Falke, Jakob von: Die deutsche Trachten- und Modenwelt. Ein Beitrag zur deutschen Culturgeschichte. Bd. 1. Leipzig, 1858.II. Das Mittelalter. öftern Erneuerungen und Verbesserungen, ist bei dem schon da-mals ausgeprägten Charakter der Franzosen nicht zu verwundern. Schon Karl VII. konnte eine Verordnung, die sich auf denselben Gegenstand bezog, mit den folgenden Worten beginnen: "Es ist dem Könige vorgestellt worden, daß von allen Nationen der Erde keine so entartet ist, keine so veränderlich, so anmaßend, so maß- los und unbeständig in der Kleidung wie die französische, und daß man vermittelst der Kleider nicht mehr den Stand und Beruf der Leute erkennt, ob sie Prinzen sind oder Edelleute oder Bürger oder Handwerker, weil man es duldet, daß jeder nach seinem Vergnügen sich kleidet, Mann wie Frau, in Gold- oder Silber- stoff, in Seide oder Wolle, ohne Rücksicht auf seinen Stand zu nehmen." Schon gleichzeitig mit Frankreich drängte sich auch in Ita- In Deutschland beginnt diese Gesetzgebung fast ein halbes II. Das Mittelalter. öftern Erneuerungen und Verbeſſerungen, iſt bei dem ſchon da-mals ausgeprägten Charakter der Franzoſen nicht zu verwundern. Schon Karl VII. konnte eine Verordnung, die ſich auf denſelben Gegenſtand bezog, mit den folgenden Worten beginnen: „Es iſt dem Könige vorgeſtellt worden, daß von allen Nationen der Erde keine ſo entartet iſt, keine ſo veränderlich, ſo anmaßend, ſo maß- los und unbeſtändig in der Kleidung wie die franzöſiſche, und daß man vermittelſt der Kleider nicht mehr den Stand und Beruf der Leute erkennt, ob ſie Prinzen ſind oder Edelleute oder Bürger oder Handwerker, weil man es duldet, daß jeder nach ſeinem Vergnügen ſich kleidet, Mann wie Frau, in Gold- oder Silber- ſtoff, in Seide oder Wolle, ohne Rückſicht auf ſeinen Stand zu nehmen.“ Schon gleichzeitig mit Frankreich drängte ſich auch in Ita- In Deutſchland beginnt dieſe Geſetzgebung faſt ein halbes <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0198" n="180"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">II.</hi> Das Mittelalter.</fw><lb/> öftern Erneuerungen und Verbeſſerungen, iſt bei dem ſchon da-<lb/> mals ausgeprägten Charakter der Franzoſen nicht zu verwundern.<lb/> Schon Karl <hi rendition="#aq">VII.</hi> konnte eine Verordnung, die ſich auf denſelben<lb/> Gegenſtand bezog, mit den folgenden Worten beginnen: „Es iſt<lb/> dem Könige vorgeſtellt worden, daß von allen Nationen der Erde<lb/> keine ſo entartet iſt, keine ſo veränderlich, ſo anmaßend, ſo maß-<lb/> los und unbeſtändig in der Kleidung wie die franzöſiſche, und<lb/> daß man vermittelſt der Kleider nicht mehr den Stand und Beruf<lb/> der Leute erkennt, ob ſie Prinzen ſind oder Edelleute oder Bürger<lb/> oder Handwerker, weil man es duldet, daß jeder nach ſeinem<lb/> Vergnügen ſich kleidet, Mann wie Frau, in Gold- oder Silber-<lb/> ſtoff, in Seide oder Wolle, ohne Rückſicht auf ſeinen Stand zu<lb/> nehmen.“</p><lb/> <p>Schon gleichzeitig mit Frankreich drängte ſich auch in Ita-<lb/> lien die Nothwendigkeit auf, gegen den Luxus und Putz der<lb/> Frauen geſetzlich einzuſchreiten. Bereits im Jahre 1299 erließ die<lb/> Regirung von Florenz eine Verordnung, welche das Tragen von<lb/> Gold, Silber und Edelſteinen dadurch zu beſchränken ſuchte, daß<lb/> die Erlaubniß dazu mit jährlich 50 Lire bezahlt werden ſollte.<lb/> Das bewirkte weiter nichts, als daß die Florentinerinnen für<lb/> ihren Putz noch jährlich 50 Lire mehr ausgaben. Als die Regi-<lb/> rung zur Einſicht ihres Fehlers gekommen war, wozu ſie 7 Jahre<lb/> gebraucht hatte, glaubte ſie darin ein Heilmittel zu finden, wenn<lb/> ſie die Ehemänner oder die ſonſtigen verantwortlichen Verwand-<lb/> ten der Frauen, welche verbotenen Schmuck trugen, mit einer<lb/> Geldſtrafe belegte. Es wird aber erzählt, daß die Florentinerin-<lb/> nen in Sachen des Putzes alle hochgelehrten Doctoren des Rechts<lb/> und die ſtrengen Gerichtsherren überliſtet hätten. Das ſcheint<lb/> durch die Thatſache bewieſen zu werden, daß dieſe Ordnung im<lb/> Lauf des vierzehnten Jahrhunderts ſechsmal erneuert und ver-<lb/> mehrt wurde. — Das funfzehnte Jahrhundert iſt in Italien reich<lb/> an eingehenden Kleiderordnungen, von denen die Mailänder<lb/> ſelbſt den Aufwand in der Kleidung des Todten und der Trau-<lb/> ernden beſchränken mußten.</p><lb/> <p>In Deutſchland beginnt dieſe Geſetzgebung faſt ein halbes<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [180/0198]
II. Das Mittelalter.
öftern Erneuerungen und Verbeſſerungen, iſt bei dem ſchon da-
mals ausgeprägten Charakter der Franzoſen nicht zu verwundern.
Schon Karl VII. konnte eine Verordnung, die ſich auf denſelben
Gegenſtand bezog, mit den folgenden Worten beginnen: „Es iſt
dem Könige vorgeſtellt worden, daß von allen Nationen der Erde
keine ſo entartet iſt, keine ſo veränderlich, ſo anmaßend, ſo maß-
los und unbeſtändig in der Kleidung wie die franzöſiſche, und
daß man vermittelſt der Kleider nicht mehr den Stand und Beruf
der Leute erkennt, ob ſie Prinzen ſind oder Edelleute oder Bürger
oder Handwerker, weil man es duldet, daß jeder nach ſeinem
Vergnügen ſich kleidet, Mann wie Frau, in Gold- oder Silber-
ſtoff, in Seide oder Wolle, ohne Rückſicht auf ſeinen Stand zu
nehmen.“
Schon gleichzeitig mit Frankreich drängte ſich auch in Ita-
lien die Nothwendigkeit auf, gegen den Luxus und Putz der
Frauen geſetzlich einzuſchreiten. Bereits im Jahre 1299 erließ die
Regirung von Florenz eine Verordnung, welche das Tragen von
Gold, Silber und Edelſteinen dadurch zu beſchränken ſuchte, daß
die Erlaubniß dazu mit jährlich 50 Lire bezahlt werden ſollte.
Das bewirkte weiter nichts, als daß die Florentinerinnen für
ihren Putz noch jährlich 50 Lire mehr ausgaben. Als die Regi-
rung zur Einſicht ihres Fehlers gekommen war, wozu ſie 7 Jahre
gebraucht hatte, glaubte ſie darin ein Heilmittel zu finden, wenn
ſie die Ehemänner oder die ſonſtigen verantwortlichen Verwand-
ten der Frauen, welche verbotenen Schmuck trugen, mit einer
Geldſtrafe belegte. Es wird aber erzählt, daß die Florentinerin-
nen in Sachen des Putzes alle hochgelehrten Doctoren des Rechts
und die ſtrengen Gerichtsherren überliſtet hätten. Das ſcheint
durch die Thatſache bewieſen zu werden, daß dieſe Ordnung im
Lauf des vierzehnten Jahrhunderts ſechsmal erneuert und ver-
mehrt wurde. — Das funfzehnte Jahrhundert iſt in Italien reich
an eingehenden Kleiderordnungen, von denen die Mailänder
ſelbſt den Aufwand in der Kleidung des Todten und der Trau-
ernden beſchränken mußten.
In Deutſchland beginnt dieſe Geſetzgebung faſt ein halbes
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