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Falke, Jakob von: Die deutsche Trachten- und Modenwelt. Ein Beitrag zur deutschen Culturgeschichte. Bd. 1. Leipzig, 1858.

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II. Das Mittelalter.
Wieder andere ließen sich die Kleider so eng machen, daß sie solche
nicht anders als mit Hülfe anderer oder mittelst Auflösung einer
Menge kleiner Knöpflein, womit die ganzen Aermel bis auf die
Schultern, dann die Brust und der Bauch ganz besetzt waren,
an- und ausziehen konnten. Andere trugen Kleider, die um den
Hals soweit ausgeschnitten waren, daß man ihnen einen ziem-
lichen Theil von der Brust und dem Rücken sehen konnte. Einige
faßten den Saum der Kleider mit andersfarbigem Tuch ein; an-
dere machten statt der Einfassung viele Einschnitte in die Enden
der Kleider (Zatteln). Man fing durchgehends an, Kaputzen an
den Kleidern zu tragen, und deßwegen hörte damals die vorhin
gewöhnliche Haubentracht der Männer auf, woraus man unter
den Weltlichen die Juden und die Christen unterscheiden konnte.
Manche trugen weniges Haar, andre theilten dasselbe wie die
Juden oder flochten es wie die Ungarn oder Cumanen. Die
Mäntel wurden so kurz gemacht, daß sie kaum auf die Hüften
reichten. Man verkürzte an den Oberröcken die Aermel um so
viel, daß sie nur bis an die Ellbogen reichten, von da aber ließen
sie einen Lappen wie ein Fähnlein herunterhängen."

Die andere Stelle, deren wir schon oben gedachten, ist die
Schilderung der böhmischen Trachten im Jahre 1367. "Zu der
Zeit haben die Böhmen anderer fremder Nationen schändlichen
Gebrauch in der Kleidung und Gemüthe an sich genommen und
sind von dem Wege ihrer Vorfahren gar weit geschritten. Denn
nachdem sie zuvorhin feine, ehrliche, lange Kleidung bis unter
die Kniee oder von den Knieen bis halb an die Erden zu tragen
gepflogen, ließen sie sich dazumal gar kurze und abscheuliche Röck-
lein machen, darinnen sich keiner mit Ehren bücken mögen, und
also enge, daß man darinnen kaum den Athem haben konnte.
Etliche trugen dieselbigen Leibröcklein mit Senkeln zusammenge-
knüpft und vorne mit sehr vielen Knöpfen zusammengeknäffelt.
Desgleichen sind die Aermel sehr eng und also voller Knöpfe ge-
wesen, daß an der ganzen Länge eines Aermels ein Knopf an dem
andern befestigt war. Etzliche aber und besonders diejenigen, so
etwas Vornehmes sein wollen, hatten an einem Kleid in die fünf,

II. Das Mittelalter.
Wieder andere ließen ſich die Kleider ſo eng machen, daß ſie ſolche
nicht anders als mit Hülfe anderer oder mittelſt Auflöſung einer
Menge kleiner Knöpflein, womit die ganzen Aermel bis auf die
Schultern, dann die Bruſt und der Bauch ganz beſetzt waren,
an- und ausziehen konnten. Andere trugen Kleider, die um den
Hals ſoweit ausgeſchnitten waren, daß man ihnen einen ziem-
lichen Theil von der Bruſt und dem Rücken ſehen konnte. Einige
faßten den Saum der Kleider mit andersfarbigem Tuch ein; an-
dere machten ſtatt der Einfaſſung viele Einſchnitte in die Enden
der Kleider (Zatteln). Man fing durchgehends an, Kaputzen an
den Kleidern zu tragen, und deßwegen hörte damals die vorhin
gewöhnliche Haubentracht der Männer auf, woraus man unter
den Weltlichen die Juden und die Chriſten unterſcheiden konnte.
Manche trugen weniges Haar, andre theilten daſſelbe wie die
Juden oder flochten es wie die Ungarn oder Cumanen. Die
Mäntel wurden ſo kurz gemacht, daß ſie kaum auf die Hüften
reichten. Man verkürzte an den Oberröcken die Aermel um ſo
viel, daß ſie nur bis an die Ellbogen reichten, von da aber ließen
ſie einen Lappen wie ein Fähnlein herunterhängen.“

Die andere Stelle, deren wir ſchon oben gedachten, iſt die
Schilderung der böhmiſchen Trachten im Jahre 1367. „Zu der
Zeit haben die Böhmen anderer fremder Nationen ſchändlichen
Gebrauch in der Kleidung und Gemüthe an ſich genommen und
ſind von dem Wege ihrer Vorfahren gar weit geſchritten. Denn
nachdem ſie zuvorhin feine, ehrliche, lange Kleidung bis unter
die Kniee oder von den Knieen bis halb an die Erden zu tragen
gepflogen, ließen ſie ſich dazumal gar kurze und abſcheuliche Röck-
lein machen, darinnen ſich keiner mit Ehren bücken mögen, und
alſo enge, daß man darinnen kaum den Athem haben konnte.
Etliche trugen dieſelbigen Leibröcklein mit Senkeln zuſammenge-
knüpft und vorne mit ſehr vielen Knöpfen zuſammengeknäffelt.
Desgleichen ſind die Aermel ſehr eng und alſo voller Knöpfe ge-
weſen, daß an der ganzen Länge eines Aermels ein Knopf an dem
andern befeſtigt war. Etzliche aber und beſonders diejenigen, ſo
etwas Vornehmes ſein wollen, hatten an einem Kleid in die fünf,

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[218/0236] II. Das Mittelalter. Wieder andere ließen ſich die Kleider ſo eng machen, daß ſie ſolche nicht anders als mit Hülfe anderer oder mittelſt Auflöſung einer Menge kleiner Knöpflein, womit die ganzen Aermel bis auf die Schultern, dann die Bruſt und der Bauch ganz beſetzt waren, an- und ausziehen konnten. Andere trugen Kleider, die um den Hals ſoweit ausgeſchnitten waren, daß man ihnen einen ziem- lichen Theil von der Bruſt und dem Rücken ſehen konnte. Einige faßten den Saum der Kleider mit andersfarbigem Tuch ein; an- dere machten ſtatt der Einfaſſung viele Einſchnitte in die Enden der Kleider (Zatteln). Man fing durchgehends an, Kaputzen an den Kleidern zu tragen, und deßwegen hörte damals die vorhin gewöhnliche Haubentracht der Männer auf, woraus man unter den Weltlichen die Juden und die Chriſten unterſcheiden konnte. Manche trugen weniges Haar, andre theilten daſſelbe wie die Juden oder flochten es wie die Ungarn oder Cumanen. Die Mäntel wurden ſo kurz gemacht, daß ſie kaum auf die Hüften reichten. Man verkürzte an den Oberröcken die Aermel um ſo viel, daß ſie nur bis an die Ellbogen reichten, von da aber ließen ſie einen Lappen wie ein Fähnlein herunterhängen.“ Die andere Stelle, deren wir ſchon oben gedachten, iſt die Schilderung der böhmiſchen Trachten im Jahre 1367. „Zu der Zeit haben die Böhmen anderer fremder Nationen ſchändlichen Gebrauch in der Kleidung und Gemüthe an ſich genommen und ſind von dem Wege ihrer Vorfahren gar weit geſchritten. Denn nachdem ſie zuvorhin feine, ehrliche, lange Kleidung bis unter die Kniee oder von den Knieen bis halb an die Erden zu tragen gepflogen, ließen ſie ſich dazumal gar kurze und abſcheuliche Röck- lein machen, darinnen ſich keiner mit Ehren bücken mögen, und alſo enge, daß man darinnen kaum den Athem haben konnte. Etliche trugen dieſelbigen Leibröcklein mit Senkeln zuſammenge- knüpft und vorne mit ſehr vielen Knöpfen zuſammengeknäffelt. Desgleichen ſind die Aermel ſehr eng und alſo voller Knöpfe ge- weſen, daß an der ganzen Länge eines Aermels ein Knopf an dem andern befeſtigt war. Etzliche aber und beſonders diejenigen, ſo etwas Vornehmes ſein wollen, hatten an einem Kleid in die fünf,

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Zitationshilfe: Falke, Jakob von: Die deutsche Trachten- und Modenwelt. Ein Beitrag zur deutschen Culturgeschichte. Bd. 1. Leipzig, 1858, S. 218. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/falke_trachten01_1858/236>, abgerufen am 24.11.2024.