Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724.des stili insonderheit erspeynden drachen, bald wie ein in der ebenefliessendes wasser, bald wie eine an die wolcken steigende flamme fürstellet. Ein solcher hält dasjenige für eitel, worinnen der Mammons diener sein leben suchet, und liebet das, was jener als leere winde verlachet. Seines wun- sches theilhaftig zu werden, spahret er keine ehr- bezeugungen, er will ein unterthänigster diener von allen seyn. Wirft ihm endlich das glück eine ehren-decke um, so meinet er, es sey ihm damit zugleich alle darzu gehörige geschicklich- keit mitgetheilet, da werden die vorher gar zu höflichen minen ietzo mit einem angemasten an- sehen so sehr vermindert, daß sie kaum ein schat- ten der vorigen zu nennen. Alle verrichtungen werden mit sonderbahrer stellung des leibes an- gefangen und auch auf der gasse werden die füsse gezwungen, alle auf den tantz-boden er- lernete artigkeiten öffentlich zu zeigen Wo- mit er augenscheinlich zu verstehen giebt, daß die erhaltene ehre zu groß für seiner engbrüsti- gen seele sey. Er ist selber nicht vermögend seinen hochmuth von einem hause zum andern zu tra- gen, deßwegen bedienet er sich der gutsche und pferde. Ein ander will mit gewalt alle ehre zu verachten scheinen. Allein Diogenes mag noch so sehr Platonis kleider mit füssen treten, iedermann glaubt daß ers mit grössern hoch- muth thue, und daß auch unter seinen schmutzi- gen rocke eine aufgeblasene Seele wohne. Func- cius verwechselt zu seinen unglück, den seiner mei-
des ſtili inſonderheit erſpeynden drachen, bald wie ein in der ebeneflieſſendes waſſer, bald wie eine an die wolcken ſteigende flamme fuͤrſtellet. Ein ſolcher haͤlt dasjenige fuͤr eitel, worinnen der Mammons diener ſein leben ſuchet, und liebet das, was jener als leere winde verlachet. Seines wun- ſches theilhaftig zu werden, ſpahret er keine ehr- bezeugungen, er will ein unterthaͤnigſter diener von allen ſeyn. Wirft ihm endlich das gluͤck eine ehren-decke um, ſo meinet er, es ſey ihm damit zugleich alle darzu gehoͤrige geſchicklich- keit mitgetheilet, da werden die vorher gar zu hoͤflichen minen ietzo mit einem angemaſten an- ſehen ſo ſehr vermindert, daß ſie kaum ein ſchat- ten der vorigen zu nennen. Alle verrichtungen werden mit ſonderbahrer ſtellung des leibes an- gefangen und auch auf der gaſſe werden die fuͤſſe gezwungen, alle auf den tantz-boden er- lernete artigkeiten oͤffentlich zu zeigen Wo- mit er augenſcheinlich zu verſtehen giebt, daß die erhaltene ehre zu groß fuͤr ſeiner engbruͤſti- gen ſeele ſey. Er iſt ſelber nicht vermoͤgend ſeinen hochmuth von einem hauſe zum andern zu tra- gen, deßwegen bedienet er ſich der gutſche und pferde. Ein ander will mit gewalt alle ehre zu verachten ſcheinen. Allein Diogenes mag noch ſo ſehr Platonis kleider mit fuͤſſen treten, iedermann glaubt daß ers mit groͤſſern hoch- muth thue, und daß auch unter ſeinen ſchmutzi- gen rocke eine aufgeblaſene Seele wohne. Func- cius verwechſelt zu ſeinen ungluͤck, den ſeiner mei-
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0289" n="271"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">des ſtili inſonderheit</hi></fw><lb/> erſpeynden drachen, bald wie ein in der ebene<lb/> flieſſendes waſſer, bald wie eine an die wolcken<lb/> ſteigende flamme fuͤrſtellet. Ein ſolcher haͤlt<lb/> dasjenige fuͤr eitel, worinnen der <hi rendition="#fr">Mammons</hi><lb/> diener ſein leben ſuchet, und liebet das, was<lb/> jener als leere winde verlachet. Seines wun-<lb/> ſches theilhaftig zu werden, ſpahret er keine ehr-<lb/> bezeugungen, er will ein unterthaͤnigſter diener<lb/> von allen ſeyn. Wirft ihm endlich das gluͤck<lb/> eine ehren-decke um, ſo meinet er, es ſey ihm<lb/> damit zugleich alle darzu gehoͤrige geſchicklich-<lb/> keit mitgetheilet, da werden die vorher gar zu<lb/> hoͤflichen minen ietzo mit einem angemaſten an-<lb/> ſehen ſo ſehr vermindert, daß ſie kaum ein ſchat-<lb/> ten der vorigen zu nennen. Alle verrichtungen<lb/> werden mit ſonderbahrer ſtellung des leibes an-<lb/> gefangen und auch auf der gaſſe werden die<lb/> fuͤſſe gezwungen, alle auf den tantz-boden er-<lb/> lernete artigkeiten oͤffentlich zu zeigen Wo-<lb/> mit er augenſcheinlich zu verſtehen giebt, daß<lb/> die erhaltene ehre zu groß fuͤr ſeiner engbruͤſti-<lb/> gen ſeele ſey. Er iſt ſelber nicht vermoͤgend ſeinen<lb/> hochmuth von einem hauſe zum andern zu tra-<lb/> gen, deßwegen bedienet er ſich der gutſche und<lb/> pferde. Ein ander will mit gewalt alle ehre<lb/> zu verachten ſcheinen. Allein <hi rendition="#fr">Diogenes</hi> mag<lb/> noch ſo ſehr <hi rendition="#fr">Platonis</hi> kleider mit fuͤſſen treten,<lb/> iedermann glaubt daß ers mit groͤſſern hoch-<lb/> muth thue, und daß auch unter ſeinen ſchmutzi-<lb/> gen rocke eine aufgeblaſene Seele wohne. <hi rendition="#fr">Func-<lb/> cius</hi> verwechſelt zu ſeinen ungluͤck, den ſeiner<lb/> <fw place="bottom" type="catch">mei-</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [271/0289]
des ſtili inſonderheit
erſpeynden drachen, bald wie ein in der ebene
flieſſendes waſſer, bald wie eine an die wolcken
ſteigende flamme fuͤrſtellet. Ein ſolcher haͤlt
dasjenige fuͤr eitel, worinnen der Mammons
diener ſein leben ſuchet, und liebet das, was
jener als leere winde verlachet. Seines wun-
ſches theilhaftig zu werden, ſpahret er keine ehr-
bezeugungen, er will ein unterthaͤnigſter diener
von allen ſeyn. Wirft ihm endlich das gluͤck
eine ehren-decke um, ſo meinet er, es ſey ihm
damit zugleich alle darzu gehoͤrige geſchicklich-
keit mitgetheilet, da werden die vorher gar zu
hoͤflichen minen ietzo mit einem angemaſten an-
ſehen ſo ſehr vermindert, daß ſie kaum ein ſchat-
ten der vorigen zu nennen. Alle verrichtungen
werden mit ſonderbahrer ſtellung des leibes an-
gefangen und auch auf der gaſſe werden die
fuͤſſe gezwungen, alle auf den tantz-boden er-
lernete artigkeiten oͤffentlich zu zeigen Wo-
mit er augenſcheinlich zu verſtehen giebt, daß
die erhaltene ehre zu groß fuͤr ſeiner engbruͤſti-
gen ſeele ſey. Er iſt ſelber nicht vermoͤgend ſeinen
hochmuth von einem hauſe zum andern zu tra-
gen, deßwegen bedienet er ſich der gutſche und
pferde. Ein ander will mit gewalt alle ehre
zu verachten ſcheinen. Allein Diogenes mag
noch ſo ſehr Platonis kleider mit fuͤſſen treten,
iedermann glaubt daß ers mit groͤſſern hoch-
muth thue, und daß auch unter ſeinen ſchmutzi-
gen rocke eine aufgeblaſene Seele wohne. Func-
cius verwechſelt zu ſeinen ungluͤck, den ſeiner
mei-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |