieten, welche mit et-
was schwanckenden concepten, die argumen-
ta ab utili, honesto, und iucundo,
genennet
werden.b)

a) S. Thomasii Ausübung der Sittenlehre.
Ridigeri Philos. pragm. oder Institutiones erudi-
tionis p. 606. sqq
insonderheit p. 706. sqq. allwo
er zugleich des G[r]acians maximen disponiret,
die man denn ebenfalls hiebey nachlesen mag-
Jch weiß wohl, daß mancher sich eingebildet,
er sey ein Hercules, wann er diesen dreyleibich-
ten Geryoni, einen kampf angeboten, allein
dieser regieret biß dato noch immer die bemü-
hungen der menschen, man mag von ihm glau-
ben was man will, und ihn durch einen tubum
cälestem oder terrestrem ansehen. Denen zu-
gefallen die ihn für eine chimäre halten, will ich
J

von bewegungs-gruͤnden.
chen, ſich der neigungen des zuhoͤrers zu be-
maͤchtigen, und ſeinen willen zu annehmung
und ausuͤbung der fuͤrgetragenen wahrheit,
ohne ſchwierigkeit zu diſponiren.

§. 10. Der menſch hat drey bona abſoluta
und dabey ſonderlich drey bona reſpectiua, da
denn dieſe zwar aus ienen entſtanden, aber
doch verſtand und willen mehr occupiren als
iene, und alſo drey hauptneigungen zeugen
nemlich geldgeitz, ehrgeitz, wolluſt.a) Will
der redner nun auch ſeine ſache dem auditori
angenehm machen, und ihn zur ausuͤbung der
fuͤrgetragenen wahrheit uͤberreden, ſo muß er
hauptſaͤchlich ſuchen zu zeigen, daß ſein fuͤr-
trag, zu erhaltung derer neben- und ſchein-guͤ-
ter diene. Dannenhero ſich hier dreyerley
gruͤnde dem redner darbieten, welche mit et-
was ſchwanckenden concepten, die argumen-
ta ab utili, honeſto, und iucundo,
genennet
werden.b)

a) S. Thomaſii Ausuͤbung der Sittenlehre.
Ridigeri Philoſ. pragm. oder Inſtitutiones erudi-
tionis p. 606. ſqq
inſonderheit p. 706. ſqq. allwo
er zugleich des G[r]acians maximen diſponiret,
die man denn ebenfalls hiebey nachleſen mag-
Jch weiß wohl, daß mancher ſich eingebildet,
er ſey ein Hercules, wann er dieſen dreyleibich-
ten Geryoni, einen kampf angeboten, allein
dieſer regieret biß dato noch immer die bemuͤ-
hungen der menſchen, man mag von ihm glau-
ben was man will, und ihn durch einen tubum
caͤleſtem oder terreſtrem anſehen. Denen zu-
gefallen die ihn fuͤr eine chimaͤre halten, will ich
J
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0147" n="129"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">von                                 bewegungs-gru&#x0364;nden.</hi></fw><lb/>
chen, &#x017F;ich der                         neigungen des zuho&#x0364;rers zu be-<lb/>
ma&#x0364;chtigen, und                         &#x017F;einen willen zu annehmung<lb/>
und ausu&#x0364;bung der                         fu&#x0364;rgetragenen wahrheit,<lb/>
ohne &#x017F;chwierigkeit zu                         di&#x017F;poniren.</p><lb/>
          <p>§. 10. Der men&#x017F;ch hat drey bona ab&#x017F;oluta<lb/>
und dabey                         &#x017F;onderlich drey bona re&#x017F;pectiua, da<lb/>
denn die&#x017F;e                         zwar aus ienen ent&#x017F;tanden, aber<lb/>
doch ver&#x017F;tand und willen                         mehr occupiren als<lb/>
iene, und al&#x017F;o drey hauptneigungen                         zeugen<lb/>
nemlich geldgeitz, ehrgeitz, wollu&#x017F;t.<note xml:id="notefn-a-40" next="#note-a-40" place="end" n="a)"/> Will<lb/>
der redner nun auch &#x017F;eine &#x017F;ache dem                         auditori<lb/>
angenehm machen, und ihn zur ausu&#x0364;bung der<lb/>
fu&#x0364;rgetragenen wahrheit u&#x0364;berreden, &#x017F;o muß er<lb/>
haupt&#x017F;a&#x0364;chlich &#x017F;uchen zu zeigen, daß &#x017F;ein                         fu&#x0364;r-<lb/>
trag, zu erhaltung derer neben- und                         &#x017F;chein-gu&#x0364;-<lb/>
ter diene. Dannenhero &#x017F;ich hier                         dreyerley<lb/>
gru&#x0364;nde dem redner darbieten, welche mit et-<lb/>
was                         &#x017F;chwanckenden concepten, die <hi rendition="#fr">argumen-<lb/>
ta ab                             utili, hone&#x017F;to, und iucundo,</hi> genennet<lb/>
werden.<note xml:id="notefn-b-27" next="#note-b-27" place="end" n="b)"/></p><lb/>
          <note xml:id="note-a-40" prev="#notefn-a-40" place="end" n="a)">S. <hi rendition="#fr">Thoma&#x017F;ii                                 Ausu&#x0364;bung der Sittenlehre.</hi><lb/><hi rendition="#aq">Ridigeri Philo&#x017F;. pragm.</hi> oder <hi rendition="#aq">In&#x017F;titutiones erudi-<lb/>
tionis p. 606.                                 &#x017F;qq</hi> in&#x017F;onderheit <hi rendition="#aq">p. 706.                                 &#x017F;qq.</hi> allwo<lb/>
er zugleich des                             G<supplied>r</supplied>acians maximen di&#x017F;poniret,<lb/>
die man                             denn ebenfalls hiebey nachle&#x017F;en mag-<lb/>
Jch weiß wohl, daß                             mancher &#x017F;ich eingebildet,<lb/>
er &#x017F;ey ein Hercules, wann                             er die&#x017F;en dreyleibich-<lb/>
ten Geryoni, einen kampf angeboten,                             allein<lb/>
die&#x017F;er regieret biß dato noch immer die                             bemu&#x0364;-<lb/>
hungen der men&#x017F;chen, man mag von ihm                             glau-<lb/>
ben was man will, und ihn durch einen tubum<lb/>
ca&#x0364;le&#x017F;tem oder terre&#x017F;trem an&#x017F;ehen. Denen                             zu-<lb/>
gefallen die ihn fu&#x0364;r eine chima&#x0364;re halten, will ich<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">J</fw><fw place="bottom" type="catch">hier</fw><lb/></note>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[129/0147] von bewegungs-gruͤnden. chen, ſich der neigungen des zuhoͤrers zu be- maͤchtigen, und ſeinen willen zu annehmung und ausuͤbung der fuͤrgetragenen wahrheit, ohne ſchwierigkeit zu diſponiren. §. 10. Der menſch hat drey bona abſoluta und dabey ſonderlich drey bona reſpectiua, da denn dieſe zwar aus ienen entſtanden, aber doch verſtand und willen mehr occupiren als iene, und alſo drey hauptneigungen zeugen nemlich geldgeitz, ehrgeitz, wolluſt. a⁾ Will der redner nun auch ſeine ſache dem auditori angenehm machen, und ihn zur ausuͤbung der fuͤrgetragenen wahrheit uͤberreden, ſo muß er hauptſaͤchlich ſuchen zu zeigen, daß ſein fuͤr- trag, zu erhaltung derer neben- und ſchein-guͤ- ter diene. Dannenhero ſich hier dreyerley gruͤnde dem redner darbieten, welche mit et- was ſchwanckenden concepten, die argumen- ta ab utili, honeſto, und iucundo, genennet werden. b⁾ a⁾ S. Thomaſii Ausuͤbung der Sittenlehre. Ridigeri Philoſ. pragm. oder Inſtitutiones erudi- tionis p. 606. ſqq inſonderheit p. 706. ſqq. allwo er zugleich des Gracians maximen diſponiret, die man denn ebenfalls hiebey nachleſen mag- Jch weiß wohl, daß mancher ſich eingebildet, er ſey ein Hercules, wann er dieſen dreyleibich- ten Geryoni, einen kampf angeboten, allein dieſer regieret biß dato noch immer die bemuͤ- hungen der menſchen, man mag von ihm glau- ben was man will, und ihn durch einen tubum caͤleſtem oder terreſtrem anſehen. Denen zu- gefallen die ihn fuͤr eine chimaͤre halten, will ich hier J

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fabricius_oratorie_1724
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fabricius_oratorie_1724/147
Zitationshilfe: Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fabricius_oratorie_1724/147>, abgerufen am 30.11.2024.