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Falke, Jakob von: Die deutsche Trachten- und Modenwelt. Ein Beitrag zur deutschen Culturgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1858.

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2. Die Reaction und die spanische Tracht.
edle Rauchwerk, diese halb an nordische Kälte, halb an die bar-
barische Vorzeit erinnernde Zierde, die männliche Kleidung als
Schmuck zu verlassen beginnt; bald folgte die weibliche nach, we-
nigstens in der modischen Welt, natürlich soweit nicht die Mode
von der Strenge des Winters beeinträchtigt wurde. Wie die
Schaube an Länge und Weite verliert, ebenso auch an Schwere
des Stoffes: Sammet und mehr noch die leichte Seide ersetzen
den soliden Pelz. Auf den Höhen der Gesellschaft findet das
Mäntelchen ohnehin leichteren Zugang. Um das Jahr 1580
eignet die kurze, ärmellose Schaube, wie Weigels Trachtenbuch
an vielen Beispielen lehrt, schon überall dem vornehmen Mann;
in ihrer alten, wenigstens längeren Gestalt gehört sie nur noch
dem ehrbaren Alter, welches der Mode opponirt, oder sie ist ein
Zeichen der Würde, denn sie ist die Amtstracht der Bürgermeister
und Rathsherren in den Städten geworden, als welche wir sie
noch bis zum neunzehnten Jahrhundert verfolgen können. Als
ein weiter Oberrock und Festtagskleidung blieb sie auch bei den
niedern Ständen der Städte wie des Landes, soweit noch einige
Wohlhabenheit vorhanden war, und tauchte von hier aus später
wieder zu neuem Glanze empor. In der folgenden Periode
herrscht der Mantel durchaus.

In dieser Zeit findet sich die Schaube häufig mit dem mehr
norddeutschen Wort "Harzkappe" bezeichnet, welcher Name auch
auf die kleinere Form überging, obwohl diese im Munde des
Volks verächtlich "Puffjacke" genannt wurde, als ob sie des Na-
mens Rock gar nicht würdig sei. Johann Strauß giebt in seiner
Weise wieder folgende Beschreibung: "Die ehrbaren Leibröcke
und Harzkappen gehen ab und kommen auf die Puffjacken. Die
sind gar auf die Kürze abgerichtet, auf daß der Stoßdegen hinten
hervorragen kann, und vorn müssen sie offen sein, daß man die
Kneuffel am Wamms und anderes mehr sehen mag. Die Hefte
daran müssen gar groß und ungeschaffen sein, die Schlingen wie
die Geschirrrinken, die Haken wie die Schnäbel an Löffelgänsen.
Ich fragte einmal einen solchen Löffel, wozu so große Haken die-
neten? Da hing er seinen Hut und eine Kanne Bier daran: da

2. Die Reaction und die ſpaniſche Tracht.
edle Rauchwerk, dieſe halb an nordiſche Kälte, halb an die bar-
bariſche Vorzeit erinnernde Zierde, die männliche Kleidung als
Schmuck zu verlaſſen beginnt; bald folgte die weibliche nach, we-
nigſtens in der modiſchen Welt, natürlich ſoweit nicht die Mode
von der Strenge des Winters beeinträchtigt wurde. Wie die
Schaube an Länge und Weite verliert, ebenſo auch an Schwere
des Stoffes: Sammet und mehr noch die leichte Seide erſetzen
den ſoliden Pelz. Auf den Höhen der Geſellſchaft findet das
Mäntelchen ohnehin leichteren Zugang. Um das Jahr 1580
eignet die kurze, ärmelloſe Schaube, wie Weigels Trachtenbuch
an vielen Beiſpielen lehrt, ſchon überall dem vornehmen Mann;
in ihrer alten, wenigſtens längeren Geſtalt gehört ſie nur noch
dem ehrbaren Alter, welches der Mode opponirt, oder ſie iſt ein
Zeichen der Würde, denn ſie iſt die Amtstracht der Bürgermeiſter
und Rathsherren in den Städten geworden, als welche wir ſie
noch bis zum neunzehnten Jahrhundert verfolgen können. Als
ein weiter Oberrock und Feſttagskleidung blieb ſie auch bei den
niedern Ständen der Städte wie des Landes, ſoweit noch einige
Wohlhabenheit vorhanden war, und tauchte von hier aus ſpäter
wieder zu neuem Glanze empor. In der folgenden Periode
herrſcht der Mantel durchaus.

In dieſer Zeit findet ſich die Schaube häufig mit dem mehr
norddeutſchen Wort „Harzkappe“ bezeichnet, welcher Name auch
auf die kleinere Form überging, obwohl dieſe im Munde des
Volks verächtlich „Puffjacke“ genannt wurde, als ob ſie des Na-
mens Rock gar nicht würdig ſei. Johann Strauß giebt in ſeiner
Weiſe wieder folgende Beſchreibung: „Die ehrbaren Leibröcke
und Harzkappen gehen ab und kommen auf die Puffjacken. Die
ſind gar auf die Kürze abgerichtet, auf daß der Stoßdegen hinten
hervorragen kann, und vorn müſſen ſie offen ſein, daß man die
Kneuffel am Wamms und anderes mehr ſehen mag. Die Hefte
daran müſſen gar groß und ungeſchaffen ſein, die Schlingen wie
die Geſchirrrinken, die Haken wie die Schnäbel an Löffelgänſen.
Ich fragte einmal einen ſolchen Löffel, wozu ſo große Haken die-
neten? Da hing er ſeinen Hut und eine Kanne Bier daran: da

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[125/0137] 2. Die Reaction und die ſpaniſche Tracht. edle Rauchwerk, dieſe halb an nordiſche Kälte, halb an die bar- bariſche Vorzeit erinnernde Zierde, die männliche Kleidung als Schmuck zu verlaſſen beginnt; bald folgte die weibliche nach, we- nigſtens in der modiſchen Welt, natürlich ſoweit nicht die Mode von der Strenge des Winters beeinträchtigt wurde. Wie die Schaube an Länge und Weite verliert, ebenſo auch an Schwere des Stoffes: Sammet und mehr noch die leichte Seide erſetzen den ſoliden Pelz. Auf den Höhen der Geſellſchaft findet das Mäntelchen ohnehin leichteren Zugang. Um das Jahr 1580 eignet die kurze, ärmelloſe Schaube, wie Weigels Trachtenbuch an vielen Beiſpielen lehrt, ſchon überall dem vornehmen Mann; in ihrer alten, wenigſtens längeren Geſtalt gehört ſie nur noch dem ehrbaren Alter, welches der Mode opponirt, oder ſie iſt ein Zeichen der Würde, denn ſie iſt die Amtstracht der Bürgermeiſter und Rathsherren in den Städten geworden, als welche wir ſie noch bis zum neunzehnten Jahrhundert verfolgen können. Als ein weiter Oberrock und Feſttagskleidung blieb ſie auch bei den niedern Ständen der Städte wie des Landes, ſoweit noch einige Wohlhabenheit vorhanden war, und tauchte von hier aus ſpäter wieder zu neuem Glanze empor. In der folgenden Periode herrſcht der Mantel durchaus. In dieſer Zeit findet ſich die Schaube häufig mit dem mehr norddeutſchen Wort „Harzkappe“ bezeichnet, welcher Name auch auf die kleinere Form überging, obwohl dieſe im Munde des Volks verächtlich „Puffjacke“ genannt wurde, als ob ſie des Na- mens Rock gar nicht würdig ſei. Johann Strauß giebt in ſeiner Weiſe wieder folgende Beſchreibung: „Die ehrbaren Leibröcke und Harzkappen gehen ab und kommen auf die Puffjacken. Die ſind gar auf die Kürze abgerichtet, auf daß der Stoßdegen hinten hervorragen kann, und vorn müſſen ſie offen ſein, daß man die Kneuffel am Wamms und anderes mehr ſehen mag. Die Hefte daran müſſen gar groß und ungeſchaffen ſein, die Schlingen wie die Geſchirrrinken, die Haken wie die Schnäbel an Löffelgänſen. Ich fragte einmal einen ſolchen Löffel, wozu ſo große Haken die- neten? Da hing er ſeinen Hut und eine Kanne Bier daran: da

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Zitationshilfe: Falke, Jakob von: Die deutsche Trachten- und Modenwelt. Ein Beitrag zur deutschen Culturgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1858, S. 125. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/falke_trachten02_1858/137>, abgerufen am 24.11.2024.