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Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724.

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der gedancken.
a) Dieser macht die declinationes, coniugationes,
genera, constructiones, syntaxin, etc. und ist so
mächtig, daß auch Käyser Sigismundus sich
drüber verwunderte, da er ohngefähr schismam
an statt schisma: gesprochen, und mit seiner
Käyserl. auctorität nicht wieder denselben schü-
tzen konte.
b) Z. e. ein pferd, ein hund, die sonne, roth,
schwartz, lang, schlagen, werffen, etc.
sind lau-
ter sensuelle sachen, diese hat der universelle ge-
brauch unter seiner disposition. Eben derselbe
nimt auch zuweilen wörter aus andern sprachen,
und giebt ihnen in einer fremden das bürger-
recht.
c) Daher sagt Morhoff im unterricht von der
Teutschen sprache, cap. 4. wer die stamm-
wörter finden wolle, müsse sie nicht in den
städten und bey hofe, sondern auf den dör-
fern unter den bauren suchen.
Jch setze noch
hinzu, daß man sie nicht allemahl mit gnugsamen
grund in andern sprachen suche.
d) Z. e. Wer in der gantzen Teutschen nation hört
die sonne oder plat-Teutsch nur mit etwas ge-
schlossenem munde ausgesprochen, de oder dey
sunne nennen, der denckt gleich an das grosse
licht, welches den tag erleuchtet. Und wann
nun schon der Chymicus das gold und ein ver-
liebter seine amasia darmit beleget, so hat doch
der universelle gebrauch eigentlich die idee der
sonne daran gebunden. Also verändert der ge-
drauch manchmahl wörter in anschung ihrer be-
deutung, Z. e. schalck hieß vorzeiten ein treuer
diener, daher marschalck; schuft kam in der be-
deutung mit dem Hebräischen Schophet überein;
schelm war ein ehren- und geschlechts-nahme.
S. Zieglers Heldenliebe der schrifft die vor-
rede. Mayd
hieß eine iungfer, hofieren hieß ei-
der gedancken.
a) Dieſer macht die declinationes, coniugationes,
genera, conſtructiones, ſyntaxin, ꝛc. und iſt ſo
maͤchtig, daß auch Kaͤyſer Sigismundus ſich
druͤber verwunderte, da er ohngefaͤhr ſchiſmam
an ſtatt ſchiſma: geſprochen, und mit ſeiner
Kaͤyſerl. auctoritaͤt nicht wieder denſelben ſchuͤ-
tzen konte.
b) Z. e. ein pferd, ein hund, die ſonne, roth,
ſchwartz, lang, ſchlagen, werffen, ꝛc.
ſind lau-
ter ſenſuelle ſachen, dieſe hat der univerſelle ge-
brauch unter ſeiner diſpoſition. Eben derſelbe
nimt auch zuweilen woͤrter aus andern ſprachen,
und giebt ihnen in einer fremden das buͤrger-
recht.
c) Daher ſagt Morhoff im unterricht von der
Teutſchen ſprache, cap. 4. wer die ſtamm-
woͤrter finden wolle, muͤſſe ſie nicht in den
ſtaͤdten und bey hofe, ſondern auf den doͤr-
fern unter den bauren ſuchen.
Jch ſetze noch
hinzu, daß man ſie nicht allemahl mit gnugſamen
grund in andern ſprachen ſuche.
d) Z. e. Wer in der gantzen Teutſchen nation hoͤrt
die ſonne oder plat-Teutſch nur mit etwas ge-
ſchloſſenem munde ausgeſprochen, de oder dey
ſunne nennen, der denckt gleich an das groſſe
licht, welches den tag erleuchtet. Und wann
nun ſchon der Chymicus das gold und ein ver-
liebter ſeine amaſia darmit beleget, ſo hat doch
der univerſelle gebrauch eigentlich die idee der
ſonne daran gebunden. Alſo veraͤndert der ge-
drauch manchmahl woͤrter in anſchung ihrer be-
deutung, Z. e. ſchalck hieß vorzeiten ein treuer
diener, daher marſchalck; ſchuft kam in der be-
deutung mit dem Hebraͤiſchen Schophet uͤberein;
ſchelm war ein ehren- und geſchlechts-nahme.
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hieß eine iungfer, hofieren hieß ei-
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[173/0191] der gedancken. a⁾ Dieſer macht die declinationes, coniugationes, genera, conſtructiones, ſyntaxin, ꝛc. und iſt ſo maͤchtig, daß auch Kaͤyſer Sigismundus ſich druͤber verwunderte, da er ohngefaͤhr ſchiſmam an ſtatt ſchiſma: geſprochen, und mit ſeiner Kaͤyſerl. auctoritaͤt nicht wieder denſelben ſchuͤ- tzen konte. b⁾ Z. e. ein pferd, ein hund, die ſonne, roth, ſchwartz, lang, ſchlagen, werffen, ꝛc. ſind lau- ter ſenſuelle ſachen, dieſe hat der univerſelle ge- brauch unter ſeiner diſpoſition. Eben derſelbe nimt auch zuweilen woͤrter aus andern ſprachen, und giebt ihnen in einer fremden das buͤrger- recht. c⁾ Daher ſagt Morhoff im unterricht von der Teutſchen ſprache, cap. 4. wer die ſtamm- woͤrter finden wolle, muͤſſe ſie nicht in den ſtaͤdten und bey hofe, ſondern auf den doͤr- fern unter den bauren ſuchen. Jch ſetze noch hinzu, daß man ſie nicht allemahl mit gnugſamen grund in andern ſprachen ſuche. d⁾ Z. e. Wer in der gantzen Teutſchen nation hoͤrt die ſonne oder plat-Teutſch nur mit etwas ge- ſchloſſenem munde ausgeſprochen, de oder dey ſunne nennen, der denckt gleich an das groſſe licht, welches den tag erleuchtet. Und wann nun ſchon der Chymicus das gold und ein ver- liebter ſeine amaſia darmit beleget, ſo hat doch der univerſelle gebrauch eigentlich die idee der ſonne daran gebunden. Alſo veraͤndert der ge- drauch manchmahl woͤrter in anſchung ihrer be- deutung, Z. e. ſchalck hieß vorzeiten ein treuer diener, daher marſchalck; ſchuft kam in der be- deutung mit dem Hebraͤiſchen Schophet uͤberein; ſchelm war ein ehren- und geſchlechts-nahme. S. Zieglers Heldenliebe der ſchrifft die vor- rede. Mayd hieß eine iungfer, hofieren hieß ei- nem

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Zitationshilfe: Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724, S. 173. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fabricius_oratorie_1724/191>, abgerufen am 26.11.2024.