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Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724.

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von bewegungs-gründen.
alles aber, was sich zu dem affect nicht schickt,
verschweiget, oder ihm eine andere farbe giebt,
so kan es nicht anders seyn, man muß den af-
fect nette und lebhaft fürstellen können.

Conf. Morhoffii Polyh. l. III. VIIII. 16. sqq. 32. sqq. allw[o]
er auctores, die von denen caracteribus der
affecten geschrieben, anführet. Die Poeten
und Mahler sind in der fürstellung der affecten
meister, daher Laurentius le Brün in seinen
Locis communibus eloquentiae poeticae lib. VII-
und Carl le Brün in seinem Differens caracteres
des passions:
beyden zu dienen bemühet gewesen.
Vielleicht findet man unter denen, die Hl. Stol-
le in der hist. der gelahrh.
III. IIII. p. 135. sqq.
beybringet, auch welche, die hiezu anleitung
geben. Das beste buch ist hier der lebendige
mensch, und die besten regeln und exempel las-
sen sich eher mündlich geben und in der that
practiciren, als in todten buchstaben auf dem
papier entwerffen. Was die figuren anbe-
trift, deren ich hier erwehnung thue, so hat
Lami dans l' art de parler, am besten davon
worte gemacht, unten werde ich etwas davon
gedencken, wo ich von der expreßion des affects
in worten handele.

§. 17. Den affect bey einem zuhörer zu un-
terdrücken, kommt es darauf an, daß man das
obiectum, darauf er gerichtet und gegründet,
unvermerckt mit andern gründen, in dem ge-
müthe des zuhörers fürstelle, anfänglich ihn
nur etwan zweiffelhaft und argwöhnisch
mache, hernach seine aufmercksamkeit immer
mehr auf die schlimme seite des affects führe
und hingegen bey der betrachtung der guten

sei-
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von bewegungs-gruͤnden.
alles aber, was ſich zu dem affect nicht ſchickt,
verſchweiget, oder ihm eine andere farbe giebt,
ſo kan es nicht anders ſeyn, man muß den af-
fect nette und lebhaft fuͤrſtellen koͤnnen.

Conf. Morhoffii Polyh. l. III. VIIII. 16. ſqq. 32. ſqq. allw[o]
er auctores, die von denen caracteribus der
affecten geſchrieben, anfuͤhret. Die Poeten
und Mahler ſind in der fuͤrſtellung der affecten
meiſter, daher Laurentius le Bruͤn in ſeinen
Locis communibus eloquentiae poëticae lib. VII-
und Carl le Bruͤn in ſeinem Differens caracteres
des paſſions:
beyden zu dienen bemuͤhet geweſen.
Vielleicht findet man unter denen, die Hl. Stol-
le in der hiſt. der gelahrh.
III. IIII. p. 135. ſqq.
beybringet, auch welche, die hiezu anleitung
geben. Das beſte buch iſt hier der lebendige
menſch, und die beſten regeln und exempel laſ-
ſen ſich eher muͤndlich geben und in der that
practiciren, als in todten buchſtaben auf dem
papier entwerffen. Was die figuren anbe-
trift, deren ich hier erwehnung thue, ſo hat
Lami dans l’ art de parler, am beſten davon
worte gemacht, unten werde ich etwas davon
gedencken, wo ich von der expreßion des affects
in worten handele.

§. 17. Den affect bey einem zuhoͤrer zu un-
terdruͤcken, kommt es darauf an, daß man das
obiectum, darauf er gerichtet und gegruͤndet,
unvermerckt mit andern gruͤnden, in dem ge-
muͤthe des zuhoͤrers fuͤrſtelle, anfaͤnglich ihn
nur etwan zweiffelhaft und argwoͤhniſch
mache, hernach ſeine aufmerckſamkeit immer
mehr auf die ſchlimme ſeite des affects fuͤhre
und hingegen bey der betrachtung der guten

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[135/0153] von bewegungs-gruͤnden. alles aber, was ſich zu dem affect nicht ſchickt, verſchweiget, oder ihm eine andere farbe giebt, ſo kan es nicht anders ſeyn, man muß den af- fect nette und lebhaft fuͤrſtellen koͤnnen. Conf. Morhoffii Polyh. l. III. VIIII. 16. ſqq. 32. ſqq. allwo er auctores, die von denen caracteribus der affecten geſchrieben, anfuͤhret. Die Poeten und Mahler ſind in der fuͤrſtellung der affecten meiſter, daher Laurentius le Bruͤn in ſeinen Locis communibus eloquentiae poëticae lib. VII- und Carl le Bruͤn in ſeinem Differens caracteres des paſſions: beyden zu dienen bemuͤhet geweſen. Vielleicht findet man unter denen, die Hl. Stol- le in der hiſt. der gelahrh. III. IIII. p. 135. ſqq. beybringet, auch welche, die hiezu anleitung geben. Das beſte buch iſt hier der lebendige menſch, und die beſten regeln und exempel laſ- ſen ſich eher muͤndlich geben und in der that practiciren, als in todten buchſtaben auf dem papier entwerffen. Was die figuren anbe- trift, deren ich hier erwehnung thue, ſo hat Lami dans l’ art de parler, am beſten davon worte gemacht, unten werde ich etwas davon gedencken, wo ich von der expreßion des affects in worten handele. §. 17. Den affect bey einem zuhoͤrer zu un- terdruͤcken, kommt es darauf an, daß man das obiectum, darauf er gerichtet und gegruͤndet, unvermerckt mit andern gruͤnden, in dem ge- muͤthe des zuhoͤrers fuͤrſtelle, anfaͤnglich ihn nur etwan zweiffelhaft und argwoͤhniſch mache, hernach ſeine aufmerckſamkeit immer mehr auf die ſchlimme ſeite des affects fuͤhre und hingegen bey der betrachtung der guten ſei- J 4

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Zitationshilfe: Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724, S. 135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fabricius_oratorie_1724/153>, abgerufen am 29.11.2024.