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Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724.

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von dem ausdruck
che selbst ist durch dergleichen Scholastische wör-
ter ziemlich ungestalt worden, wann man etwas
gelehrtes fürtragen soll. Daher entsteht der so
genannte Philosophische ausdruck, i. e. der aus-
druck, dessen sich die docirenden bedienen. Von
dem gelehrten gebrauch überhaupt, s. Cleric. ar-
tem critic. Part. II. &. III.
Von dem gelehrten
gebrauch in der Lateinischen sprache s. Hede-
richs Philologische wissensch. von der
Lexica
und Phrasiologia Latina ingleichen was Mor-
Hoff
und Stolle l. c. für auctores allegiren.
Thomasii Cautelen cap. VII. Daraus man
leicht die application aufs Teutsche machen
kan.
b) Weil nicht alle köche sind, die lange messer tra-
gen, und nicht alles gelehrte, die den nahmen
führen, oder die Lateinisch können, und es doch
hier auf gelehrte ankommt, so muß ich melden,
daß ich unter gelehrte dieienigen verstehe, welche
eine iudiciöse, gründliche, scharfsinnnige, erkänt-
niß der abstracten dinge haben, und solche zum
nutzen des menschlichen geschlechts anwenden.
Z. e. Das wort Philosophie hat Pythagoras
erfunden, bedeutet damit die liebe zur weißheit,
heut zu tage heist es die einleitung zur gelehrsam-
keit, die universelle gelehrsamkeit, dadurch man
seinen verstand und willen zu erkennen zu bessern
und zu denen höhern Facultäten und besondern
disciplinen anzuführen lernet. Mir deucht, daß
alle gelehrte in dieser bedeutung einstimmig sind,
die andern grütz-köpfe nehmen Philosophie bald
für eine kunst zu disputiren, oder grillen zu fan-
gen, oder die creutz und die quere zu raisonniren,
u. s. f.
c) Abstracte dinge sind, die nicht iedermann in
die sinne fallen, sondern dabey man sein iudici-
um gebrauchen und nachdencken muß. Z. e. ge-
lehrsamkeit, weißheit, billichkeit etc.


d)
von dem ausdruck
che ſelbſt iſt durch dergleichen Scholaſtiſche woͤr-
ter ziemlich ungeſtalt worden, wann man etwas
gelehrtes fuͤrtragen ſoll. Daher entſteht der ſo
genannte Philoſophiſche ausdruck, i. e. der aus-
druck, deſſen ſich die docirenden bedienen. Von
dem gelehrten gebrauch uͤberhaupt, ſ. Cleric. ar-
tem critic. Part. II. &. III.
Von dem gelehrten
gebrauch in der Lateiniſchen ſprache ſ. Hede-
richs Philologiſche wiſſenſch. von der
Lexica
und Phraſiologia Latina ingleichen was Mor-
Hoff
und Stolle l. c. fuͤr auctores allegiren.
Thomaſii Cautelen cap. VII. Daraus man
leicht die application aufs Teutſche machen
kan.
b) Weil nicht alle koͤche ſind, die lange meſſer tra-
gen, und nicht alles gelehrte, die den nahmen
fuͤhren, oder die Lateiniſch koͤnnen, und es doch
hier auf gelehrte ankommt, ſo muß ich melden,
daß ich unter gelehrte dieienigen verſtehe, welche
eine iudicioͤſe, gruͤndliche, ſcharfſinnnige, erkaͤnt-
niß der abſtracten dinge haben, und ſolche zum
nutzen des menſchlichen geſchlechts anwenden.
Z. e. Das wort Philoſophie hat Pythagoras
erfunden, bedeutet damit die liebe zur weißheit,
heut zu tage heiſt es die einleitung zur gelehrſam-
keit, die univerſelle gelehrſamkeit, dadurch man
ſeinen verſtand und willen zu erkennen zu beſſern
und zu denen hoͤhern Facultaͤten und beſondern
diſciplinen anzufuͤhren lernet. Mir deucht, daß
alle gelehrte in dieſer bedeutung einſtimmig ſind,
die andern gruͤtz-koͤpfe nehmen Philoſophie bald
fuͤr eine kunſt zu diſputiren, oder grillen zu fan-
gen, oder die creutz und die quere zu raiſonniren,
u. ſ. f.
c) Abſtracte dinge ſind, die nicht iedermann in
die ſinne fallen, ſondern dabey man ſein iudici-
um gebrauchen und nachdencken muß. Z. e. ge-
lehrſamkeit, weißheit, billichkeit ꝛc.


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[176/0194] von dem ausdruck a⁾ che ſelbſt iſt durch dergleichen Scholaſtiſche woͤr- ter ziemlich ungeſtalt worden, wann man etwas gelehrtes fuͤrtragen ſoll. Daher entſteht der ſo genannte Philoſophiſche ausdruck, i. e. der aus- druck, deſſen ſich die docirenden bedienen. Von dem gelehrten gebrauch uͤberhaupt, ſ. Cleric. ar- tem critic. Part. II. &. III. Von dem gelehrten gebrauch in der Lateiniſchen ſprache ſ. Hede- richs Philologiſche wiſſenſch. von der Lexica und Phraſiologia Latina ingleichen was Mor- Hoff und Stolle l. c. fuͤr auctores allegiren. Thomaſii Cautelen cap. VII. Daraus man leicht die application aufs Teutſche machen kan. b⁾ Weil nicht alle koͤche ſind, die lange meſſer tra- gen, und nicht alles gelehrte, die den nahmen fuͤhren, oder die Lateiniſch koͤnnen, und es doch hier auf gelehrte ankommt, ſo muß ich melden, daß ich unter gelehrte dieienigen verſtehe, welche eine iudicioͤſe, gruͤndliche, ſcharfſinnnige, erkaͤnt- niß der abſtracten dinge haben, und ſolche zum nutzen des menſchlichen geſchlechts anwenden. Z. e. Das wort Philoſophie hat Pythagoras erfunden, bedeutet damit die liebe zur weißheit, heut zu tage heiſt es die einleitung zur gelehrſam- keit, die univerſelle gelehrſamkeit, dadurch man ſeinen verſtand und willen zu erkennen zu beſſern und zu denen hoͤhern Facultaͤten und beſondern diſciplinen anzufuͤhren lernet. Mir deucht, daß alle gelehrte in dieſer bedeutung einſtimmig ſind, die andern gruͤtz-koͤpfe nehmen Philoſophie bald fuͤr eine kunſt zu diſputiren, oder grillen zu fan- gen, oder die creutz und die quere zu raiſonniren, u. ſ. f. c⁾ Abſtracte dinge ſind, die nicht iedermann in die ſinne fallen, ſondern dabey man ſein iudici- um gebrauchen und nachdencken muß. Z. e. ge- lehrſamkeit, weißheit, billichkeit ꝛc. d)

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Zitationshilfe: Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fabricius_oratorie_1724/194>, abgerufen am 25.11.2024.