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Falke, Jakob von: Die deutsche Trachten- und Modenwelt. Ein Beitrag zur deutschen Culturgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1858.

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III. Die Neuzeit.
vereinigt finden, die verschiedenen Zeiten angehören: man möchte
dann die ganze Geschichte ihrer Heimath in den Hauptzügen an
ihr zurücklegen wollen. Mit einzelnen Stücken kommen wir da-
bei nicht grade selten ins sechszehnte Jahrhundert hinauf, aber
zu den Ausnahmen gehört es, wenn wir irgendwo den Ursprung
in das funfzehnte Jahrhundert zu den barocken und unförmlichen
Moden dieser Zeit zurück zu datiren haben.

Unserem Plane freilich liegt es völlig fern, im Verlauf der
folgenden Darstellung die Geschichte jeder einzelnen Volkstracht
oder nur der hauptsächlichsten geben zu wollen: wir haben nur
den Gang der allgemeinen Trachten und Moden zu verfolgen,
von dem sich eben die Volkstracht oppositionell ausschließt. Den-
noch wird aus der Vergleichung der Trachten bürgerlicher und
niederer Stände mit den modischen, sowie durch den Kampf des
bürgerlich conservativen Elements gegen das universalistische das-
jenige, was wir über die Entstehung der Volkstrachten gesagt
haben, auch an einzelnen Beispielen seine Bestätigung erhalten.


Indem wir es nun versuchen, den allgemeinen Umschwung
der Dinge auch ebenso an dem gesammten Aeußern des Menschen
gewissermaßen als eine buchstäbliche Reformation an Haupt und
Gliedern in allen Einzelheiten nachzuweisen, stellen wir den
männlichen Kopf in unserer Untersuchung voran und lassen
die Glieder folgen.

Ohne es zu wollen und zu beabsichtigen wird sich an jedem
menschlichen Kopf stets ein Theil der Individualität seines Trä-
gers offenbaren; an dem Schnitt des Haares, an der Art, wie
es geordnet, gehalten und gepflegt wird, selbst an dem Hut und
der Weise, wie er auf dem Kopf sitzt, werden sich Eitelkeit oder
Nachlässigkeit, Verwilderung oder Verbildung, Roheit oder Fein-
heit, Männlichkeit oder weibisches Wesen, Leidenschaft oder
Schwäche nicht verbergen lassen. Ebenso ist der Kopf ein sicherer

III. Die Neuzeit.
vereinigt finden, die verſchiedenen Zeiten angehören: man möchte
dann die ganze Geſchichte ihrer Heimath in den Hauptzügen an
ihr zurücklegen wollen. Mit einzelnen Stücken kommen wir da-
bei nicht grade ſelten ins ſechszehnte Jahrhundert hinauf, aber
zu den Ausnahmen gehört es, wenn wir irgendwo den Urſprung
in das funfzehnte Jahrhundert zu den barocken und unförmlichen
Moden dieſer Zeit zurück zu datiren haben.

Unſerem Plane freilich liegt es völlig fern, im Verlauf der
folgenden Darſtellung die Geſchichte jeder einzelnen Volkstracht
oder nur der hauptſächlichſten geben zu wollen: wir haben nur
den Gang der allgemeinen Trachten und Moden zu verfolgen,
von dem ſich eben die Volkstracht oppoſitionell ausſchließt. Den-
noch wird aus der Vergleichung der Trachten bürgerlicher und
niederer Stände mit den modiſchen, ſowie durch den Kampf des
bürgerlich conſervativen Elements gegen das univerſaliſtiſche das-
jenige, was wir über die Entſtehung der Volkstrachten geſagt
haben, auch an einzelnen Beiſpielen ſeine Beſtätigung erhalten.


Indem wir es nun verſuchen, den allgemeinen Umſchwung
der Dinge auch ebenſo an dem geſammten Aeußern des Menſchen
gewiſſermaßen als eine buchſtäbliche Reformation an Haupt und
Gliedern in allen Einzelheiten nachzuweiſen, ſtellen wir den
männlichen Kopf in unſerer Unterſuchung voran und laſſen
die Glieder folgen.

Ohne es zu wollen und zu beabſichtigen wird ſich an jedem
menſchlichen Kopf ſtets ein Theil der Individualität ſeines Trä-
gers offenbaren; an dem Schnitt des Haares, an der Art, wie
es geordnet, gehalten und gepflegt wird, ſelbſt an dem Hut und
der Weiſe, wie er auf dem Kopf ſitzt, werden ſich Eitelkeit oder
Nachläſſigkeit, Verwilderung oder Verbildung, Roheit oder Fein-
heit, Männlichkeit oder weibiſches Weſen, Leidenſchaft oder
Schwäche nicht verbergen laſſen. Ebenſo iſt der Kopf ein ſicherer

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[18/0030] III. Die Neuzeit. vereinigt finden, die verſchiedenen Zeiten angehören: man möchte dann die ganze Geſchichte ihrer Heimath in den Hauptzügen an ihr zurücklegen wollen. Mit einzelnen Stücken kommen wir da- bei nicht grade ſelten ins ſechszehnte Jahrhundert hinauf, aber zu den Ausnahmen gehört es, wenn wir irgendwo den Urſprung in das funfzehnte Jahrhundert zu den barocken und unförmlichen Moden dieſer Zeit zurück zu datiren haben. Unſerem Plane freilich liegt es völlig fern, im Verlauf der folgenden Darſtellung die Geſchichte jeder einzelnen Volkstracht oder nur der hauptſächlichſten geben zu wollen: wir haben nur den Gang der allgemeinen Trachten und Moden zu verfolgen, von dem ſich eben die Volkstracht oppoſitionell ausſchließt. Den- noch wird aus der Vergleichung der Trachten bürgerlicher und niederer Stände mit den modiſchen, ſowie durch den Kampf des bürgerlich conſervativen Elements gegen das univerſaliſtiſche das- jenige, was wir über die Entſtehung der Volkstrachten geſagt haben, auch an einzelnen Beiſpielen ſeine Beſtätigung erhalten. Indem wir es nun verſuchen, den allgemeinen Umſchwung der Dinge auch ebenſo an dem geſammten Aeußern des Menſchen gewiſſermaßen als eine buchſtäbliche Reformation an Haupt und Gliedern in allen Einzelheiten nachzuweiſen, ſtellen wir den männlichen Kopf in unſerer Unterſuchung voran und laſſen die Glieder folgen. Ohne es zu wollen und zu beabſichtigen wird ſich an jedem menſchlichen Kopf ſtets ein Theil der Individualität ſeines Trä- gers offenbaren; an dem Schnitt des Haares, an der Art, wie es geordnet, gehalten und gepflegt wird, ſelbſt an dem Hut und der Weiſe, wie er auf dem Kopf ſitzt, werden ſich Eitelkeit oder Nachläſſigkeit, Verwilderung oder Verbildung, Roheit oder Fein- heit, Männlichkeit oder weibiſches Weſen, Leidenſchaft oder Schwäche nicht verbergen laſſen. Ebenſo iſt der Kopf ein ſicherer

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Zitationshilfe: Falke, Jakob von: Die deutsche Trachten- und Modenwelt. Ein Beitrag zur deutschen Culturgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1858, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/falke_trachten02_1858/30>, abgerufen am 21.11.2024.