Falke, Jakob von: Die deutsche Trachten- und Modenwelt. Ein Beitrag zur deutschen Culturgeschichte. Bd. 1. Leipzig, 1858.II. Das Mittelalter. Rauchwerk spielt der Kürsch bekanntlich eine wichtige Rolle in derHeraldik. Im Wigamur trägt eine schöne Jungfrau ein mit lichtem Veh unterfüttertes Corsett von rothem Scharlach über dem Rock von gleichem Stoff. Helmbrecht, der Bauersohn, der uns noch öfter gute Dienste leisten wird, zieht bei seinem Räu- berleben den Frauen vom Leibe Pfeit (d. i. Hemd), den Rock, ihr Kürsen und ihren Mantel. Die im Mittelalter so beliebte Erzählung vom Ritt der schö- Mit dem untern und dem obern Kleid steht zunächst der II. Das Mittelalter. Rauchwerk ſpielt der Kürſch bekanntlich eine wichtige Rolle in derHeraldik. Im Wigamur trägt eine ſchöne Jungfrau ein mit lichtem Veh unterfüttertes Corſett von rothem Scharlach über dem Rock von gleichem Stoff. Helmbrecht, der Bauerſohn, der uns noch öfter gute Dienſte leiſten wird, zieht bei ſeinem Räu- berleben den Frauen vom Leibe Pfeit (d. i. Hemd), den Rock, ihr Kürſen und ihren Mantel. Die im Mittelalter ſo beliebte Erzählung vom Ritt der ſchö- Mit dem untern und dem obern Kleid ſteht zunächſt der <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0130" n="112"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">II.</hi> Das Mittelalter.</fw><lb/> Rauchwerk ſpielt der Kürſch bekanntlich eine wichtige Rolle in der<lb/> Heraldik. Im Wigamur trägt eine ſchöne Jungfrau ein mit<lb/> lichtem Veh unterfüttertes Corſett von rothem Scharlach über<lb/> dem Rock von gleichem Stoff. Helmbrecht, der Bauerſohn, der<lb/> uns noch öfter gute Dienſte leiſten wird, zieht bei ſeinem Räu-<lb/> berleben den Frauen vom Leibe Pfeit (d. i. Hemd), den Rock,<lb/> ihr Kürſen und ihren Mantel.</p><lb/> <p>Die im Mittelalter ſo beliebte Erzählung vom Ritt der ſchö-<lb/> nen Phyllis, der Geliebten Alexanders, auf dem Rücken des<lb/> weiſen Ariſtoteles, ebenfalls in den Geſammtabenteuern mitge-<lb/> theilt, macht uns noch mit einem andern Oberkleid bekannt, wel-<lb/> ches an dieſer Stelle <hi rendition="#g">Schwanz</hi> und <hi rendition="#g">Schwänzelein</hi> genannt<lb/> wird. Die Schöne hat ihre Gründe, nur dieſes allein anzulegen.<lb/> Es iſt von Seide und mit weißem Hermelin gefüttert. Sie trägt<lb/> es ganz wie ſonſt eine edle Dame das Oberkleid, indem ſie es an<lb/> der linken Seite mit dem Arm in die Höhe nimmt „bis über ihre<lb/> Kniee,“ welche entblößt wurden, weil ſie wider die Ordnung kein<lb/> Unterkleid angelegt hatte. In den durch das Aufnehmen entſtan-<lb/> denen Bauſch warf ſie Blumen, die ſie im Gehen pflückte. —</p><lb/> <p>Mit dem untern und dem obern Kleid ſteht zunächſt der<lb/><hi rendition="#g">Gürtel</hi> in Verbindung. Bei der zunehmenden Enge der Klei-<lb/> dung, die ſich namentlich über den Hüften den Formen an-<lb/> ſchmiegte, wurde der Gürtel ziemlich überflüſſig. Auf eine über-<lb/> mäßig enge Taille hatten es die Damen dieſer Periode nicht ab-<lb/> geſehen; es ſollte nur die Schlankheit der ganzen Figur, die<lb/> Schönheit des Wuchſes gezeigt und gehoben werden. Es darf<lb/> daher nicht auffallen, wenn wir auf den keineswegs dürftigen<lb/> bildlichen Quellen dieſer Periode die Damen nur ſelten mit einem<lb/> Gürtel angethan finden. Auf den Bildern der Herrad von Lands-<lb/> berg trägt ihn keine Dame. Die Bilder der Heidelberger Hand-<lb/> ſchrift des Sachſenſpiegels, welche überhaupt norddeutſche, vom<lb/> höfiſchen Leben wenig influirte Zuſtände zu erkennen geben, laſ-<lb/> ſen ihn mehr vermuthen als erkennen. Die Weingarter Bilder-<lb/> handſchrift der Minneſinger zeigt ihn bei Frauen gar nicht und<lb/> die Maneſſiſche ſehr ſelten. Und doch mußte er damals getragen<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [112/0130]
II. Das Mittelalter.
Rauchwerk ſpielt der Kürſch bekanntlich eine wichtige Rolle in der
Heraldik. Im Wigamur trägt eine ſchöne Jungfrau ein mit
lichtem Veh unterfüttertes Corſett von rothem Scharlach über
dem Rock von gleichem Stoff. Helmbrecht, der Bauerſohn, der
uns noch öfter gute Dienſte leiſten wird, zieht bei ſeinem Räu-
berleben den Frauen vom Leibe Pfeit (d. i. Hemd), den Rock,
ihr Kürſen und ihren Mantel.
Die im Mittelalter ſo beliebte Erzählung vom Ritt der ſchö-
nen Phyllis, der Geliebten Alexanders, auf dem Rücken des
weiſen Ariſtoteles, ebenfalls in den Geſammtabenteuern mitge-
theilt, macht uns noch mit einem andern Oberkleid bekannt, wel-
ches an dieſer Stelle Schwanz und Schwänzelein genannt
wird. Die Schöne hat ihre Gründe, nur dieſes allein anzulegen.
Es iſt von Seide und mit weißem Hermelin gefüttert. Sie trägt
es ganz wie ſonſt eine edle Dame das Oberkleid, indem ſie es an
der linken Seite mit dem Arm in die Höhe nimmt „bis über ihre
Kniee,“ welche entblößt wurden, weil ſie wider die Ordnung kein
Unterkleid angelegt hatte. In den durch das Aufnehmen entſtan-
denen Bauſch warf ſie Blumen, die ſie im Gehen pflückte. —
Mit dem untern und dem obern Kleid ſteht zunächſt der
Gürtel in Verbindung. Bei der zunehmenden Enge der Klei-
dung, die ſich namentlich über den Hüften den Formen an-
ſchmiegte, wurde der Gürtel ziemlich überflüſſig. Auf eine über-
mäßig enge Taille hatten es die Damen dieſer Periode nicht ab-
geſehen; es ſollte nur die Schlankheit der ganzen Figur, die
Schönheit des Wuchſes gezeigt und gehoben werden. Es darf
daher nicht auffallen, wenn wir auf den keineswegs dürftigen
bildlichen Quellen dieſer Periode die Damen nur ſelten mit einem
Gürtel angethan finden. Auf den Bildern der Herrad von Lands-
berg trägt ihn keine Dame. Die Bilder der Heidelberger Hand-
ſchrift des Sachſenſpiegels, welche überhaupt norddeutſche, vom
höfiſchen Leben wenig influirte Zuſtände zu erkennen geben, laſ-
ſen ihn mehr vermuthen als erkennen. Die Weingarter Bilder-
handſchrift der Minneſinger zeigt ihn bei Frauen gar nicht und
die Maneſſiſche ſehr ſelten. Und doch mußte er damals getragen
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |