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Falke, Jakob von: Die deutsche Trachten- und Modenwelt. Ein Beitrag zur deutschen Culturgeschichte. Bd. 1. Leipzig, 1858.

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1. Urzeit und Urzustände.
aus der Fortsetzung der Nadel gewunden, oder eine mit Linienor-
nament verzierte Scheibe. Auch Reife umschlossen das Haar in
Form einfacher Ringe, oder zu Diademen ausgebreitet und mit
derselben Verzierung reichlich versehen. Mannigfach finden sich
Diademe, welche nicht groß genug sind, den ganzen Kopf zu um-
spannen, und daher sehr künstlich über der Stirn befestigt werden
mußten; vorne pflegen sie in der Breite bis zu zwei Zoll empor-
zuragen, während sie nach den Seiten schmäler werden und hin-
ten nicht geschlossen sind. Vielleicht deuten sie auf eine sehr künst-
liche Haartracht hin. Die Hals- und Armringe finden sich beson-
ders zahlreich, beide sind nicht geschlossen, sodaß sie, sehr elastisch
gearbeitet, sich ausweiten nach der Stärke des Armes oder des
Halses. Ihre Formen wachsen an vom einfachsten Drahtring bis
zum breiten Band. Während der Halsring vorn auf der Brust
breiter sein konnte, winden sich die Armringe in schlangenartigen
Spiralen; welche Formen alle wieder von eingeritzten Linien um-
zogen sind. Die Ohrringe pflegen aus einem einfachen dünnen
Reife, unten mit einem Knopf, zu bestehen. Aehnlich sind die
Fingerringe. Auch Gürtelschnallen werden gefunden.

Von diesem Schmuck machten die Männer theilweise fast
noch ausgedehnteren Gebrauch, als die Frauen. Von ihnen vor-
züglich wurden die Armringe getragen, und zwar in solcher
Menge, daß sie sich schon zu Dutzenden an einem Arm gefunden
haben. Der Gebrauch, der von denselben gemacht wurde, und die
Art der Erwähnung in späterer Zeit beweisen, daß man sich
ihrer nicht zum Schutze wie einer Rüstung bediente, sondern daß
sie lediglich ein Schmuck waren. Es wurde aber von den Män-
nern ein außerordentlicher Werth auf sie gelegt, und sie waren
das wirksamste Mittel für den Fürsten und den Geleitsführer,
seine Freunde an sich zu fesseln. Darum lagen sie auch in den
königlichen und fürstlichen Schatzkammern in großer Menge auf-
gehäuft, sodaß die "rothen Ringe" oft für den Hort selbst gebraucht
werden. Die Freigebigkeit mit diesen Ringen oder "Baugen" (von
biegen) erstreckte sich auch auf die Sänger und die Dichter, von
welchen solche Tugend hochgepriesen wird, wie es von Alboin dem

1. Urzeit und Urzuſtände.
aus der Fortſetzung der Nadel gewunden, oder eine mit Linienor-
nament verzierte Scheibe. Auch Reife umſchloſſen das Haar in
Form einfacher Ringe, oder zu Diademen ausgebreitet und mit
derſelben Verzierung reichlich verſehen. Mannigfach finden ſich
Diademe, welche nicht groß genug ſind, den ganzen Kopf zu um-
ſpannen, und daher ſehr künſtlich über der Stirn befeſtigt werden
mußten; vorne pflegen ſie in der Breite bis zu zwei Zoll empor-
zuragen, während ſie nach den Seiten ſchmäler werden und hin-
ten nicht geſchloſſen ſind. Vielleicht deuten ſie auf eine ſehr künſt-
liche Haartracht hin. Die Hals- und Armringe finden ſich beſon-
ders zahlreich, beide ſind nicht geſchloſſen, ſodaß ſie, ſehr elaſtiſch
gearbeitet, ſich ausweiten nach der Stärke des Armes oder des
Halſes. Ihre Formen wachſen an vom einfachſten Drahtring bis
zum breiten Band. Während der Halsring vorn auf der Bruſt
breiter ſein konnte, winden ſich die Armringe in ſchlangenartigen
Spiralen; welche Formen alle wieder von eingeritzten Linien um-
zogen ſind. Die Ohrringe pflegen aus einem einfachen dünnen
Reife, unten mit einem Knopf, zu beſtehen. Aehnlich ſind die
Fingerringe. Auch Gürtelſchnallen werden gefunden.

Von dieſem Schmuck machten die Männer theilweiſe faſt
noch ausgedehnteren Gebrauch, als die Frauen. Von ihnen vor-
züglich wurden die Armringe getragen, und zwar in ſolcher
Menge, daß ſie ſich ſchon zu Dutzenden an einem Arm gefunden
haben. Der Gebrauch, der von denſelben gemacht wurde, und die
Art der Erwähnung in ſpäterer Zeit beweiſen, daß man ſich
ihrer nicht zum Schutze wie einer Rüſtung bediente, ſondern daß
ſie lediglich ein Schmuck waren. Es wurde aber von den Män-
nern ein außerordentlicher Werth auf ſie gelegt, und ſie waren
das wirkſamſte Mittel für den Fürſten und den Geleitsführer,
ſeine Freunde an ſich zu feſſeln. Darum lagen ſie auch in den
königlichen und fürſtlichen Schatzkammern in großer Menge auf-
gehäuft, ſodaß die „rothen Ringe“ oft für den Hort ſelbſt gebraucht
werden. Die Freigebigkeit mit dieſen Ringen oder „Baugen“ (von
biegen) erſtreckte ſich auch auf die Sänger und die Dichter, von
welchen ſolche Tugend hochgeprieſen wird, wie es von Alboin dem

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[15/0033] 1. Urzeit und Urzuſtände. aus der Fortſetzung der Nadel gewunden, oder eine mit Linienor- nament verzierte Scheibe. Auch Reife umſchloſſen das Haar in Form einfacher Ringe, oder zu Diademen ausgebreitet und mit derſelben Verzierung reichlich verſehen. Mannigfach finden ſich Diademe, welche nicht groß genug ſind, den ganzen Kopf zu um- ſpannen, und daher ſehr künſtlich über der Stirn befeſtigt werden mußten; vorne pflegen ſie in der Breite bis zu zwei Zoll empor- zuragen, während ſie nach den Seiten ſchmäler werden und hin- ten nicht geſchloſſen ſind. Vielleicht deuten ſie auf eine ſehr künſt- liche Haartracht hin. Die Hals- und Armringe finden ſich beſon- ders zahlreich, beide ſind nicht geſchloſſen, ſodaß ſie, ſehr elaſtiſch gearbeitet, ſich ausweiten nach der Stärke des Armes oder des Halſes. Ihre Formen wachſen an vom einfachſten Drahtring bis zum breiten Band. Während der Halsring vorn auf der Bruſt breiter ſein konnte, winden ſich die Armringe in ſchlangenartigen Spiralen; welche Formen alle wieder von eingeritzten Linien um- zogen ſind. Die Ohrringe pflegen aus einem einfachen dünnen Reife, unten mit einem Knopf, zu beſtehen. Aehnlich ſind die Fingerringe. Auch Gürtelſchnallen werden gefunden. Von dieſem Schmuck machten die Männer theilweiſe faſt noch ausgedehnteren Gebrauch, als die Frauen. Von ihnen vor- züglich wurden die Armringe getragen, und zwar in ſolcher Menge, daß ſie ſich ſchon zu Dutzenden an einem Arm gefunden haben. Der Gebrauch, der von denſelben gemacht wurde, und die Art der Erwähnung in ſpäterer Zeit beweiſen, daß man ſich ihrer nicht zum Schutze wie einer Rüſtung bediente, ſondern daß ſie lediglich ein Schmuck waren. Es wurde aber von den Män- nern ein außerordentlicher Werth auf ſie gelegt, und ſie waren das wirkſamſte Mittel für den Fürſten und den Geleitsführer, ſeine Freunde an ſich zu feſſeln. Darum lagen ſie auch in den königlichen und fürſtlichen Schatzkammern in großer Menge auf- gehäuft, ſodaß die „rothen Ringe“ oft für den Hort ſelbſt gebraucht werden. Die Freigebigkeit mit dieſen Ringen oder „Baugen“ (von biegen) erſtreckte ſich auch auf die Sänger und die Dichter, von welchen ſolche Tugend hochgeprieſen wird, wie es von Alboin dem

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Zitationshilfe: Falke, Jakob von: Die deutsche Trachten- und Modenwelt. Ein Beitrag zur deutschen Culturgeschichte. Bd. 1. Leipzig, 1858, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/falke_trachten01_1858/33>, abgerufen am 21.11.2024.